Landschaftsarchitekten, kommunale Entscheider und ausführende Betriebe informierten sich im Februar 2024 zum 17. Mal beim corthum-Fachseminar in Marxzell-Pfaffenrot über die aktuellen Erkenntnisse zum Baumstandort Stadt. Der professionellen Bewässerungsplanung für urbanes Grün widmete sich Dirk Borsdorff in seinem Vortrag. Dr. Susanne Böll referierte zu spannenden Ergebnissen beim Forschungsprojekt „Stadtgrün 2021+“. Seine praktischen Erkenntnisse zu verschiedenen Baumstandorten der Stadt Heidelberg verriet Uwe von Taschitzki und Johannes Prügl berichtete vom rechtssicheren Umgang mit Bodenaushub auf der Baustelle.

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Über 150 Anmeldungen zum Seminar kommen einer fachlichen Auszeich-nung gleich. Teilnehmen konnten knapp 100 Interessierte, da das betriebs-eigene Glashaus als Seminarraum ansonsten aus den Fugen geplatzt wä-re. „Somit scheint das Interesse an unseren Themen ungebrochen und auch der Erfahrungsaustausch wird mehr denn je gesucht und geschätzt“, vermutet corthum-Geschäftsführer Uwe Schönthaler, der sich über bekann-te, aber auch über neue Gesichter freute. Philipp Erhardt, Vorstand im Ver-band Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg e.V., betonte in seiner Begrüßung diesen begehrten Rahmen, denn das Grün in der Stadt bekommt einen immer höheren Stellenwert. Die Stimmung im Ga-LaBau beschreibt der Unternehmer aus Karlsruhe mit dem Aufkommen leichter Unsicherheiten. „Klima und Politik bedienen uns mit laufend neuen Herausforderungen“, betont Erhardt und wirbt für permanente Weiterbil-dung in der Branche, die beispielsweise hier in Marxzell jährlich geboten wird.

Frühe Planung Garant für nachhaltige Bewässerung

„Es ist leider keine Seltenheit, dass Landschaftsarchitekturbüros in der Leis-tungsphase 5 nach HOAI bei uns die Planung für eine Bewässerung anfra-gen“, beschreibt Dipl.-Ing. (FH) Dirk Borsdorff, Geschäftsführer des Ingeni-eurbüros irriproject in Potsdam. Die viel zu späte Integration der Bewässe-rungsplanung in das Bauprojekt ist leider ein sehr häufiges Problem, was besonders bei Begrünungen auf dem Dach oder an den Wänden des Ge-bäudes die Sache wesentlich aufwendiger gestaltet. „Hinzu kommt, dass die Baukosten in 80 Prozent der Fälle viel zu niedrig veranschlagt sind, da kein beratender Fachplaner hinzugezogen wurde“, ergänzt Borsdorff. Die Wahl besteht dann häufig nur noch zwischen einer schlechten Ausführung oder dem Weglassen, beides keine befriedigende Situation.

Frühe Planung

Bei der Bewässerung von Außenanlagen ist die Integration spätestens ab der Vorentwurfsplanung der Landschaftsarchitekten notwendig. „Die zu bewässernden Flächen werden abgestimmt, die Wasserquellen, wie Zister-nen, Brunnen oder Oberflächenwasser festgelegt und es braucht die Be-rechnung der lokalen klimatischen Wasserbilanz, um die benötigten Was-sermengen zu definieren“, zählt Borsdorff auf. Schächte oder Technikinstal-lationen haben einen Einfluss auf das Erscheinungsbild, auch das will an-gesprochen und geklärt sein, ebenso wie die Zeit, die beispielsweise bei öffentlichen Parks zum Wässern zur Verfügung steht. Denn diese kann in Großstädten wie Berlin unter Umständen auf zwei Stunden pro Nacht auf-grund von Vandalismus beschränkt sein. Geplant wird dann nach Bedarf und Situation. Zu beachten sind die Anschaffungskosten für die Technik, die sich beispielsweise bei der Verwendung von Trinkwasser und kleinen Flä-chen in einem überschaubaren Rahmen bewegen. Hinzu kommen die Wasser- und Energiekosten und hier kann die Rechnung für große Flächen schnell in eine ganz andere Richtung gehen. „Regenwasser ist, bis auf den Strom für die Pumpenleistung, kostenlos. Ein hoher Kostenfaktor ist hier jedoch die Anschaffung bzw. der Bau benötigter Zisternen und Wasserspei-cher. Je größer die zu bewässernde Fläche ist, desto größer sind die Di-mensionen dieser Bauwerke“, zeigt der Experte auf. Wirtschaftliche Effekte werden hauptsächlich durch die Speicherung der Niederschläge aus der vegetationslosen Zeit erreicht. „Manchmal kann es deshalb tatsächlich günstiger sein, einen Brunnen zu bohren und das Regenwasser zu versi-ckern“, so Borsdorff.
Geht es um eine Gebäudebegrünung, muss die Planungsphase der Be-wässerung bereits zu Beginn der Gesamtplanung des Objekts integriert werden, denn weder Zisternen noch Rohrleitungen lassen sich im Nach-gang unter oder in Gebäude einbauen. Für technische Gebäudeausrüster (TGA-Planer) ist hier oft die Varianz zur Versorgung der verschiedenen Ge-bäudebegrünungen schwierig, denn nicht jede Fläche benötigt gleich viel Wasser. Die Verdunstung von Grünflächen in Deutschland liegt im Durch-schnitt bei 3,2 bis 4,3 mm pro Tag. An heißen Tagen mit rund 30° Celsius kann diese aber auf bis auf 7 mm steigen, was 7.000 Liter verdunstetes Wasser auf einer Fläche von 1.000 Quadratmeter bedeutet. „Da sind dann zu klein gebaute Wasserspeicher schnell leer“, weiß Borsdorff. Wetterstati-onsaufzeichnungen des Deutschen Wetterdienstes liefern deshalb wertvol-les Basismaterial für die nötigen Berechnungen.

Wasserqualität und weitere Herausforderungen

Zu hohe Eisen- oder Mangangehalte des verwendeten Wassers führen schnell zu Schäden an Tropfschläuchen, Regnern und Sprühern. Auch ein hoher Kalkgehalt ist bei der Wahl der Technik zu beachten. Ebenso können Algen oder Sandkörner zu Verstopfungen führen. Auch beim Anlagenbau erlebt Borsdorff immer mal wieder die eine oder andere Überraschung. So kann es beispielsweise bei bereits bewässerten Grünflächen sein, dass große Baumwurzeln das Verlegen neuer Technik sehr aufwendig gestalten. Eine schwierige unterirdische Infrastruktur und nicht sichtbare Altlasten können den Bau ebenfalls behindern und hohe Kosten produzieren, wes-halb Borsdorff zu entsprechenden Gutachten vorab rät.
Sehr wichtig für das langfristige Funktionieren von Bewässerungssystemen ist die hydraulische Planung, die allen Regnern und Tropfern in der Fläche den passenden Wasserdruck und die nötige Wassermenge zuweist. „Eine spezielle Hydraulik-Software modelliert für uns zuverlässig die Rohrdimen-sionen sowie die Pumpenleistung“, beschreibt Borsdorff und ergänzt, dass auch die zur Verfügung stehende Bewässerungszeit Einfluss auf diese er-rechneten Dimensionen hat.

Technikdesign

Ventilkästen aus Kunststoff sind für Borsdorff Kleingartentechnik. Auch hält er das dezentrale Design, also den Einbau mehrerer dieser Ventilkästen in die zu bewässernde Fläche, für den öffentlichen Bereich als nicht nachhal-tig genug. Als Profi rät er zu einer zentralen Versorgungsanlage in einem unterirdischen Schacht, in welchem die gesamte Technik, vom Regenwas-serspeicher bis zu den Elektroventilen für die Ansteuerung der Beregnung untergebracht ist. Die Wartung ist komfortabel und der Schutz gegen Van-dalismus sehr hoch. Der Nachteil sind anfänglich hohe Investitionskosten. Des Weiteren empfiehlt er getrennte Handzapfstellen und Netze für die au-tomatische Bewässerung, um die Fehlerauslesung zu automatisieren.
Für den professionellen Einsatz sind protokollierte Daten von Steuergerä-ten sehr wichtig. Nur so können Leckagen oder defekte Regner schnell lo-kalisiert und durch Servicepartner repariert werden. Eine professionelle lo-kale Wetterstation kombiniert mit mehreren lokalen Feuchtesonden (die bis in 90 cm Tiefe messen), liefern die Datengrundlage für eine präzise Bewäs-serung. Die Steuergeräte funktionieren nach wie vor mit von Hand korrigier-ten Zeiten. Wettervorhersagen richtig in das System zu integrieren und voll-automatisch zu steuern, dazu sind die Geräte am Markt laut Borsdorff leider alle noch nicht zuverlässig in der Lage.

Stadtgrün 2021+“ – Stresstolerante Klimabäume für die Stadt

Für das Forschungsprojekt „Stadtbaumarten im Klimawandel“ wurden im Herbst 2009 bzw. im Frühjahr 2010 in den Städten Würzburg, Hof/Münchberg und Kempten unter der Federführung der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) 30 vielversprechende Arten mit insgesamt 460 Bäumen gepflanzt. Im Jahr 2015 kamen zehn wei-tere Baumarten mit 200 Bäumen hinzu. Dr. Susanne Böll, Institut für Stadt-grün und Landschaftsbau an der LWG, betreut diesen Langzeitversuch von Anfang an mit. „Der Lebensraum Stadt bedeutet für Bäume den höchsten Stressfaktor und gepaart mit dem Klimawandel kommen nur wenige Arten langfristig damit klar“, erklärt Böll. Aktuelle Untersuchungen an Stadtbäu-men zeigen: Platanen leiden beispielsweise vermehrt unter der Blattbräu-ne, ein Pilz, der sich im trockenen Klima besonders wohl fühlt. Er befällt nicht nur die Blätter, sondern auch die Gefäße, was zu Stammrissen führt, die nicht alle Jungbäume, die diese Krankheit mittlerweile bereits aus den Baumschulen mitbringen, überleben. „Straßenbäume kommen durch Tro-ckenstress an ihr Limit und in Würzburg gibt es deswegen mittlerweile kei-nen einzigen Bergahorn mehr. Auch Sommerlinde, Spitzahorn und Ross-kastanie haben erheblich mit Trockenstress zu kämpfen und warfen im Sommer 2019, der in manchen Städten die Temperaturen auf bis zu 40° Celsius steigen ließ, bereits im August ihre Blätter ab“, zählt Böll auf. Dage-gen standen die Ungarische Eiche (Quercus frainetto ‘Trump`), eine Step-penbaumart, die Hopfenbuche (Ostrya carpinifolia) und die Rotesche (Fraxinus pennsylvanica `Summit`) unter den Versuchsbaumarten mit vita-lem grünen Laub in ihren acht Kubikmeter großen Pflanzgruben im tro-ckenheißen Würzburg. Die meisten Versuchsbaumarten verlängerten sogar die Vegetationsperiode und waren in der Lage, Reserven anzulegen, wie die Zuwachsraten zeigen. Salzempfindliche Arten wie Hainbuche und Am-berbaum wiesen deutliche Blattnekrosen auf. „Es stellte sich heraus, dass diese von aufsteigenden alten Salzschäden herrührten und wir fanden er-schreckend hohe Chloridwerte in den Blattanalysen“, klärt Böll auf.

Besonderheiten unter den Versuchsbaumarten

Die Hainbuchensorte ‘Frans Fontaine‘, eine Säulenhainbuche, besitzt lei-der eine sehr empfindliche Rinde und kommentiert tiefe Fröste im zeitigen Frühling mit Stammrissen, die sich nicht mehr verwachsen. „Beim Amber-baum (Liquidambar styraciflua) empfehlen wir nur die reine Art auf der ei-genen Wurzel. Die Korkleisten verhindern Frostrisse und es gibt keine Probleme mit Chlorosen. Allerdings muss bei heißen Temperaturen gewäs-sert werden“, beschreibt Böll. Für das rauere Klima im Allgäu scheint diese Art dennoch nicht geeignet. Drei Bäume von acht wurden Opfer von Nass-schnee im Oktober. „Ebenso ist das weiche Holz nicht sturmtauglich, die Krone wird regelrecht herausgedreht“, erläutert die Biologin. Der Japani-sche Schnurbaum (Styphnolobium japonicum) entwickelte sich am Standort Würzburg sehr spät, gedeiht mittlerweile aber recht gut an allen drei Stand-orten. Die in 2015 gepflanzten Breitblättrigen Mehlbeeren (Sorbus lativolia `Henk Vink`) gedeihen in Würzburg hervorragend, funktionieren aber in Kempten wegen der hohen Niederschläge nicht. Einen schönen Überblick, wo welche Baumarten funktionieren, liefert der LWG-Flyer: Forschungspro-jekt Stadtgrün 2021+ – Neue Bäume braucht das Land. „Wenn man alle Standortbedingungen berücksichtigt, findet sich die passende Art“, ist sich Böll sicher, und zwar auch immer noch für heimische Baumarten. Sie plä-diert für eine Risikostreuung mit mehreren Baumarten, damit neue Schäd-linge und Krankheiten nicht einen gesamten Bestand treffen.

Es hat sich weiterhin gezeigt, dass die Baumarten aus Südosteuropa im Laub auch bei starker Hitze grün und vital bleiben. „Wir sahen uns deshalb die Winterlinde und die Hainbuche im Vergleich zur Silberlinde und Hop-fenbuche etwas genauer an und untersuchten die „Fieberkurven“ an je drei Blättern, am Stamm und maßen auch die Substrattemperatur“, beschreibt Böll. Die Blatttemperaturen lagen bei einer Lufttemperatur von 40° Celsius teilweise bei fast 45° Celsius, die Rindentemperatur betrug fast 50° Celsius und im oberen Bereich des Substrats zeigte die Messung über 60° Celsius. „Die Hainbuche kann ihre Blätter nicht gut runterkühlen und lag somit rund 2,5° Celsius über der Lufttemperatur.“ Ein Grund, sie ab dem Mittag an ei-nen schattigen Standort zu planen. Die Hopfenbuche hingegen macht ihre Stomata auf, wenn es kritisch wird und lag max. 1,2° Celsius über der Luft-temperatur. Die Silberlinde dreht in der Mittagshitze ihre Blätter, so dass die silbrige Blattunterseite mit den toten luftgefüllten Härchen die Sonnenstrah-lung reflektiert. Eine perfekte Hitzestrategie und die tief darunter liegenden Stomata verlieren nur wenig Wasser. „Das ist ein riesiger Vorteil gegenüber der Winterlinde“, erläutert Böll.
Die Strahlungsintensität ist im Sommer höher geworden, was eine massive Zunahme von Sonnenbrandnekrosen an den Stämmen z.B. bei Winterlinde und Bergahorn nach sich zieht. Diese fängt im Stammbereich auf der Süd-westseite mit einer bröckligen Rindenstruktur an. Das Kambium wird an diesen Stellen zerstört. Dies lässt sich ebenso an Eschen, am Eisenholz-baum und am Japanischen Wollapfel beobachten. „Wir empfehlen mittler-weile bei diesen Baumarten die Stämme nicht nur in den ersten Jahren nach der Pflanzung, sondern durchgehend durch einen weißen Anstrich oder Bambusmatten zu schützen“, berichtet Böll. Gegen die heiße Sub-strattemperatur hilft eine dünne Schicht aus Holzhäcksel, die nicht jedes Jahr erneuert werden muss.

Heimische Insekten und fremde Baumarten

Was kreucht und fleucht in den Kronen heimischer und südosteuropäischer Stadtbaumarten an Spinnen und Insekten? Häufig wird behauptet, dass nicht heimische Baumarten die Artenvielfalt mindern. Dies konnte mit auf-wendigen Untersuchungen in den Jahren 2017, 2012 und 2022 an je einer südosteuropäischen und einer heimischen Linden-, Buchen- und Eschenart in Würzburg widerlegt werden. Es zeigte sich, dass sich heimische Insek-tenarten und Spinnen auch in nicht heimischen Baumarten wohlfühlen und sich dort in großer Vielfalt aufhalten. Mit Fensterfallen, und der Klopf-schirmmethode (für Räuber wie Spinnen und Larven) sowie fünf Wiederho-lungen je Baum, vom Blattaustrieb bis in den Herbst, wurden in den ge-nannten Jahren jeweils über 23.000 Insekten und Spinnen auf den 30 un-tersuchten Bäumen gefangen. Studentische Hilfskräfte sortierten die Gat-tungen, Experten bestimmten die Arten. „Das ganze Jahr über fanden sich sehr viele Wildbienenarten unter den Fängen. Drei in Bayern bereits als verschollen deklarierte Wanzenarten (z.B. Arenocoris waltli) sowie viele Rote Liste Arten befanden sich unter unseren Funden, ohne Präferenzen für die heimischen Baumarten. Allerdings waren auch Neozoen darunter“, zählt Böll auf. Die Bäume sind für die Artenvielfalt auch deshalb so wichtig, weil sie Schatten liefern und in den Kronen bis zu 9° Celsius niedrigere Temperaturen herrschen als in der Luft. Für drei von fünf Tiergruppen war die Baumart egal. Zikaden und Wanzen als saugende Insekten bevorzug-ten bestimmte Baumarten. Häufig blieben sie bei „ihrer“ präferierten Gat-tung, die spezifische Art war nicht relevant, Erle bleibt schließlich Erle. Nicht aber bei der amerikanischen Esche, die bei Wanzen gegenüber der heimi-schen Esche deutlich unbeliebter war. Aber auch bei den Ulmen interes-sierten weder Art noch Herkunftskontinent. „Vermutlich liegt das an sehr ähnlichen Inhaltsstoffen, doch hierzu gibt es bislang keinerlei Untersuchun-gen“, ergänzt Böll.
Die höchste Artenvielfalt bringen Standorte mit gemischten Baumarten. Und es stellte sich noch etwas heraus: Der Grünstreifen, in dem die Bäume ste-hen, ist essenziell für die Artenvielfalt, da er als wichtiger Teillebensraum (Nistplatz, Nahrungsangebot) für ein Großteil der Wildbienen, aber auch viele der Zikaden und Wanzen dient. Weitere Infos unter: www.lwg.bayern.de/landespflege/urbanes_gruen.

Bäume in der Stadt

Uwe von Taschitzki ist Leiter der Baumkontrolle im Landschafts- und Forst-amt, dem Regiebetrieb Gartenbau der Stadt Heidelberg und testet neue wissenschaftliche Erkenntnisse gerne selbst, bevor er ihnen Glauben schenkt. „Bäume in der Stadt produzieren Sauerstoff, binden Staub, spen-den Schatten, schlucken Lärm und kühlen die Luft. Sie schaffen Räume, sind eine optische Wohltat und Balsam für die Seele. Ausgerechnet dort, wo der Mensch ihn am nötigsten braucht, hat es der Baum am schwersten.“ „Mit diesem Zitat der Baumschule Johannes Clasen ist eigentlich alles zum Baumstandort Stadt gesagt“, kommentiert von Taschitzki. Alle möchten Na-tur im urbanen Raum, weshalb dieser Satz laufend zu berücksichtigen ist. „Das ist auch der Grund, weshalb ich bereits in der Vorplanung bei allen unseren Heidelberger Bauprojekten einen Blick auf die passenden Baum-standorte werfe, was sich bewährt hat. Dabei werden Dinge angesprochen, die nicht immer gefallen, aber grundlegende Fehler verhindern. Manchmal ist auch ein Nein sehr wichtig, wenn ich schon im Voraus weiß, dass dieser Standort nicht funktioniert“, berichtet von Taschitzki. Die allgemeinen Ver-sorgungleitungen sind immer zu berücksichtigen, aber auch hier gibt es flexible Rohre zum Einschieben und die Möglichkeit der Verwendung von verdichtbarem Baumsubstrat, das genügend Luftraum und Wasserkapazität für die Baumwurzeln zur Verfügung stellt. „Wenn nicht eingerüttelt werden kann, dann ist eben Einschlämmen angesagt, diese Möglichkeit vergessen leider viele“, verrät von Taschitzki.

Erfolgreiche Pflege

Wachsen die Bäume zu lange bei mäßiger (kommunaler) Pflege in techni-schen Substraten, kann dies zu schwachem Kronenholz führen. Wenn dann die Wurzeln in nahrhaftes Substrat auswachsen, zeigt sich häufig eine stati-sche Überlastung der Baumkronen-Architektur, so von Taschitzkis Erfah-rungen. Deshalb unterzieht er Neupflanzungen immer einem Erziehungs-schnitt. Baumsubstrate mit Ziegel, Bims und Kesselsand in der Mischung, haben laut von Taschitzki über die letzten 15 Jahre, hinsichtlich Struktur und Baumentwicklung, sehr gut abgeschnitten. „Da diese technischen Sub-strate kein Bodenleben und keinen Dünger enthalten, sind wir dazu über-gegangen, Bäume bis zum dritten Standjahr und Bäume in widrigen Stand-ortbedingungen mit vier bis fünf Durchgängen in der Vegetationszeit flüssig zu düngen, damit die Nährstoffe bei den Wurzeln ankommen“, beschreibt von Taschitki, der hier pro Düngevorgang mit 50 Euro je Baum kalkuliert. Er arbeitet bei allen Stadtbäumen mit Gießrändern bzw. 100-Liter-Gießsäcken. Der Rest der 200 Liter-Gabe pro Baum kommt dann in das senkrecht ein-gebaute und nach unten verschlossene Schlitzrohr neben dem Ballen, da-mit die Baumwurzeln dem nach unten sickernden Wasser folgen.

Höhere Wasserspeicherung im Substrat

Bodenverbessernde wasserspeichernde Zuschlagsstoffe wie Silikat-Gesteinsmehl oder Acryl-Polymer verlieren nach seinen Erfahrungen die Wirkung nach wenigen Jahren und sind deshalb keine nachhaltigen Maß-nahmen. Auch die Wirksamkeit von Mykorrhiza- oder Trichoderma-Gaben sind bei einem Humusanteil von kleiner zwei Prozent in technischen Baumsubstraten der Bauweise 2 anfänglich deutlich eingeschränkt. Le-onardit (Vorstufe zur Braunkohle) hingegen besitzt einen Humusgehalt von 60 bis 90 Prozent und ist 10 Jahre nachweisbar. Die Bodenzuschlagsstoffe Xylit und Lignit besitzen ungefähr die Hälfte des Wirkgehalts von Leonardit. Von Taschitzki verspricht sich die meisten Verbesserungen von Pflanzen-kohle, da diese Feuchtigkeit speichert, Dünger aufnimmt und Schadstoffe bindet. „Aufgedüngt mit gütegesicherter Gülle und angereichert mit Tricho-derma-Bakterien funktioniert dieser Zuschlagsstoff aufgrund der Luftkapazi-tät der Kohle dann auch in größeren Tiefen und könnte der gesuchte All-rounder werden“, hofft von Taschitzki.
Zurzeit arbeitet Heidelberg mit unterschiedlichen Feuchtesensoren, um die Gießrhythmen im Sommer der Bodenfeuchtigkeit möglichst perfekt anzu-passen, doch hier lässt die Zuverlässigkeit der Sensoren noch arg zu wün-schen übrig. Des Weiteren ist die Quintessenz der Stadt Heidelberg, techni-sche Substrate im Untergrund eines zweischichtigen Aufbaus nur dort zu verwenden, wo es wegen der zwingenden Anforderungen nicht anders geht. „Im oberen Bereich verwenden wir, wenn möglich humusreicheres Substrat, gegebenenfalls auch mit ortsnahem Bestandsboden sowie sinn-vollen Zuschlagstoffen zur angemessenen Ernährung gemischt. Auch diese Substrate werden von Erdenwerken angeboten“, erläutert von Taschitzki.
Heidelberger Leitfaden zu Baumstandards
Baumschutz bei Baumaßnahmen wird in Heidelberg ebenfalls großge-schrieben, und zwar statisch verankert, damit er weder verschoben noch weggetragen werden kann. Findige Firmen dürfen diese Holzwände dann auch gerne für ihre Werbung nutzen, wie bereits geschehen. Alle Details sind im ausführlichen Leitfaden Baumstandards der Stadt Heidelberg ver-ankert, welcher den Bau und die Vorbereitung von Baumgruben, die Pflan-zung und Pflege sowie notwendige Baumaßnahmen rund um die Stadt-bäume exakt definiert und vorschreibt. Ein echtes Musterbeispiel für andere Städte und Gemeinden zum Wohle und Erhalt aller wertvollen Stadtbäume.

Rechtssicherer Umgang mit Bodenaushub auf der Baustelle

Im Bereich des Bodens greifen verschiedenste Verordnungen, Normen und rechtliche Einordnungen, die man laut Johannes Prügl – Sachverständiger für Boden- und Vegetationstechnik sowie Inhaber eines Ingenieurbüros für Boden- und Vegetationstechnik mit eigenem bodenphysikalischem Labor – zumindest soweit kennen sollte, dass ein sinnvoller, fachgerechter und rechtssicherer Umgang mit Bodenaushub auf der Baustelle möglich wird.
Oberboden = Abfall?
Als Oberboden wird die durchwurzelbare Bodenschicht definiert und geht bis zum sogenannten Unterboden, dem anstehenden mineralischen Hori-zont. Oberboden ist zu schützen und er enthält Humus, also organische Substanz (TOC = Total Organic Carbon). Oberboden ist laut dem Bau-Gesetzbuch (§ 202) in nutzbarem Zustand zu erhalten und vor Vernichtung oder Vergeudung zu schützen. Laut dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) ist die rechtliche Einordnung von Abfall alles, was auf der Baustelle nicht mehr benötigt wird. Auch wenn diese Stoffe wertvoll, sauber und gut sind und sie einer weiteren Verwendung zugeführt werden können. Dies betrifft sowohl den Bodenaushub als auch verwertbaren Sand, Kies, etc. Wird der Bodenaushub jedoch „unmittelbar“ einem neuen Verwendungszweck zuge-führt, per Beprobung dessen Schadstoff-Freiheit nachgewiesen und ein eventuell bestehender Abnahme-Vertrag vorgelegt, so handelt es sich le-diglich noch um ein Nebenprodukt und nicht mehr um Abfall.

Die Mantel-Verordnung

Die Mantel-Verordnung besteht aus insgesamt vier Artikeln. Für die Verwer-tung von Oberboden sind Artikel 1, Ersatzbaustoff-Verordnung (EBV) sowie Artikel 2, Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV), rele-vant. Die EBV beschäftigt sich mit dem Einbau von Sekundär- bzw. Ersatz-baustoffen in technischen Bauwerken (Wege, Straßen, Gebäude, Parkplät-ze usw. und deren technischen Oberbauten) und somit nicht mit gärtneri-schen Böden. Jeder Ersatzbaustoff, der in Verkehr gebracht wird, muss von akkreditierten Überwachungsstellen geprüft und güteüberwacht sowie von Qualitätsüberwachungs-Organisationen zertifiziert sein. Herstellung und Vertrieb dürfen zudem nur von zertifizierten Firmen durchgeführt werden. „Dies trifft vermutlich für 95 Prozent aller Garten- und Landschaftsbauunter-nehmen nicht zu“, schätzt Prügl. Deshalb ist immer sehr genau zu prüfen, ob es sich hier um einen Ersatzbaustoff und ein technisches Bauwerk han-delt. Für den GaLaBau relevante Materialien sind hier Baggergut, Boden-material und RC-Baustoffe. Jeder Bauschutt, der auf der Baustelle aufberei-tet wird, ist ein Ersatzbaustoff, genauso wie auf der Baustelle gebrochener Splitt oder Schotter aus Sekundärmaterial. Ob auch unaufbereitete natürli-che Splitte und Schotter Ersatzbaustoffe sind, ist unklar. Dies hat bislang noch kein Gericht entschieden. Für solche Aufbereitungsarbeiten sollte der Garten- und Landschaftsbau nur zertifizierte Unternehmen als Subunter-nehmen akzeptieren, lautet Prügls Ratschlag.

Bundes-Bodenschutzverordnung

Die Bundes-Bodenschutzverordnung beschäftigt sich mit dem Einbau von Bodenmaterial und Baggergut außerhalb der technischen Bauwerke in und neben den sogenannten „durchwurzelbaren Bodenschichten“ und betrifft direkt den Garten- und Landschaftsbau. Für Wege, Straßen, Gebäude und Parkplätze greift die Ersatzbaustoff-Verordnung. Der Rest der Gartenfläche unterliegt laut diesen Definitionen der Bundes-Bodenschutzverordnung. Für verbesserte Bodenmischungen benötigt es weder eine Untersuchung noch eine Genehmigung.

Verwertung von Bodenaushub auf derselben Baustelle

„Eine normale Auffüllung ist kein technisches Bauwerk. Alles, was auf der Baustelle verbleibt, ist kein Abfall und benötigt somit im Regelfall auch kei-ne Untersuchung“, erläutert Prügl, der an die Landschaftsarchitekten und an den GaLaBau appelliert, kreativ zu sein und beispielsweise attraktive Hügellandschaften zu planen und zu formen. Zusätzlich lässt sich die Defi-nition „Baustelle“ unter Umständen flexibler handhaben als gedacht und mit potenziell eingezeichneten Lager- und Bereitstellungsflächen entspre-chend erweitern. Das Separieren und Auflockern des Bodens vor dem Wie-dereinbau, ist zudem problemlos möglich und keine unerlaubte Aufberei-tung. Dies gilt auch für die Bodenverbesserung durch Zumischung von Sand, Bodenhilfsstoffen, Kompost und ähnlichem. „Wenn der Boden zudem trocken, sandig und mit genügend Steinen versetzt ist, wo auch immer die-se herkommen, lässt er sich bis zu zwei Meter tief einbauen“, zeigt der Ex-perte eine weitere Verwendungsmöglichkeit auf. Des Weiteren sind „Zwi-schenlager“ meistens immissionsschutzrechtlich zu genehmigen, „Bereit-stellungsflächen“ nicht, auch dies sollte beachtet werden.
Besteht allerdings der Verdacht auf Altlasten bzw. erhöhte Schadstoffgehal-te, sollte man letztendlich die Behörden über den Verbleib der Materialien entscheiden lassen. Hier vollziehen Sachverständige den sogenannten nachsorgenden Bodenschutz und beproben die Böden. „Dies war bei-spielsweise beim Neubau eines Kindergartens auf einer ehemaligen Hop-fenanbaufläche der Fall. Die Prüfwerte für Kupfer blieben unterschritten und der Boden durfte auf der Fläche verbleiben“, beschreibt Prügl. Der über-schüssige Boden durfte aber wegen dieser Kupferwerte nicht in der Land-wirtschaft oder in anderen Hausgärten ausgebracht werden. Auch Oberbö-den aus anderen Verdachtsflächen (vom Straßenrand, aus dem Weinbau, aus Überschwemmungsgebieten oder alten Gewerbegebieten, usw). sind auf jeden Fall zu untersuchen.
Verwertung von Bodenaushub auf anderen Baustellen des GaLaBaus
Solche Abtransporte der durchwurzelbaren Böden sind erwünscht und er-laubt. Eine Untersuchung ist nicht zwingend vorgeschrieben, wenn die Bö-den verdachtsfrei sind, wenn die Menge unter 500 cbm bleibt oder wenn ein Sachverständiger den Aushub begleitet hat. Trotzdem rät Prügl zur Vor-sicht, „Immer wenn der Oberboden an eine andere GaLaBau-Baustelle oder an ein Erdenwerk geht, würde ich hier kein Risiko eingehen und eine Bodenuntersuchung nach BBodSchV durchführen lassen“.

Verwertung oder Beseitigung von Bodenaushub in Gruben oder Deponien

Wenn der durchwurzelbare Boden von der Baustelle wegmuss und auf kei-ner anderen Baustelle gebraucht wird oder wenn seine Schadstoffgehalte erhöht sind, bleibt oft nur die Verwertung in einer Grube oder sogar die Be-seitigung in einer Deponie. Für die Entsorgung in Gruben ist der Humus-gehalt bzw. TOC ausschlaggebend. Liegt der TOC unter 1 Prozent, dann ist die Annahme kein Problem. Der TOC-Gehalt eines durchschnittlichen deut-schen Oberbodens liegt jedoch meist zwischen zwei und sechs Massen-prozent, was dazu führt, dass man nach anderen Möglichkeiten, beispiels-weise einer besonderen Grube (mit erhöhter TOC-Zulassung) oder sogar nach einer Deponie, suchen muss.

Bodenuntersuchungen und weitere Tipps

Was zurzeit an Untersuchungen ausgeschrieben werden soll, weiß nicht einmal der Bodenexperte Prügl selbst. Er empfiehlt eine orientierende Vor-untersuchung nach BBodSchV für den Bauherrn, um eine Kostenschätzung für mögliche Entsorgungskosten zu erhalten. In Baden-Württemberg ist al-ternativ auch immer noch eine Untersuchung nach VWV-Boden sinnvoll, in Bayern eine Untersuchung nach bayerischem Verfüll-Leitfaden. Eine Un-tersuchung nach LAGA M-20 ist nach derzeitigem Stand hinfällig. Es ist al-lerdings momentan ungewiss, welche Grube später bei der Entsorgung welche Untersuchung akzeptiert. Dies hängt maßgeblich von der aktuellen Verfüllgenehmigung der jeweiligen Grube ab.
Die Lieferscheine von Ersatzbaustoffen sind akribisch zu sammeln und spä-testens mit der Schlussrechnung, inklusive einem gesonderten Deckblatt, dem Bauherren zu übergeben. Dieser muss sie bis zum Wiederausbau der Ersatzbaustoffe, sozusagen „ewig“, aufbewahren.