corthum-Fachseminar 2024

Landschaftsarchitekten, kommunale Entscheider und ausführende Betriebe informierten sich im Februar 2024 zum 17. Mal beim corthum-Fachseminar in Marxzell-Pfaffenrot über die aktuellen Erkenntnisse zum Baumstandort Stadt. Der professionellen Bewässerungsplanung für urbanes Grün widmete sich Dirk Borsdorff in seinem Vortrag. Dr. Susanne Böll referierte zu spannenden Ergebnissen beim Forschungsprojekt „Stadtgrün 2021+“. Seine praktischen Erkenntnisse zu verschiedenen Baumstandorten der Stadt Heidelberg verriet Uwe von Taschitzki und Johannes Prügl berichtete vom rechtssicheren Umgang mit Bodenaushub auf der Baustelle.

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Über 150 Anmeldungen zum Seminar kommen einer fachlichen Auszeich-nung gleich. Teilnehmen konnten knapp 100 Interessierte, da das betriebs-eigene Glashaus als Seminarraum ansonsten aus den Fugen geplatzt wä-re. „Somit scheint das Interesse an unseren Themen ungebrochen und auch der Erfahrungsaustausch wird mehr denn je gesucht und geschätzt“, vermutet corthum-Geschäftsführer Uwe Schönthaler, der sich über bekann-te, aber auch über neue Gesichter freute. Philipp Erhardt, Vorstand im Ver-band Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg e.V., betonte in seiner Begrüßung diesen begehrten Rahmen, denn das Grün in der Stadt bekommt einen immer höheren Stellenwert. Die Stimmung im Ga-LaBau beschreibt der Unternehmer aus Karlsruhe mit dem Aufkommen leichter Unsicherheiten. „Klima und Politik bedienen uns mit laufend neuen Herausforderungen“, betont Erhardt und wirbt für permanente Weiterbil-dung in der Branche, die beispielsweise hier in Marxzell jährlich geboten wird.

Frühe Planung Garant für nachhaltige Bewässerung

„Es ist leider keine Seltenheit, dass Landschaftsarchitekturbüros in der Leis-tungsphase 5 nach HOAI bei uns die Planung für eine Bewässerung anfra-gen“, beschreibt Dipl.-Ing. (FH) Dirk Borsdorff, Geschäftsführer des Ingeni-eurbüros irriproject in Potsdam. Die viel zu späte Integration der Bewässe-rungsplanung in das Bauprojekt ist leider ein sehr häufiges Problem, was besonders bei Begrünungen auf dem Dach oder an den Wänden des Ge-bäudes die Sache wesentlich aufwendiger gestaltet. „Hinzu kommt, dass die Baukosten in 80 Prozent der Fälle viel zu niedrig veranschlagt sind, da kein beratender Fachplaner hinzugezogen wurde“, ergänzt Borsdorff. Die Wahl besteht dann häufig nur noch zwischen einer schlechten Ausführung oder dem Weglassen, beides keine befriedigende Situation.

Frühe Planung

Bei der Bewässerung von Außenanlagen ist die Integration spätestens ab der Vorentwurfsplanung der Landschaftsarchitekten notwendig. „Die zu bewässernden Flächen werden abgestimmt, die Wasserquellen, wie Zister-nen, Brunnen oder Oberflächenwasser festgelegt und es braucht die Be-rechnung der lokalen klimatischen Wasserbilanz, um die benötigten Was-sermengen zu definieren“, zählt Borsdorff auf. Schächte oder Technikinstal-lationen haben einen Einfluss auf das Erscheinungsbild, auch das will an-gesprochen und geklärt sein, ebenso wie die Zeit, die beispielsweise bei öffentlichen Parks zum Wässern zur Verfügung steht. Denn diese kann in Großstädten wie Berlin unter Umständen auf zwei Stunden pro Nacht auf-grund von Vandalismus beschränkt sein. Geplant wird dann nach Bedarf und Situation. Zu beachten sind die Anschaffungskosten für die Technik, die sich beispielsweise bei der Verwendung von Trinkwasser und kleinen Flä-chen in einem überschaubaren Rahmen bewegen. Hinzu kommen die Wasser- und Energiekosten und hier kann die Rechnung für große Flächen schnell in eine ganz andere Richtung gehen. „Regenwasser ist, bis auf den Strom für die Pumpenleistung, kostenlos. Ein hoher Kostenfaktor ist hier jedoch die Anschaffung bzw. der Bau benötigter Zisternen und Wasserspei-cher. Je größer die zu bewässernde Fläche ist, desto größer sind die Di-mensionen dieser Bauwerke“, zeigt der Experte auf. Wirtschaftliche Effekte werden hauptsächlich durch die Speicherung der Niederschläge aus der vegetationslosen Zeit erreicht. „Manchmal kann es deshalb tatsächlich günstiger sein, einen Brunnen zu bohren und das Regenwasser zu versi-ckern“, so Borsdorff.
Geht es um eine Gebäudebegrünung, muss die Planungsphase der Be-wässerung bereits zu Beginn der Gesamtplanung des Objekts integriert werden, denn weder Zisternen noch Rohrleitungen lassen sich im Nach-gang unter oder in Gebäude einbauen. Für technische Gebäudeausrüster (TGA-Planer) ist hier oft die Varianz zur Versorgung der verschiedenen Ge-bäudebegrünungen schwierig, denn nicht jede Fläche benötigt gleich viel Wasser. Die Verdunstung von Grünflächen in Deutschland liegt im Durch-schnitt bei 3,2 bis 4,3 mm pro Tag. An heißen Tagen mit rund 30° Celsius kann diese aber auf bis auf 7 mm steigen, was 7.000 Liter verdunstetes Wasser auf einer Fläche von 1.000 Quadratmeter bedeutet. „Da sind dann zu klein gebaute Wasserspeicher schnell leer“, weiß Borsdorff. Wetterstati-onsaufzeichnungen des Deutschen Wetterdienstes liefern deshalb wertvol-les Basismaterial für die nötigen Berechnungen.

Wasserqualität und weitere Herausforderungen

Zu hohe Eisen- oder Mangangehalte des verwendeten Wassers führen schnell zu Schäden an Tropfschläuchen, Regnern und Sprühern. Auch ein hoher Kalkgehalt ist bei der Wahl der Technik zu beachten. Ebenso können Algen oder Sandkörner zu Verstopfungen führen. Auch beim Anlagenbau erlebt Borsdorff immer mal wieder die eine oder andere Überraschung. So kann es beispielsweise bei bereits bewässerten Grünflächen sein, dass große Baumwurzeln das Verlegen neuer Technik sehr aufwendig gestalten. Eine schwierige unterirdische Infrastruktur und nicht sichtbare Altlasten können den Bau ebenfalls behindern und hohe Kosten produzieren, wes-halb Borsdorff zu entsprechenden Gutachten vorab rät.
Sehr wichtig für das langfristige Funktionieren von Bewässerungssystemen ist die hydraulische Planung, die allen Regnern und Tropfern in der Fläche den passenden Wasserdruck und die nötige Wassermenge zuweist. „Eine spezielle Hydraulik-Software modelliert für uns zuverlässig die Rohrdimen-sionen sowie die Pumpenleistung“, beschreibt Borsdorff und ergänzt, dass auch die zur Verfügung stehende Bewässerungszeit Einfluss auf diese er-rechneten Dimensionen hat.

Technikdesign

Ventilkästen aus Kunststoff sind für Borsdorff Kleingartentechnik. Auch hält er das dezentrale Design, also den Einbau mehrerer dieser Ventilkästen in die zu bewässernde Fläche, für den öffentlichen Bereich als nicht nachhal-tig genug. Als Profi rät er zu einer zentralen Versorgungsanlage in einem unterirdischen Schacht, in welchem die gesamte Technik, vom Regenwas-serspeicher bis zu den Elektroventilen für die Ansteuerung der Beregnung untergebracht ist. Die Wartung ist komfortabel und der Schutz gegen Van-dalismus sehr hoch. Der Nachteil sind anfänglich hohe Investitionskosten. Des Weiteren empfiehlt er getrennte Handzapfstellen und Netze für die au-tomatische Bewässerung, um die Fehlerauslesung zu automatisieren.
Für den professionellen Einsatz sind protokollierte Daten von Steuergerä-ten sehr wichtig. Nur so können Leckagen oder defekte Regner schnell lo-kalisiert und durch Servicepartner repariert werden. Eine professionelle lo-kale Wetterstation kombiniert mit mehreren lokalen Feuchtesonden (die bis in 90 cm Tiefe messen), liefern die Datengrundlage für eine präzise Bewäs-serung. Die Steuergeräte funktionieren nach wie vor mit von Hand korrigier-ten Zeiten. Wettervorhersagen richtig in das System zu integrieren und voll-automatisch zu steuern, dazu sind die Geräte am Markt laut Borsdorff leider alle noch nicht zuverlässig in der Lage.

Stadtgrün 2021+“ – Stresstolerante Klimabäume für die Stadt

Für das Forschungsprojekt „Stadtbaumarten im Klimawandel“ wurden im Herbst 2009 bzw. im Frühjahr 2010 in den Städten Würzburg, Hof/Münchberg und Kempten unter der Federführung der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) 30 vielversprechende Arten mit insgesamt 460 Bäumen gepflanzt. Im Jahr 2015 kamen zehn wei-tere Baumarten mit 200 Bäumen hinzu. Dr. Susanne Böll, Institut für Stadt-grün und Landschaftsbau an der LWG, betreut diesen Langzeitversuch von Anfang an mit. „Der Lebensraum Stadt bedeutet für Bäume den höchsten Stressfaktor und gepaart mit dem Klimawandel kommen nur wenige Arten langfristig damit klar“, erklärt Böll. Aktuelle Untersuchungen an Stadtbäu-men zeigen: Platanen leiden beispielsweise vermehrt unter der Blattbräu-ne, ein Pilz, der sich im trockenen Klima besonders wohl fühlt. Er befällt nicht nur die Blätter, sondern auch die Gefäße, was zu Stammrissen führt, die nicht alle Jungbäume, die diese Krankheit mittlerweile bereits aus den Baumschulen mitbringen, überleben. „Straßenbäume kommen durch Tro-ckenstress an ihr Limit und in Würzburg gibt es deswegen mittlerweile kei-nen einzigen Bergahorn mehr. Auch Sommerlinde, Spitzahorn und Ross-kastanie haben erheblich mit Trockenstress zu kämpfen und warfen im Sommer 2019, der in manchen Städten die Temperaturen auf bis zu 40° Celsius steigen ließ, bereits im August ihre Blätter ab“, zählt Böll auf. Dage-gen standen die Ungarische Eiche (Quercus frainetto ‘Trump`), eine Step-penbaumart, die Hopfenbuche (Ostrya carpinifolia) und die Rotesche (Fraxinus pennsylvanica `Summit`) unter den Versuchsbaumarten mit vita-lem grünen Laub in ihren acht Kubikmeter großen Pflanzgruben im tro-ckenheißen Würzburg. Die meisten Versuchsbaumarten verlängerten sogar die Vegetationsperiode und waren in der Lage, Reserven anzulegen, wie die Zuwachsraten zeigen. Salzempfindliche Arten wie Hainbuche und Am-berbaum wiesen deutliche Blattnekrosen auf. „Es stellte sich heraus, dass diese von aufsteigenden alten Salzschäden herrührten und wir fanden er-schreckend hohe Chloridwerte in den Blattanalysen“, klärt Böll auf.

Besonderheiten unter den Versuchsbaumarten

Die Hainbuchensorte ‘Frans Fontaine‘, eine Säulenhainbuche, besitzt lei-der eine sehr empfindliche Rinde und kommentiert tiefe Fröste im zeitigen Frühling mit Stammrissen, die sich nicht mehr verwachsen. „Beim Amber-baum (Liquidambar styraciflua) empfehlen wir nur die reine Art auf der ei-genen Wurzel. Die Korkleisten verhindern Frostrisse und es gibt keine Probleme mit Chlorosen. Allerdings muss bei heißen Temperaturen gewäs-sert werden“, beschreibt Böll. Für das rauere Klima im Allgäu scheint diese Art dennoch nicht geeignet. Drei Bäume von acht wurden Opfer von Nass-schnee im Oktober. „Ebenso ist das weiche Holz nicht sturmtauglich, die Krone wird regelrecht herausgedreht“, erläutert die Biologin. Der Japani-sche Schnurbaum (Styphnolobium japonicum) entwickelte sich am Standort Würzburg sehr spät, gedeiht mittlerweile aber recht gut an allen drei Stand-orten. Die in 2015 gepflanzten Breitblättrigen Mehlbeeren (Sorbus lativolia `Henk Vink`) gedeihen in Würzburg hervorragend, funktionieren aber in Kempten wegen der hohen Niederschläge nicht. Einen schönen Überblick, wo welche Baumarten funktionieren, liefert der LWG-Flyer: Forschungspro-jekt Stadtgrün 2021+ – Neue Bäume braucht das Land. „Wenn man alle Standortbedingungen berücksichtigt, findet sich die passende Art“, ist sich Böll sicher, und zwar auch immer noch für heimische Baumarten. Sie plä-diert für eine Risikostreuung mit mehreren Baumarten, damit neue Schäd-linge und Krankheiten nicht einen gesamten Bestand treffen.

Es hat sich weiterhin gezeigt, dass die Baumarten aus Südosteuropa im Laub auch bei starker Hitze grün und vital bleiben. „Wir sahen uns deshalb die Winterlinde und die Hainbuche im Vergleich zur Silberlinde und Hop-fenbuche etwas genauer an und untersuchten die „Fieberkurven“ an je drei Blättern, am Stamm und maßen auch die Substrattemperatur“, beschreibt Böll. Die Blatttemperaturen lagen bei einer Lufttemperatur von 40° Celsius teilweise bei fast 45° Celsius, die Rindentemperatur betrug fast 50° Celsius und im oberen Bereich des Substrats zeigte die Messung über 60° Celsius. „Die Hainbuche kann ihre Blätter nicht gut runterkühlen und lag somit rund 2,5° Celsius über der Lufttemperatur.“ Ein Grund, sie ab dem Mittag an ei-nen schattigen Standort zu planen. Die Hopfenbuche hingegen macht ihre Stomata auf, wenn es kritisch wird und lag max. 1,2° Celsius über der Luft-temperatur. Die Silberlinde dreht in der Mittagshitze ihre Blätter, so dass die silbrige Blattunterseite mit den toten luftgefüllten Härchen die Sonnenstrah-lung reflektiert. Eine perfekte Hitzestrategie und die tief darunter liegenden Stomata verlieren nur wenig Wasser. „Das ist ein riesiger Vorteil gegenüber der Winterlinde“, erläutert Böll.
Die Strahlungsintensität ist im Sommer höher geworden, was eine massive Zunahme von Sonnenbrandnekrosen an den Stämmen z.B. bei Winterlinde und Bergahorn nach sich zieht. Diese fängt im Stammbereich auf der Süd-westseite mit einer bröckligen Rindenstruktur an. Das Kambium wird an diesen Stellen zerstört. Dies lässt sich ebenso an Eschen, am Eisenholz-baum und am Japanischen Wollapfel beobachten. „Wir empfehlen mittler-weile bei diesen Baumarten die Stämme nicht nur in den ersten Jahren nach der Pflanzung, sondern durchgehend durch einen weißen Anstrich oder Bambusmatten zu schützen“, berichtet Böll. Gegen die heiße Sub-strattemperatur hilft eine dünne Schicht aus Holzhäcksel, die nicht jedes Jahr erneuert werden muss.

Heimische Insekten und fremde Baumarten

Was kreucht und fleucht in den Kronen heimischer und südosteuropäischer Stadtbaumarten an Spinnen und Insekten? Häufig wird behauptet, dass nicht heimische Baumarten die Artenvielfalt mindern. Dies konnte mit auf-wendigen Untersuchungen in den Jahren 2017, 2012 und 2022 an je einer südosteuropäischen und einer heimischen Linden-, Buchen- und Eschenart in Würzburg widerlegt werden. Es zeigte sich, dass sich heimische Insek-tenarten und Spinnen auch in nicht heimischen Baumarten wohlfühlen und sich dort in großer Vielfalt aufhalten. Mit Fensterfallen, und der Klopf-schirmmethode (für Räuber wie Spinnen und Larven) sowie fünf Wiederho-lungen je Baum, vom Blattaustrieb bis in den Herbst, wurden in den ge-nannten Jahren jeweils über 23.000 Insekten und Spinnen auf den 30 un-tersuchten Bäumen gefangen. Studentische Hilfskräfte sortierten die Gat-tungen, Experten bestimmten die Arten. „Das ganze Jahr über fanden sich sehr viele Wildbienenarten unter den Fängen. Drei in Bayern bereits als verschollen deklarierte Wanzenarten (z.B. Arenocoris waltli) sowie viele Rote Liste Arten befanden sich unter unseren Funden, ohne Präferenzen für die heimischen Baumarten. Allerdings waren auch Neozoen darunter“, zählt Böll auf. Die Bäume sind für die Artenvielfalt auch deshalb so wichtig, weil sie Schatten liefern und in den Kronen bis zu 9° Celsius niedrigere Temperaturen herrschen als in der Luft. Für drei von fünf Tiergruppen war die Baumart egal. Zikaden und Wanzen als saugende Insekten bevorzug-ten bestimmte Baumarten. Häufig blieben sie bei „ihrer“ präferierten Gat-tung, die spezifische Art war nicht relevant, Erle bleibt schließlich Erle. Nicht aber bei der amerikanischen Esche, die bei Wanzen gegenüber der heimi-schen Esche deutlich unbeliebter war. Aber auch bei den Ulmen interes-sierten weder Art noch Herkunftskontinent. „Vermutlich liegt das an sehr ähnlichen Inhaltsstoffen, doch hierzu gibt es bislang keinerlei Untersuchun-gen“, ergänzt Böll.
Die höchste Artenvielfalt bringen Standorte mit gemischten Baumarten. Und es stellte sich noch etwas heraus: Der Grünstreifen, in dem die Bäume ste-hen, ist essenziell für die Artenvielfalt, da er als wichtiger Teillebensraum (Nistplatz, Nahrungsangebot) für ein Großteil der Wildbienen, aber auch viele der Zikaden und Wanzen dient. Weitere Infos unter: www.lwg.bayern.de/landespflege/urbanes_gruen.

Bäume in der Stadt

Uwe von Taschitzki ist Leiter der Baumkontrolle im Landschafts- und Forst-amt, dem Regiebetrieb Gartenbau der Stadt Heidelberg und testet neue wissenschaftliche Erkenntnisse gerne selbst, bevor er ihnen Glauben schenkt. „Bäume in der Stadt produzieren Sauerstoff, binden Staub, spen-den Schatten, schlucken Lärm und kühlen die Luft. Sie schaffen Räume, sind eine optische Wohltat und Balsam für die Seele. Ausgerechnet dort, wo der Mensch ihn am nötigsten braucht, hat es der Baum am schwersten.“ „Mit diesem Zitat der Baumschule Johannes Clasen ist eigentlich alles zum Baumstandort Stadt gesagt“, kommentiert von Taschitzki. Alle möchten Na-tur im urbanen Raum, weshalb dieser Satz laufend zu berücksichtigen ist. „Das ist auch der Grund, weshalb ich bereits in der Vorplanung bei allen unseren Heidelberger Bauprojekten einen Blick auf die passenden Baum-standorte werfe, was sich bewährt hat. Dabei werden Dinge angesprochen, die nicht immer gefallen, aber grundlegende Fehler verhindern. Manchmal ist auch ein Nein sehr wichtig, wenn ich schon im Voraus weiß, dass dieser Standort nicht funktioniert“, berichtet von Taschitzki. Die allgemeinen Ver-sorgungleitungen sind immer zu berücksichtigen, aber auch hier gibt es flexible Rohre zum Einschieben und die Möglichkeit der Verwendung von verdichtbarem Baumsubstrat, das genügend Luftraum und Wasserkapazität für die Baumwurzeln zur Verfügung stellt. „Wenn nicht eingerüttelt werden kann, dann ist eben Einschlämmen angesagt, diese Möglichkeit vergessen leider viele“, verrät von Taschitzki.

Erfolgreiche Pflege

Wachsen die Bäume zu lange bei mäßiger (kommunaler) Pflege in techni-schen Substraten, kann dies zu schwachem Kronenholz führen. Wenn dann die Wurzeln in nahrhaftes Substrat auswachsen, zeigt sich häufig eine stati-sche Überlastung der Baumkronen-Architektur, so von Taschitzkis Erfah-rungen. Deshalb unterzieht er Neupflanzungen immer einem Erziehungs-schnitt. Baumsubstrate mit Ziegel, Bims und Kesselsand in der Mischung, haben laut von Taschitzki über die letzten 15 Jahre, hinsichtlich Struktur und Baumentwicklung, sehr gut abgeschnitten. „Da diese technischen Sub-strate kein Bodenleben und keinen Dünger enthalten, sind wir dazu über-gegangen, Bäume bis zum dritten Standjahr und Bäume in widrigen Stand-ortbedingungen mit vier bis fünf Durchgängen in der Vegetationszeit flüssig zu düngen, damit die Nährstoffe bei den Wurzeln ankommen“, beschreibt von Taschitki, der hier pro Düngevorgang mit 50 Euro je Baum kalkuliert. Er arbeitet bei allen Stadtbäumen mit Gießrändern bzw. 100-Liter-Gießsäcken. Der Rest der 200 Liter-Gabe pro Baum kommt dann in das senkrecht ein-gebaute und nach unten verschlossene Schlitzrohr neben dem Ballen, da-mit die Baumwurzeln dem nach unten sickernden Wasser folgen.

Höhere Wasserspeicherung im Substrat

Bodenverbessernde wasserspeichernde Zuschlagsstoffe wie Silikat-Gesteinsmehl oder Acryl-Polymer verlieren nach seinen Erfahrungen die Wirkung nach wenigen Jahren und sind deshalb keine nachhaltigen Maß-nahmen. Auch die Wirksamkeit von Mykorrhiza- oder Trichoderma-Gaben sind bei einem Humusanteil von kleiner zwei Prozent in technischen Baumsubstraten der Bauweise 2 anfänglich deutlich eingeschränkt. Le-onardit (Vorstufe zur Braunkohle) hingegen besitzt einen Humusgehalt von 60 bis 90 Prozent und ist 10 Jahre nachweisbar. Die Bodenzuschlagsstoffe Xylit und Lignit besitzen ungefähr die Hälfte des Wirkgehalts von Leonardit. Von Taschitzki verspricht sich die meisten Verbesserungen von Pflanzen-kohle, da diese Feuchtigkeit speichert, Dünger aufnimmt und Schadstoffe bindet. „Aufgedüngt mit gütegesicherter Gülle und angereichert mit Tricho-derma-Bakterien funktioniert dieser Zuschlagsstoff aufgrund der Luftkapazi-tät der Kohle dann auch in größeren Tiefen und könnte der gesuchte All-rounder werden“, hofft von Taschitzki.
Zurzeit arbeitet Heidelberg mit unterschiedlichen Feuchtesensoren, um die Gießrhythmen im Sommer der Bodenfeuchtigkeit möglichst perfekt anzu-passen, doch hier lässt die Zuverlässigkeit der Sensoren noch arg zu wün-schen übrig. Des Weiteren ist die Quintessenz der Stadt Heidelberg, techni-sche Substrate im Untergrund eines zweischichtigen Aufbaus nur dort zu verwenden, wo es wegen der zwingenden Anforderungen nicht anders geht. „Im oberen Bereich verwenden wir, wenn möglich humusreicheres Substrat, gegebenenfalls auch mit ortsnahem Bestandsboden sowie sinn-vollen Zuschlagstoffen zur angemessenen Ernährung gemischt. Auch diese Substrate werden von Erdenwerken angeboten“, erläutert von Taschitzki.
Heidelberger Leitfaden zu Baumstandards
Baumschutz bei Baumaßnahmen wird in Heidelberg ebenfalls großge-schrieben, und zwar statisch verankert, damit er weder verschoben noch weggetragen werden kann. Findige Firmen dürfen diese Holzwände dann auch gerne für ihre Werbung nutzen, wie bereits geschehen. Alle Details sind im ausführlichen Leitfaden Baumstandards der Stadt Heidelberg ver-ankert, welcher den Bau und die Vorbereitung von Baumgruben, die Pflan-zung und Pflege sowie notwendige Baumaßnahmen rund um die Stadt-bäume exakt definiert und vorschreibt. Ein echtes Musterbeispiel für andere Städte und Gemeinden zum Wohle und Erhalt aller wertvollen Stadtbäume.

Rechtssicherer Umgang mit Bodenaushub auf der Baustelle

Im Bereich des Bodens greifen verschiedenste Verordnungen, Normen und rechtliche Einordnungen, die man laut Johannes Prügl – Sachverständiger für Boden- und Vegetationstechnik sowie Inhaber eines Ingenieurbüros für Boden- und Vegetationstechnik mit eigenem bodenphysikalischem Labor – zumindest soweit kennen sollte, dass ein sinnvoller, fachgerechter und rechtssicherer Umgang mit Bodenaushub auf der Baustelle möglich wird.
Oberboden = Abfall?
Als Oberboden wird die durchwurzelbare Bodenschicht definiert und geht bis zum sogenannten Unterboden, dem anstehenden mineralischen Hori-zont. Oberboden ist zu schützen und er enthält Humus, also organische Substanz (TOC = Total Organic Carbon). Oberboden ist laut dem Bau-Gesetzbuch (§ 202) in nutzbarem Zustand zu erhalten und vor Vernichtung oder Vergeudung zu schützen. Laut dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) ist die rechtliche Einordnung von Abfall alles, was auf der Baustelle nicht mehr benötigt wird. Auch wenn diese Stoffe wertvoll, sauber und gut sind und sie einer weiteren Verwendung zugeführt werden können. Dies betrifft sowohl den Bodenaushub als auch verwertbaren Sand, Kies, etc. Wird der Bodenaushub jedoch „unmittelbar“ einem neuen Verwendungszweck zuge-führt, per Beprobung dessen Schadstoff-Freiheit nachgewiesen und ein eventuell bestehender Abnahme-Vertrag vorgelegt, so handelt es sich le-diglich noch um ein Nebenprodukt und nicht mehr um Abfall.

Die Mantel-Verordnung

Die Mantel-Verordnung besteht aus insgesamt vier Artikeln. Für die Verwer-tung von Oberboden sind Artikel 1, Ersatzbaustoff-Verordnung (EBV) sowie Artikel 2, Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV), rele-vant. Die EBV beschäftigt sich mit dem Einbau von Sekundär- bzw. Ersatz-baustoffen in technischen Bauwerken (Wege, Straßen, Gebäude, Parkplät-ze usw. und deren technischen Oberbauten) und somit nicht mit gärtneri-schen Böden. Jeder Ersatzbaustoff, der in Verkehr gebracht wird, muss von akkreditierten Überwachungsstellen geprüft und güteüberwacht sowie von Qualitätsüberwachungs-Organisationen zertifiziert sein. Herstellung und Vertrieb dürfen zudem nur von zertifizierten Firmen durchgeführt werden. „Dies trifft vermutlich für 95 Prozent aller Garten- und Landschaftsbauunter-nehmen nicht zu“, schätzt Prügl. Deshalb ist immer sehr genau zu prüfen, ob es sich hier um einen Ersatzbaustoff und ein technisches Bauwerk han-delt. Für den GaLaBau relevante Materialien sind hier Baggergut, Boden-material und RC-Baustoffe. Jeder Bauschutt, der auf der Baustelle aufberei-tet wird, ist ein Ersatzbaustoff, genauso wie auf der Baustelle gebrochener Splitt oder Schotter aus Sekundärmaterial. Ob auch unaufbereitete natürli-che Splitte und Schotter Ersatzbaustoffe sind, ist unklar. Dies hat bislang noch kein Gericht entschieden. Für solche Aufbereitungsarbeiten sollte der Garten- und Landschaftsbau nur zertifizierte Unternehmen als Subunter-nehmen akzeptieren, lautet Prügls Ratschlag.

Bundes-Bodenschutzverordnung

Die Bundes-Bodenschutzverordnung beschäftigt sich mit dem Einbau von Bodenmaterial und Baggergut außerhalb der technischen Bauwerke in und neben den sogenannten „durchwurzelbaren Bodenschichten“ und betrifft direkt den Garten- und Landschaftsbau. Für Wege, Straßen, Gebäude und Parkplätze greift die Ersatzbaustoff-Verordnung. Der Rest der Gartenfläche unterliegt laut diesen Definitionen der Bundes-Bodenschutzverordnung. Für verbesserte Bodenmischungen benötigt es weder eine Untersuchung noch eine Genehmigung.

Verwertung von Bodenaushub auf derselben Baustelle

„Eine normale Auffüllung ist kein technisches Bauwerk. Alles, was auf der Baustelle verbleibt, ist kein Abfall und benötigt somit im Regelfall auch kei-ne Untersuchung“, erläutert Prügl, der an die Landschaftsarchitekten und an den GaLaBau appelliert, kreativ zu sein und beispielsweise attraktive Hügellandschaften zu planen und zu formen. Zusätzlich lässt sich die Defi-nition „Baustelle“ unter Umständen flexibler handhaben als gedacht und mit potenziell eingezeichneten Lager- und Bereitstellungsflächen entspre-chend erweitern. Das Separieren und Auflockern des Bodens vor dem Wie-dereinbau, ist zudem problemlos möglich und keine unerlaubte Aufberei-tung. Dies gilt auch für die Bodenverbesserung durch Zumischung von Sand, Bodenhilfsstoffen, Kompost und ähnlichem. „Wenn der Boden zudem trocken, sandig und mit genügend Steinen versetzt ist, wo auch immer die-se herkommen, lässt er sich bis zu zwei Meter tief einbauen“, zeigt der Ex-perte eine weitere Verwendungsmöglichkeit auf. Des Weiteren sind „Zwi-schenlager“ meistens immissionsschutzrechtlich zu genehmigen, „Bereit-stellungsflächen“ nicht, auch dies sollte beachtet werden.
Besteht allerdings der Verdacht auf Altlasten bzw. erhöhte Schadstoffgehal-te, sollte man letztendlich die Behörden über den Verbleib der Materialien entscheiden lassen. Hier vollziehen Sachverständige den sogenannten nachsorgenden Bodenschutz und beproben die Böden. „Dies war bei-spielsweise beim Neubau eines Kindergartens auf einer ehemaligen Hop-fenanbaufläche der Fall. Die Prüfwerte für Kupfer blieben unterschritten und der Boden durfte auf der Fläche verbleiben“, beschreibt Prügl. Der über-schüssige Boden durfte aber wegen dieser Kupferwerte nicht in der Land-wirtschaft oder in anderen Hausgärten ausgebracht werden. Auch Oberbö-den aus anderen Verdachtsflächen (vom Straßenrand, aus dem Weinbau, aus Überschwemmungsgebieten oder alten Gewerbegebieten, usw). sind auf jeden Fall zu untersuchen.
Verwertung von Bodenaushub auf anderen Baustellen des GaLaBaus
Solche Abtransporte der durchwurzelbaren Böden sind erwünscht und er-laubt. Eine Untersuchung ist nicht zwingend vorgeschrieben, wenn die Bö-den verdachtsfrei sind, wenn die Menge unter 500 cbm bleibt oder wenn ein Sachverständiger den Aushub begleitet hat. Trotzdem rät Prügl zur Vor-sicht, „Immer wenn der Oberboden an eine andere GaLaBau-Baustelle oder an ein Erdenwerk geht, würde ich hier kein Risiko eingehen und eine Bodenuntersuchung nach BBodSchV durchführen lassen“.

Verwertung oder Beseitigung von Bodenaushub in Gruben oder Deponien

Wenn der durchwurzelbare Boden von der Baustelle wegmuss und auf kei-ner anderen Baustelle gebraucht wird oder wenn seine Schadstoffgehalte erhöht sind, bleibt oft nur die Verwertung in einer Grube oder sogar die Be-seitigung in einer Deponie. Für die Entsorgung in Gruben ist der Humus-gehalt bzw. TOC ausschlaggebend. Liegt der TOC unter 1 Prozent, dann ist die Annahme kein Problem. Der TOC-Gehalt eines durchschnittlichen deut-schen Oberbodens liegt jedoch meist zwischen zwei und sechs Massen-prozent, was dazu führt, dass man nach anderen Möglichkeiten, beispiels-weise einer besonderen Grube (mit erhöhter TOC-Zulassung) oder sogar nach einer Deponie, suchen muss.

Bodenuntersuchungen und weitere Tipps

Was zurzeit an Untersuchungen ausgeschrieben werden soll, weiß nicht einmal der Bodenexperte Prügl selbst. Er empfiehlt eine orientierende Vor-untersuchung nach BBodSchV für den Bauherrn, um eine Kostenschätzung für mögliche Entsorgungskosten zu erhalten. In Baden-Württemberg ist al-ternativ auch immer noch eine Untersuchung nach VWV-Boden sinnvoll, in Bayern eine Untersuchung nach bayerischem Verfüll-Leitfaden. Eine Un-tersuchung nach LAGA M-20 ist nach derzeitigem Stand hinfällig. Es ist al-lerdings momentan ungewiss, welche Grube später bei der Entsorgung welche Untersuchung akzeptiert. Dies hängt maßgeblich von der aktuellen Verfüllgenehmigung der jeweiligen Grube ab.
Die Lieferscheine von Ersatzbaustoffen sind akribisch zu sammeln und spä-testens mit der Schlussrechnung, inklusive einem gesonderten Deckblatt, dem Bauherren zu übergeben. Dieser muss sie bis zum Wiederausbau der Ersatzbaustoffe, sozusagen „ewig“, aufbewahren.


Grün-blaue „cool downs“ für unsere Städte

16. corthum-Fachseminar 2023

Am 8. Februar 2023 fand nach zwei Jahren Zwangspause das 16. corthum-Fachseminar in Marxzell-Pfaffenrot mit rund 90 Teilnehmern statt. Landschaftsarchitekten, kommunale Entscheider und einige ausführende Betriebe informierten sich über wirksame grün-blaue Abkühlungsstrategien in unseren Städten. Dr. Bernhard Scharf widmete sich seinem wissenschaftlichen Spezialgebiet, dem Einsatz von Fassadenbegrünungen. Tom Kirsten referierte über Versuche zur Regenwasserbewirtschaftung am Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie in Dresden Pillnitz. Florian Pietsch vom Grünflächenamt in Esslingen zeigte, wie in der Praxis die Planung, Pflanzung und Pflege von Stadtbäumen in Esslingen gemanagt werden.

Das Interesse am mittlerweile 16. corthum-Fachseminar war riesig. Dennoch sollte der gewohnt familiäre Rahmen dieser Veranstaltung beibehalten werden. „Wir schätzen den persönlichen Kontakt zu unseren Gästen und haben uns in diesem Jahr deshalb dazu durchgerungen, nur noch 90 Personen zuzulassen“, erklärt Uwe Schönthaler, der froh ist, die traditionelle Seminarreihe nun in 2023 fortführen zu können. Zusammen mit seinem Geschäftspartner Nick Burckhardt eröffnete er die Veranstaltung. Philipp Erhardt, Vorstand Markt und Wirtschaft im Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg e.V., betonte in seinem Grußwort, dass er für den Garten- und Landschaftsbau viele neue Aufträge im Dienstleistungsbereich des Klimawandels sieht. „Zusammen mit den Landschaftsarchitekten müssen wir dieses gewaltige Wachstumspotenzial als Vordenker und Vorreiter für uns sichern. Wir haben die Kompetenz Grün und Blau zu bauen, um unsere Städte lebenswert zu erhalten“, erklärt Erhardt. Die Moderation der Veranstaltung übernahm Johannes Prügl, vom gleichnamigen Bodeninstitut in Au in der Hallertau. Mit seiner hinterfragenden Art entlockte er als Fachmann für Böden den Referenten während der Diskussionen zusam-men mit dem Publikum noch weiteres spezifische Fachwissen.

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Neue Ansätze zur Regenwasserbewirtschaftung

Tom Kirsten ist Landschaftsarchitekt und ö.b.v. Sachverständiger für Garten- und Landschaftsbau. Im Jahr 2018 nahm er seine Versuchs- und Lehrtätigkeit beim sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie in Dresden Pillnitz auf. „Wir können die Versuchsarbeit für neue Ansätze in der Regenwasserbewirtschaftung nicht den Städten überlassen, hier müssen die Landesanstalten den wichtigen Praxispart übernehmen, denn es gilt ja auch bestehende Regelwerke zu beachten“, erläutert Kirsten, der Mitglied in einigen Regelwerksausschüssen ist. So kann er seine aktuellen Versuchsergebnisse und Erfahrung einbringen.

Im visualisierten Klimaplan der Stadt Hamburg aus dem Jahr 2015 wird das Zusammenwirken von PV-Anlagen, Biodiversitätsdächern, Regenwassernutzung, Baumrigolen, Grünflächen usw. als einfaches Zusammenspiel dargestellt, doch das ist es keineswegs. In vielen Bereichen fehlen noch Erfahrung und aktuelle Regelwerke, weshalb zurzeit die FLL Baumpflanzung 2, das Regelwerk der FLL für Versickerungsmulden und auch das DWA-Merkblatt M 194 für multifunktionale Flächen überarbeitet werden. „Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser dürfen mit allen Arten von Pflanzen versehen werden“, verrät Kirsten schon vorab. Die Abläufe, bis die Regelwerke an den Start gehen, dauern auch ihm häufig zu lange, aber Versuchswesen und Erfahrungswerte brauchen eben ihre Zeit.

Versickerungsmulden

Bei einer Wasserdurchlässigkeit von 10-3 bis 10-6 m/s (kf-Wert) staut sich im Regelbetrieb kein Wasser in Mulden an, denn diese Böden sind noch gut durchlässig. Ab einem Wert von 10-6 spricht man nur noch von schwach durchlässigen Böden. „Mulden mit dieser Wasserdurchlässigkeit und einer Höhe von 30 Zentimeter benötigen dann tatsächlich rund dreieinhalb Tage, bis sie nach Niederschlägen trockenfallen. Durch den Oberbodenspeichereffekt, gepaart mit einigermaßen durchlässigen Böden staut sich in Mulden kaum Wasser, was bei der Pflanzenauswahl entsprechend zu berücksichtigen ist“, erläutert Kirsten. So ist es dann beispielsweise auch im Tiefbeet des Schlossparkplatzes in Dresden-Pillnitz: Über einen Einlauf gelangt das Oberflächenwasser der versiegelten Parkplätze in die Mulde, die über einen Notüberlauf in ein Gewässer verfügt. Im Sommer bilden sich durch die Trockenheit oft Risse am Rand des Tiefbeets. Kommen dann Niederschläge, besteht die Gefahr, dass das Wasser ungefiltert in das nachgelagerte Gewässer abfließt. „Das war zumindest immer die Befürchtung. Heute ist man weiter und weiß vor allem dank der Forschung von Prof. Dr. Ing. Mathias Kaiser an der TU Dortmund (Lehrstuhl Ressourcen- und Energiesysteme, Abteilungsleitung Wassersysteme), dass sich nur direkt am Einlauf Schadstoffe in den Bodenproben nachweisen lassen. Alle anderen gezogenen Proben bei diesen Muldensystemen waren weitaus weniger verunreinigt. Dieses Wissen macht die Kommunen offener für solche Technologien“, freut sich Kirsten.

Sportplatzbau und Regenwassermanagement

„In Dresden galt es einen Sportplatz zu sanieren und unser Büro bekam den Planungsauftrag. Der Platz hatte ein leichtes Linksgefälle und das Regenwasser staute sich dort regelmäßig über eine bis drei Wochen. Meine Planungsidee war, den Platz leicht anzuheben und das Wasser über Drainagepackungen aus Kies in offene Mulden abzuleiten. Damals bekamen wir hierfür keine Genehmigung, da die Kommune Altlasten im Untergrund befürchtete und die Wasserdurchlässigkeit des Bodens nicht ausreichte. Somit war dies Art der Sanierung leider nicht möglich. Der Anschluss an das Kanalnetz hat 40.000 Euro gekostet“, berichtet Kirsten im Rückblick. „Heute hätten wir dafür andere Lösungen, da wir gelernt haben mit Regenwasser umzugehen und es nicht einfach abzuführen. Dieser Fall war damals der Anlass, einen Forschungsantrag für eine Versuchsanlage mit Kunstrasen zu stellen“, erläutert der Experte. Im Dezember 2021 starteten deshalb die ersten Versuche in Dresden auf vier Flächen mit 6 x 5 Meter Grundfläche. „In drei Feldern ersetzten wir die üblichen Dränrohre durch unterschiedlich dimensionierte Sicherpackungen aus Kies, die in der Lage waren, Starkregen aufzunehmen. Das vierte Feld wurde als Vergleichsfläche in der herkömmlichen Bauweise mit Dränsträngen und Entwässerungsschacht gebaut. Der anstehende Versuchsboden war ein sandiger Schluff und nicht optimal für die Versickerung, aber gut für die Versuche geeignet, denn die Ergebnisse gelten dann auf jeden Fall für durchlässigere Böden“, erläutert Kirsten. Mobile Regner ließen 70 Liter pro Quadratmeter in zwei Stunden auf den Kunstrasen regnen, also eine mit Starkregen vergleichbare Menge. Ab 30 bis 45 Minuten nach Versuchsbeginn erfolgte die Messung, wie viel Wasser in den unterschiedlich dimensionierten Sickerpackung ankam, um den Abflussbeiwert des Versuchsaufbaus zu bestimmen. Dieser lag bei 0,09 bis 0,17. Bis dato gehen DIN-Normen von 0,3 bis 0,6 aus. Die neuen Forschungen zeigen, dass selbst für bindige Böden ein Abflussbeiwert von 0,1 anzusetzen ist. Das bedeutet, man muss sich nur um 10 Prozent des Regenwassers in der Sickerpackung kümmern, den Rest nimmt der Aufbau des Platzes auf. „Als ausreichend dimensioniert stellten sich die 40 Zentimeter hohen und 50 Zentimeter breiten Sickerpackungen mit einem Abstand von sechs Metern heraus. Die Ergebnisse der Studie werden in der Schriftenreihe des Sächsischen Landesamts Dresden veröffentlich“, freut sich Kristen.

Baumrigolen

Als „DIE“ Lösung für gestresste Stadtbäume, werden derzeit Baumrigolen gehandelt. Ziel ist es, die Bäume in heißen Sommern besser mit Wasser zu versorgen. Doch praxistaugliche Erfahrungen für die Bauweise und dafür taugliche Baumarten gibt es kaum. „Das war der Grund, warum ich auf meiner „Spielwiese“ beim Sächsischen Landesamt 36 Baumstandorte mit vier Baum-Arten (Alnus spaethii, Ulmus-Hybriden ‘New Horizhon‘, Carpinus betulus ’Lucas‘ und Gleditsia triacanthos ’Skyline‘), drei unterschiedlichen Bauweisen mit je drei Wiederholungen aufbauen ließ“, erklärt Kirsten.14 Kubikmeter durchwurzelbaren Raum bieten alle Rigolen. Die Bauweise A ist unten nicht abgedichtet, hier soll nachgewiesen werden, dass Baumsubstrat über einen Reinigungseffekt verfügt. Bauweise B besitzt an der Sohle eine Bentonit-Abdichtung, eine Versickerung funktioniert nur über die seitlichen Randbereiche. Bauweise C besitzt einen Kapillarblock aus Lehm. Alle Rigolen sind mit grobem Schotter im tiefen Bereich und darüber mit FLL-Baumsubstrat befüllt, einen Überlauf gibt es nicht. Geklärt werden soll mit diesem Versuchsaufbau vor allem, ob abgedichtete Bodenwannen einen vegetationstechnischen Mehrwert liefern und ob sich die hohe Bodenfeuchte in abgedichteten Baumgruben positiv oder negativ auswirkt.  Mit zunehmendem Wachstum der Bäume wird des Weiteren ermittelt, wie viel Wasser diese aus den Rigolen verdunsten und ob Verunreinigungen im Abfluss des Niederschlagswassers zurückgehalten werden. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass weitere Versuchsfragen anstehen – beispielsweise, welche Einzugsgebiete an Baumrigolen angeschlossen werden können, ohne den Pflanzen zu schaden. Dabei messen Dendrometer mit Datenloggern die wichtigen Werte. „Im Jahr 2021, welches ein durchschnittliches Jahr war, gab es nur ein Regenereignis, welches zu gefüllten Rigolen führte. Wenn die Rigole unten nicht abgedichtet ist, dann ist sie eher ein Trockenstandort. Besitzt sie sogar noch eine Drainage, wird es noch extremer“, verrät Kirsten schon jetzt die ersten Ergebnisse, die im eigenen Bodenlabor und in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Wetterdienst ausgewertet werden. Für den Versuch sind 15 Jahren Laufzeit vorgesehen.

Verdunstungsbeete

Diese Bauweisen haben zum Ziel, in Hitzeperioden möglichst viel Wasser über den ständig feuchten Boden zu verdunsten und für Kühlung zu sorgen. Dabei muss das Regenwasser über einen langen Zeitraum zur Verfügung stehen. Es gilt also eine bauliche Umsetzung zu entwickeln, die Wasser speichert, wenn es da ist und in Trockenzeiten zur Verfügung stellt. Zurzeit laufen Planungen für das Schumacher Quartier auf dem ehemaligen Flughafen Tegel. Ziel ist es, das gesamte Stadtquartier abflusslos zu bauen. Die Kombination von Verdunstungsbeeten und Baumrigolen als Kaskadenkombination ist die Idee für die Rudolfstraße im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Zu klären sind die Dauer der Wasserverfügbarkeit und somit die Tiefe der Beete, die optimalen Substrate und die passende Pflanzenauswahl für solche Standorte. „Das waren dann auch die leitende Versuchsfrage für den Aufbau unserer Beete in Pillnitz. Wir entschieden uns für vier Aufbauten, die wir für eine statistisch repräsentative Auswertung in vierfacher Ausführung bauten. Die Beete sind alle vollständig abgedichtet, geflutet wird oberirdisch mit Brunnenwasser. Die Pflanzung besteht aus einer Kombination von Arten und Sorten, um Totalausfälle zu vermeiden“, erläutert der Sachverständige, der selbst gespannt ist auf die Auswertungen. „In Berlin ist es bereits seit 2021 untersagt, Niederschlagswasser bei Neuerschließungen in den Kanal abzuleiten. Das ist eine Entwicklung, die sich bundesweit fortsetzt, die Prioritäten verschieben sich, aber bis es überall ankommt wird noch einiges an Zeit vergehen“, ergänzt Kirsten.

Versuchsanlage in Dresden-Pillnitz

5.000 Quadratmeter Versuchsfläche stehen Tom Kirsten für seinen Versuchsideen zur Regenwasserbewirtschaftung zur Verfügung. Die Ergebnisse der Regengärten, die zum Thema Mulden und Muldenrigolen mit verschiedenen Substraten und vier handelsüblichen Staudenmischungen für trockene Standorte bepflanzt worden sind, werden nach und nach veröffentlicht. Kirsten hält sehr viel davon, einschlägige Experten von Anfang an in die Versuchsarbeit einzubinden, weshalb er in der Regel mit verschiedenen Institutionen zusammenarbeitet.

Straßenbäume am Beispiel der Stadt Esslingen

Florian Pietsch, Meister im Garten- und Landschaftsbau sowie Fachagrarwirt Baumpflege, ist für das Freiflächenmanagement im Grünflächenamt in Esslingen am Neckar zuständig. Pietsch managt unter anderem die Baumpflege, Neupflanzungen sowie die Auswahl der Baumarten. 28.000 zu betreuende Bäume, 12.000 davon als Straßenbäume und 150 bis 200 Neupflanzungen im Jahr, so lesen sich die lebenden Fakten dieses Jobs.

„Viele unserer Straßenbäume leiden vermehrt unter Trockenstress und Strahlungshitze. So gehen die Kastanien, die auch noch durch die Miniermotte geschädigt werden, bereits im Juni in den Herbst. Das Ziel in Esslingen ist, die Baumstandorte so zu etablieren, dass die Lebenszeit der Bäume auf mindestens 50 Jahre steigt, weshalb gute Planung notwendig ist“, erläutert Pietsch. Esslingen liegt im Neckartal, besitzt geografisch eine ähnliche Kessellage wie Stuttgart und auch hier nimmt die Sommertrockenheit zu. „Wenn es um die Standortwahl geht, schauen wir uns das Umfeld genau an: Ist die Lage exponiert, wie sieht es mit der Sonneneinstrahlung aus, wie viel Platz hat die Krone? Müssen wir Fruchtfall, wie beispielsweise bei der Kastanie, beachten? Begrenzen uns Oberleitungen in der Artenauswahl? Gibt es ein Lichtraumprofil zu beachten? Was passt zur Architektur? Das alles gilt es anfangs zu klären und erst dann geht es an die Auswahl der Baumart“, zählt Pietsch auf, der immer mal wieder mit verschiedenen Größen und Güten experimentiert. Für die verschiedenen Standorte in der Stadt entwickelte er exakte Regelschritte für Planer und Ausführende. „Ich kontrolliere den Bau der Baumgruben, nehme den Aushub ab und lasse häufig tiefer als die ausgehobenen 1,5 Meter graben oder bohren, damit wir Staunässe vermeiden. Im Bereich des Planums gibt es eine Unterbau-Verdichtung von lediglich 45 NM/q, die von uns abgenommen wird“, erläutert Pietsch.

In Esslingen haben sich das Tiefbauamt, das Baurechtsamt und das Stadtplanungsamt an einen Tisch gesetzt und beraten, wo sich noch Baumstandorte umsetzen lassen. „Stadtplanungsprojekte aus den 80er Jahren sowie bestehende Bebauungspläne zeigten da jede Menge Möglichkeiten, denn häufig war das Budget für die Bäume damals nicht mehr vorhanden“, zeigt Pietsch auf. Bevor der Bagger für die Baumgrube kommt, sind die Leitungsführungen überprüft und auch die Aufstellflächen für die Feuerwehr berücksichtigt. „Wir machen den Standort immer sehr großzügig auf und lassen tief ausheben. Die Baumpflanzerde kommt dann auf das mit speziellem Baumsubstrat verbesserte Planum. Jeder Baum erhält eine Randeinfassung von in der Regel 4 x 2 Meter, was der Größe eines PKW-Stellplatzes entspricht.

„Den“ Klimabaum gibt es aus seiner Sicht nicht. Wurde der Standort tatsächlich im Vorfeld aus allen möglichen Blickwinkeln betrachtet, muss ein Baum ausgewählt werden, der es schafft, die am Standort gegebenen Umstände und Einwirkungen, wie Hitze, Trockenheit, enger Wurzelraum, usw. zu überstehen. Die GALK-Straßenbaumliste oder die daraus zusammen mit dem Bund deutscher Baumschulen hervorgegangene Veröffentlichung der „Zukunftsbäume für die Stadt“ (www.galk.de/arbeitskreise/stadtbaeume/themenuebersicht/zukunftsbaeume-fuer-die-stadt,Verwendungsanfragen unter: ) hält Pietsch für gut geeignet.

Baumqualität und Pflanzung

Die Bäume für Esslingen sucht Pietsch in den Baumschulen persönlich aus. „Ungesehene Bestellungen gibt es bei uns nicht, denn wir legen Wert auf beste Qualität, hierzu gehören auch die arttypische Erziehung und ein kerzengerader Stamm, vor allem bei Alleebäumen“, so Pietsch. Bei der Pflanzung legt er Wert darauf, dass das Hauptgewicht des Baumes am Ballen hängt und nicht an der Schlinge, was die Leitgefäße am Stamm schädigen könnte und zu einer Wachstumsverzögerung führt. „Ab einem Stammumfang von 30-35 Zentimeter verzichten wir auf eine Anbindung. Der Ballen ist so schwer, dass wir hier mit einem Pflanzschnitt gegen die Windlast auskommen“, führt Pietsch aus. Bei kleineren Dimensionen erfolgt die Anbindung nur noch über den Zweibock und dies lediglich für zwei Jahre. „Wir bauen die Baumpfähle im offenen Loch ein, um den Ballen zu schonen und öffnen diesen zudem. Außerdem schreiben wir in unseren beschränkten Ausschreibungen ins Leistungsverzeichnis, die Ballen mindestens fünf Zentimeter höher einzubauen. „Der ehemalige Verkaufsleiter der Baumschule Lappen, Karl-Heinz Heydhausen, sagte einmal zu mir: „Die Wurzeln müssen das Läuten der Mittagsglocke hören.“ Damit fahren wir gut, denn selbst beim lageweisen Einbau des FLL-Baumsubstrats, das verdichtet und bis zur Sättigung gewässert wird, tritt noch Sackung auf.“

Baumschnitt

„In Esslingen bekommt jeder neu gepflanzte Baum einen Pflanzschnitt, mit welchem wir gleichzeitig das Lichtraumprofil anlegen und die Terminale deutlich freilegen. Konkurrenztriebe werden entfernt, ebenso hängendes Holz. In der Folge schneiden wir noch zwei Mal nach. Meine Beobachtungen zeigen, dass wir damit auch eine schnelle Vergreisung verhindern.“ Die Neupflanzung in der Stadt ist mit der Verpflanzung in der Baumschule gleichzusetzen, was heißt, es gilt einen Pflanzschock zu überwinden, weshalb beste Bedingungen geschaffen werden sollten, damit der Baum nicht „verhockt“, wie der Schwabe sagt.

Weitere Tipps

Baumbeete sind in der Stadt durch Überlaufen, Fahrräder, Mülleimer, usw. stark belastet. „Von der Verwendung der Baumsäcke sind wir wegen der ständigen Feuchtigkeit über dem Wurzelballen abgekommen. Mittlerweile verwenden wir Kunststoffgießränder, die wir eingraben und später wiederverwenden. Seit Jahren schützen wir Neupflanzungen am Stamm durch einen weißen Anstrich, außer Eichen mit ihrer borkigen Rinde oder Birken und Platanen, die sowieso weiße oder helle Stämme besitzen. Der Anstrich platzt über die Jahre ab, so kann sich der Baum langsam an die Sonneneinstrahlung gewöhnen. Bereits in der Baumschule werden die Himmelsrichtungen des Standorts gekennzeichnet, auch das hilft gegen Frostrisse. In Esslingen planen wir mit einer Anwachspflege von fünf Jahren, das ist essenziell für eine lange Lebensdauer. 6 bis 10 Gießgänge pro Jahr mit 150 bis 300 Liter, je nach Größe, sind vorgesehen. Die Abnabelung findet langsam durch verringerte Wassermengen statt, wir wollen den Baum ja ans Grundwasser bringen. Gedüngt wird im Austrieb und im Juni folgt noch eine Kopfdüngung. Zurzeit haben wir sechs Gießwägen, die wir noch mit Trinkwasser betreiben, aber eventuell ergibt sich hier eine nachhaltigere Lösung durch Wasser aus Filterrückspülungen bei Schwimmbädern oder aus alten Quellkammern“, verrät Pietsch.

In der anschließenden Diskussion stellte sich heraus, dass viele der anwesenden Landschaftsarchitekten froh sind, wenn sie Platz für Baumgruben von 12 Kubikmeter bekommen. Die von Johannes Prügl vorgeschlagene Erhöhung auf 24 Kubikmeter in der neuen FLL-Richtlinie stieß auf wenig Freude.

Fassadenbegrünungen mindern Überhitzung

Dr. Bernhard Scharf forscht und lehrt an der Universität für Bodenkultur in Wien. Eines seiner Spezialgebiete ist die Fassadenbegrünung als wichtiges Element der Stadtklimaanpassung.

„Im Moment fahren wir mit der Erderwärmung nach wie vor im Worst-Case-Szenario und werden in Europas Städten durch die kontinentale Lage bei einer Erwärmung um rund 8° Celsius im Jahr 2.100 landen“, macht Scharf zu Anfang deutlich. Hinzu kommt alle eineinhalb Jahre eine heutige 50-jährige Hitzewelle. Mit jedem Grad Celsius mehr erhöht sich die Luftfeuchtigkeit um sieben Prozent. Das wird schwülwarm, auch wenn der Regen insgesamt abnimmt und die Dürren zunehmen. Überschwemmungen durch Starkregenereignisse sind weitere Folgen, Tornados gibt es bereits heute vereinzelt in Deutschland und in Österreich. Für Wien wurden in Simulationsmodellen 7,6° Celsius mehr Spitzentemperatur bis 2050 errechnet, das wären dann bis zu 45° Celsius im Schatten. Ab 41° Celsius und einer Luftfeuchte von 100 Prozent ist der Mensch nicht mehr lebensfähig, da Kühlung durch Schwitzen nicht mehr stattfindet. Das bedeutet, es wird unbewohnbare Gebiete, Millionen von Klimaflüchtlingen und überhitzte Städte geben. „50 bis 60 Tropennächte im Jahr sind die Zukunft, 39 bis 40 Hitzetage werden für Wien erwartet, die österreichischen Gletscher sind bereits alle verloren“, skizziert Scharf zu Anfang unsere Klimakrise.

Klimawandelfolgen

Unsere Städte sind das Habitat der Menschen, der Hauptsiedlungsraum. Dieser urbane Lebensraum ist jedoch fast komplett versiegelt, verfügt meist nur über eine mangelnde Durchlüftung und zu wenig Schatten, was bereits jetzt zu Übersterblichkeit durch Hitz führt. Besonders mineralische Oberflächen wie Beton und Asphalt, aber auch Autos erwärmen sich im Sommer auf teils über 70° Celsius und geben diese Hitze an die Umgebung ab. Die Oberflächentemperatur von Pflanzen liegt dagegen im Bereich der Lufttemperatur oder sogar darunter. „Für uns Menschen ist dabei die individuell gefühlte Temperatur wichtig. Diese lässt sich mit Hilfe des thermischen Wirkungskomplexes berechnen, in welchen Wind, Luftfeuchte, Sonneneinstrahlung und noch einiges mehr hineinspielen“, erklärt Scharf. Diese „Wohlfühlparameter“ sollten deshalb auch für die Umgestaltung der Städte berücksichtigt werden.

Die Arten der Fassadenbegrünung

Um Hausfassaden zu begrünen, gibt es unterschiedlichste Möglichkeiten. Die alten Klassiker sind bodengebundene Selbstklimmer wie Efeu oder der dreiblättrige Wilde Wein sowie bodengebundene Kletterpflanzen, die Rank- oder Kletterhilfen benötigen, wie beispielsweise der Blauregen. Moderne Begrünungstechniken machen mittlerweile troggebundene Systeme für Gehölze möglich, wie das berühmte Beispiel des Bosco Verticale, zwei Hochhäuser mit 860 Bäumen in Mailand, zeigt. „Hier handelt es sich immer noch um punktuelle Begrünungen“, erläutert Scharf. Mit troggebundenen Kletterpflanzen, die sich am Maschendraht hochranken, gelingen bereits seit Langem grüne Fassaden. Wandgebundene Systeme arbeiten dagegen mit Stauden und sind flächige Konstruktionen an der gesamten Fassade. Inzwischen gibt es am Markt flächige, lineare und modulare Systeme, die mit vorkultivierten Kassetten arbeiten. „Wir beobachten zurzeit, dass sich diese modulare Art der Fassadenbegrünung immer mehr durchsetzt“, erläutert der Experte.

Wie wirken Fassadenbegrünungen?

Pflanzen reflektieren die Sonne und speichern wenig Wärme. Sie produzieren mit Licht und CO2 durch die Photosynthese wichtigen Sauerstoff und verdunsten Wasser, welches zur Kühlung der Umgebung beiträgt. Dieses Phänomen nennt sich latenter Wärmestrom und ist über Luftfeuchtesensormessungen nachweisbar. Eine begrünte Fassade hat eine bis zu 5° Celsius niedrigere Temperatur als das Thermometer der Klimastation. Somit sind Fassadenbegrünungen lebendige Klimaanlagen. Errechnet man die Stromkosten für die alternativ benötigten Klimageräte (66,54 Stück = 712,26 kWh à 0,16 €/kWh = 113,96 €) für die am Haus „Die 48er“ in Wien installierte grüne Musterfassade auf 850 Quadratmeter und setzt hierzu die benötigte Wassermenge (3.000 Liter à 1,86 €/m3 in Wien = 5,58 €) für die Fassadenbegrünung in Relation, ergibt sich eine beeindruckende monetäre Differenz von über 98 Euro am Tag, die deutlich für das Grün an der Wand spricht. „Doch das ist nicht der einzige Effekt. Auch die Lebenszeit von Fassaden wird durch Begrünungen verlängert. Eine weiße Putzfassade erwärmt sich im Sommer auf bis zu 60° Celsius. Das sind extreme Schwankungen über das Jahr für die Materialien, die eine Begrünung abpuffert. Hinzu kommt die Dämmwirkung: im Sommer gegen die Hitze, im Winter gegen die Kälte und die Zahlen für die relative Verbesserung sind für beide Jahreszeiten fast gleich“, erläutert Scharf. Je höher und dichter der Bewuchs ist, desto besser ist auch die Dammleistung. Ist die Fassade allerdings bereits optimal wärmegedämmt, wirkt sich dieser Effekt geringer aus.

Mit dem wissenschaftlichen Zahlenwerk über Wärmestromnachweise mittels Wandtemperatursensormessungen lässt sich die Verbesserung des thermischen Komforts in der Stadt über Simulationsmodelle ermitteln. „Wir haben für die Stadt Duisburg virtuell auf 202.753 Quadratmeter Gebäudeoberfläche Dachbegrünungen installiert, Bäume gepflanzt sowie trog- und wandgebundene Fassadenbegrünungen eingebaut. Insgesamt begrünten wir lediglich fünf Prozent der Fläche, berechneten den Blattflächenindex und verglichen die Wirkungsleistung gesamt sowie nach Exposition“, erläutert Scharf. Das errechnete Ergebnis zeigt, dass Fassadenbegrünungen und Baumpflanzungen dort am effektivsten sind, wo viel Strahlung und viel Wind auftreffen. Die höchste Wirkungsleistung innerhalb der grünen Infrastruktur, verglichen über alle Klimaindikatoren, brachte die extensive Dachbegrünung, gefolgt von Bäumen in Südlage. Zudem erwiesen sich wandgebundene Fassadenbegrünungen effektiver in ihrer Kühlleistung als Kletterpflanzen.

Weitere Spielregeln und Resümee

Inzwischen gibt es einen Leitfaden für Brandschutz bei Fassadenbegrünungen. „Hier ist vor allem die geschossweise Brandabschottung sehr wichtig und mit diesem Leitfaden sind wir endlich raus aus der Grauzone“, erklärt Scharf. Fassadenbegrünungen müssen bewässert werden, und zwar bedarfsgerecht über eine Sensorsteuerung, nur dann funktionieren sie zuverlässig. Vor einer artgerechten Entwicklung stehen aber die fachgerechte Planung und Ausführung. Danach folgt die fachgerechte Pflege. „Sie ist unerlässlich für eine lange Lebensdauer der Fassadenbegrünung, egal um welche Art der Begrünung es sich handelt. Bäume, Fassadenbegrünungen und Dachbegrünungen müssen zukünftig zum Managementbestandteil der Energiekreisläufe von Städten werden, wollen wir das Schlimmste abhalten“, mahnt Scharf. Eine weitere wichtige Voraussetzung hierfür ist, das Niederschlagswasser vor Ort zu halten, denn Pflanzen sind die besten Verdunster, ohne Microchip und Strom.

Die nächste Generation rückt auf

Nick Burkhardt, Wirtschaftsingenieur und Neffe des Geschäftsführers Uwe Schönthaler ist mittlerweile Mitglied der Geschäftsleitung. Ihm obliegen die Bereiche Organisation und Verwaltung. Paul Ruess, der Sohn von Uwe Schönthaler, ist gelernter Landschaftsgärtner und seit einigen Monaten ebenfalls im Unternehmen. Er unterstützt zurzeit das Erdenwerk im Nordschwarzwald und wird Schritt für Schritt alle Abläufe in den einzelnen Niederlassungen kennenlernen.

Anfang 2021 erweiterte corthum sein Betriebsgelände um circa zwei Hektar am Standort Marxzell und vergrößerte so die Lagerkapazitäten, um für die Hochsaison ausreichend Rohstoffe und Ware bevorraten zu können. Auch im Herbolzheimer Erdenwerk „corthum Breisgau“ wurde die im Jahr 2014 eröffnete Niederlassung ausgebaut.

Des Weiteren ist corthum Nordschwarzwald seit dem 30. Januar 2020 Partner und Förderer des Naturparks Schwarzwald (Mitte/Nord). „Regionalität und nachhaltiges Denken und Handeln stehen für uns an erster Stelle. Gemeinsam mit dem Naturpark wollen wir uns in der Region noch stärker für diese Themen einsetzen“, erläutert Nick Burkhardt. Ergebnis dieser Kooperation ist mittlerweile eine gemeinsam entwickelte Erdmischung für das Anlegen von Wildblumenwiesen. Wenn es um die Erweiterungen von Grünflächen in den Kommunen des Naturparks geht, gibt es fachliche Unterstützung durch den corthum-Außendienst. Ein weiterer neuer Arbeitsbereich ist die Entwicklung neuer Substrate mit Blick auf die Klimaerwärmung. Dabei steht zurzeit die Verwendung von Pflanzenkohle/Aktivkohle als Substratzuschlagsstoff im Mittelpunkt. Ziel ist, die Substrate für die im Zuge des Klimawandels zunehmenden städtischen Herausforderungen, wie zum Beispiel Wasserspeicherung und Nährstoffversorgung, zu optimieren.


Praxisnahes Wissens-Update für Planung und Ausführung

15. corthum-Fachseminar 2020

Am 19. Februar 2020 fand das 15. corthum-Fachseminar in Marxzell-Pfaffen- rot mit rund 100 Teilnehmern statt. Vier hochkarätige Referenten informierten Landschaftsarchitekten, kommunale Entscheider sowie Unternehmer aus dem Garten- und Landschaftsbau zu aktuellen Praxisthemen wie Wurzel- raumansprache, ressourcenschonende Bewässerung, erfolgreiche Stauden- pflanzungen und begrünbare Flächenbefestigungen.

Mittlerweile ist dieses Fachseminar so begehrt, dass bereits wenige Tage nach dem Versand der Einladung alle Plätze belegt sind. „Das ist schon fast wie bei einem guten Rock-Konzert“ schmunzelt corthum-Mitarbeiter Bern- ward Pawliczak nicht ohne Stolz. „Trotz großem Andrang möchten wir diesen familiären Rahmen auch in Zukunft beibehalten. Wir schätzen den persönli- chen Kontakt zu unseren wissensdurstigen Gästen sehr und das soll so blei- ben“, erklärte Uwe Schönthaler auf die Frage, ob sich corthum hier einen größeren Rahmen vorstellen kann.

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Effiziente Bewässerung im GaLaBau

Professor Dr. Stephan Roth-Kleyer, zuständig für das Lehr- und Forschungsgebiet Vegetationstechnik an der Hochschule Geisenheim University, widmete sich dem „Öl des 21. Jahrhunderts“, wie die FAZ das Wasser bereits im Jahr 2001 bezeichnete. „Schon die alten Philosophen zählten das Wasser zu den vier Urelementen, und seine drei Aggregatzuständen fest, flüssig und gasförmig, in denen es auf der Erde vorkommt, sind etwas Besonderes“, erklärt Roth-Kleyer. Bei 3,98° Celsius hat dieses Element seine höchste Dichte, darüber oder darunter dehnt es sich aus. Wasser ist ein sehr wichtiger Faktor für die Entwicklung der Wirtschaft, und zwar weltweit und ohne Wasser gibt es kein Leben. Wasser ist Bestandteil der Zelle und Medium grundlegender biochemischer Stoffwechselprozesse zur Energiegewinnung und -speicherung. Nur rund 2,5 Prozent des auf der Erde vorkommenden Wassers besteht aus Süßwasser. Davon sind 68,7 Prozent an den Eiskappen und in Gletschern, sowie 30,1 Prozent im Grundwasser gebunden. Das dann noch verbleibende eine Prozent teilt sich auf Flüsse (2 %), Sümpfe (11 %) und Seen (87 %) auf. „Die Versorgung eines großen Teils der Menschheit mit Trinkwasser ist bislang immer noch nicht sichergestellt. Das ist die Herausforderung der künftigen Jahrzehnte“, meint Roth-Kleyer. In Deutschland stehen jährlich rund 182 Millionen Kubikmeter Wasser zur Nutzung zur Verfügung. Tatsächlich verwenden Industrie, Landwirtschaft, Kraftwerke und öffentliche Wasserversorger hiervon lediglich 24 Prozent und somit knapp 44 Millionen Kubikmeter.

„Diplomingenieur Bernd Roser vom Grünflächenamt in Frankfurt führte für den heißen Sommer 2018 verschiedene Klimaaufzeichnungen durch und ermittelte so für Frankfurt eine Sonnenscheindauer von plus 33 Prozent zum Normalwert in diesem heißen Sommer. In Frankfurt war es nach der Bilanz des deutschen Wetterdienstes so warm wie an keinem anderen Ort in Deutschland, seit Beginn der Wetteraufzeichnungen“, beschreibt Roth-Kleyer. Kronen- und Astdürren, Grünastbrüche, Braunfärbung der Blätter, früher Laub- und Fruchtfall wurden von Rose in diesem Jahr festgestellt. Die Langzeitschäden zeigen sich vermutlich erst in drei bis fünf Jahren. Seine daraufhin errechnete Prognose für die durch den Klimawandel notwendigen Anpassungen in der Grünpflege, beläuft sich auf 760.000 Euro. „Das ist eine stolze Zahl und das sind 450.000 Euro mehr als in Frankfurt bislang veranschlagt sind“, erläutert Roth-Kleyer. „Eine sachgerechte Bewässerung, kombiniert mit einer vegetationstechnisch fachgerechten Ausführung sowie klimatisch tauglichen Pflanzen, kann unsere Grünflächen zukünftig nachhaltig und ressourcenschonend sichern“, so der Wissenschaftler. „Dabei ist die Technologie der druckkompensierten Tropfbewässerung in der Regel die ökologisch und ökonomisch sinnvollste Form, wenn es um automatisierte Bewässerungen geht“, so Roth-Kleyer, der für die ausschreibenden Stellen und die ausführenden Betriebe die FLL-Bewässerungsrichtlinien für die Planung, Installation und Instandhaltung von Bewässerungsanlagen in Vegetationsflächen aus dem Jahr 2015 empfiehlt. „Durch sachgerecht geplante und installierte Tropfbewässerungen lassen sich zwischen 30 und 60 Prozent des gegenwärtig benötigten Wassers einsparen. Die verminderte Verdunstung, der verringerte oberflächliche Abfluss und null Winddrift schlagen hier zu Buche. Sogar Hänge und Böschungen können mit diesem System effizient versorgt werden. Kleinere Pumpenanlagen sowie geringere Rohrleitungsdimensionen reichen aus, was die Energiekosten zusätzlich senkt“, erläutert der Professor und empfiehlt eine umsichtige und vorausschauende Planung von Neuanlagen, aber auch die für wertvolles Grün in der Stadt notwendigen Erhaltungsmaßnahmen.

Erfolgreiche Staudenpflanzungen

Professor Dr. Bernd Hertle von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf ist Leiter der Weihenstephaner Gärten und lehrt das Fach Freilandzierpflanzen an der Fakultät für Gartenbau und Lebensmitteltechnologie. Sein Vortrag beleuchtete verschiedene Konzeptionen für Staudenpflanzungen. Der Erfolgsfaktor liegt dabei laut Hertle in der Verknüpfung von Ökologie, Ökonomie, Funktionalität und Ästhetik. Bei der Ökonomie geht es beispielsweise um die zeitliche Kapazität und das vorhandene Fachwissen der Pflegekräfte, das bereits bei der Planung entsprechend berücksichtigt werden sollte. Hinter der Ökologie stecken sinnvolle Pflanzengemeinschaften, die sich das Leben nicht gegenseitig schwer machen und den zur Verfügung stehenden Standort schätzen. An erster Stelle der Entscheidungskette steht für Hertle deshalb immer die Gesamtsituation vor Ort. Einer der wichtigsten Einflussfaktoren auf die Entwicklung, ist dabei der Boden, also die Vegetationstragschicht bezie- hungsweise das Substrat. Aber auch das Klima, mit Lichtsituation, Temperatur und Feuchtigkeit ist zu berücksichtigen. „Das alles sollte vor der Planung gründlich erfasst werden“, erläutert Hertle. „Das Rüstzeug für den Erfolg sind funktionierende Lebensgemeinschaften, das ist zwar altes Wissen, aber absolut kein veraltetes Wissen“, so der Wissenschaftler. Die vorherrschenden Bedingungen entscheiden für Hertle über die Pflanzenauswahl und hier greift er gerne zu den drei folgenden Strategietypen (nach Grime): „Ruderal-Strategen sind meist ein- bis zweijährige Kulturfolger und echte Vagabunden, die beispielsweise vom Störungspotenzial der Feldbewirtschaftung leben, wie der Mohn mit seinem hohen Versamungspotenzial. Ruderalstrategen gehören deshalb auch in die Kategorie der Blender, denn in der Regel ist ihr Auftreten von Kurzlebigkeit bestimmt. Spätestens im dritten Standjahr sind sie verschwunden, dafür geben sie alles bei der Neuanlage, was schöne Effekte verspricht. Stress-Strategen beherrschen Mangelsituationen, sie sind zäh, anpassungsfähig und brauchen keine Bewässerung. Durchaus wettbewerbsfähig und in Konkurrenz tretend sind dagegen die C-Strategen, die ich auch gerne als Platzhirsche bezeichne“, beschreibt Hertle die Pflanzentypen. Unter den Stauden gibt es wenig reine R-, S- oder C-Strategen, sondern viele attraktive Mischformen, die manchmal zwei oder sogar alle drei Strategien beherrschen. Fertige Staudenrezepte, bei denen keine Denkleistung mehr gefordert wird, gibt es laut Hertle nicht. Die Standortbestimmung inklusive der Niederschlagsmenge plus dem fachlichen Potenzial der Pflegekräfte entscheidet, was passt. „Wenn keine Fachkräfte in der Pflege zur Verfügung stehen, ist eine „Einartige Pflanzung“ aus Geranium macrorrhizum als Baumunterpflanzung nicht immer die schlechteste Lösung“, so Hertle. Driftpflanzung schaffen wunderschöne Bilder. Flächenpflanzungen sind einfacher zu pflegen als differenzierte Mosaikpflanzungen, denn unerwünschte Beikräuter sind leichter zu unterscheiden und Lücken können durch funktionierende Arten gefüllt werden. Pflanzungen nach Geselligkeitsstufen imitieren natürliche Lebensgemeinschaften. Sie bestehen aus Leitstauden und ihren Begleitern, sogenannten Füllstauden und Flächenpflanzen. Solche Konzepte unterliegen einer großen, zu steuernden Dynamik und benötigen sehr viel Pflegewissen. Bei den modernen Stauden-Mischpflanzungen dominieren in den ersten Jahren kurzlebige Arten, die später in einer Art Eigendynamik durch ausdauernde Stauden abgelöst werden. Solche Pflanzungen haben auch bei einer Pflege, die nur aus der Unkrautbeseitigung und Steuerung der Dynamik besteht, durchaus eine Lebensdauer von 15 und mehr Jahren. „Je höher die Dynamik in der Pflanzung ist, desto mehr pflegerisches Fachwissen ist gefordert“, erörtert Hertle. Für ihn hängt der langfristige Erfolg allein von der Korrelation Pflanzenauswahl zu Pflegekompetenz ab und Letzteres ist leider immer noch der am Häufigsten unterschätzte Faktor. „Fachkräfte müssen Gewünschtes von Ungewünschtem unterscheiden können. Und danach richtet sich die Vielfalt einer Staudenpflanzung“, so der Professor, für den individuelle Lösungen immer noch die besten sind. Den Startpunkt einer Pflanzung bestimmt die Planung, für die Reiseroute ist das Pflegepersonal zuständig. „Leider schauen viele Planer nicht, was sich aus ihren Staudenkonzepten über die Jahre hinweg entwickelt und so werden immer wieder dieselben Fehler gemacht.“ Hertle plädiert an dieser Stelle für mehr gärtnerisches Selbstbewusstsein, und zwar sowohl bei der Planung und Anlage als auch bei der Pflege von Staudenflächen. „Wer etwas kann, sprich über Fachwissen verfügt, darf auch gutes Geld hierfür verlangen“, so Hertle.

Die Hypothese, im städtischen Umfeld nur noch trockenheitsverträgliche Stauden zu verwenden, stellt der Wissenschaftler zudem in Frage, denn der innerstädtischen Erwärmung lässt sich am effektivsten durch Verdunstungskälte entgegenwirken. Zudem ist frisches Grün im tristen Innenstadtgrau auch psychologisch sehr wertvoll, was ein Umdenken in funktionierende stressresistente grüne Lebensgemeinschaften erfordert.

Die „Geheimnisse“ der Wurzelraumansprache

Dr. Katja Weltecke studierte Forstwissenschaften und ist Sachverständige für Baumstandorte. Sie ist Mitglied beim Arbeitskreis Baum im Boden, der demnächst im Eigenverlag das „Praxishandbuch Wurzelraumansprache“ veröffentlicht, welches ab April bei verschiedenen Händlern bezogen werden kann, die auf der Internetseite www.baumimboden.de aufgeführt sind. Im Praxishandbuch geht es zuerst darum, was ein Baum im Boden zum Leben braucht. Danach folgen verschiedene Störungen im Wurzelraum und deren Bedeutung für den Baum. Eine Diagnose sowie eine Beurteilung mit Handlungsmöglichkeiten schließen sich jeweils an. Jedes dieser Kapitel enthält am Ende einen Musteraufnahmebogen, wie die jeweilige Störung diagnostiziert werden kann. Ein separates Kapitel widmet sich der elementaren Frage „Wo sind die Wurzeln?“, ein anderes den baulichen Eingriffen im Wurzelbereich sowie der Interaktion mit Bauwerken. „Am Ende des Buches wird auf verschiedene Bodenthemen, wie z. B. Mykorrhiza, Regenwürmer oder gesetzliche Grundlagen zum Boden- und Baumschutz, noch einmal vertiefend eingegangen“, erklärt Weltecke.

Der Musteraufnahmebogen zur Wurzelraumansprache, ein Schlüssel zur Ansprache von Bodenschadverdichtung urbaner Baumstandorte und ein Muster-Wurzelprotokoll als wesentlicher Teil der baumfachlichen Baubegleitung stehen ab Mitte April kostenfrei unter www.baumimboden.de oder www.bodenundbaum.de zum Download zur Verfügung.

Einen intensiveren Einblick in das Thema Bodenschadverdichtung – eine der Hauptstörungen im Wurzelraum von Stadtbäumen – gewährte Weltecke den Seminarteilnehmern vorab. „Im Musterkontrollblatt der FLL-Baumkontrollrichtlinien werden 43 oberirdische und nur 11 unterirdische Merkmale zum Wurzelraum aufgeführt. Diese Diskrepanz steht der Bedeutung des Wurzelraumes für den Baum diametral entgegen“, erklärt Weltecke. Wurzeln müssen im Feinwurzelbereich atmen. Dabei werden 25 bis 50 Prozent der produzierten Assimilate im Wurzelraum wieder veratmet. Bei einem intakten Boden ist der Austausch von O2 und CO2 gegeben. Durch Befahren oder andere Be- lastungen nehmen die Hohlräume und weiten Grobporen in der Bodenstruktur ab. Das geht zu Lasten der Belüftung und lässt die CO2-Konzentration im Boden ansteigen. „Bereits 1 Prozent CO2 im Boden hat eine wurzelschädigende Wirkung“, erklärt Weltecke. Zur Documenta 7 im Jahr 1982 in Kassel initiierte der Künstler Joseph Beuys das Landschaftskunstprojekt „7000-Eichen“ und ließ innerhalb von fünf Jahren über die Stadt Kassel verteilt 7.000 Bäume unterschiedlichster Arten pflanzen, darunter viele Eichen. Untersuchungen ergaben, dass Baumhöhe und Durchmesser der untersuchten Eichen mit der Bodenbelüftung korrelieren. „Je besser die Bodenbelüftung am Standort war, desto höher und dicker wuchsen die Bäume“, zeigt die Wissen- schaftlerin auf. Durch zu wenig Sauerstoff im Boden sterben Feinwurzeln ab, was zu einer schlechteren Versorgung des oberirdischen Baumteils führt und letztendlich zum Absterben weiterer Pflanzenorgane. Im schlimmsten Fall stirbt der Baum. „Verdichtung kann im Wurzelraum mit aufmerksamem Blick diagnostiziert werden. Fahrspuren von Baumaschinen, PKWs oder LKWs, Pfützen, fehlender Aufwuchs, keine Regenwurmlosung sowie das Vorkommen von pflanzlichen Verdichtungszeigern wie Rotklee, Löwenzahn und Breitwegerich sind beispielsweise eindeutige Zeichen“ zählt Weltecke auf. „Wenn Baumkontrolleure und andere Baumverantwortliche auf einen Verursacher von Bodenschadverdichtung treffen, sollte unbedingt Ort, Uhrzeit und Verursacher namentlich festgehalten sowie ein Foto von der Situation gemacht werden. Dieser Protokollinhalt kann später unter Umständen erklären, warum dieser Baum Vitalitätsstörungen entwickelt“, so die Sachverständige. Das wichtigste Hilfsmittel zur Ansprache des Wurzelraumes ist die Bodensonde, alternativ auch einfach der Sondierstab. Hiermit lassen sich tieferliegende Verdichtungshorizonte schnell und sicher aufspüren. „So kann zum Beispiel aufgedeckt werden, ob der oben aufliegende, mit Rasen eingesäte Mutterboden lediglich der „grüne Mantel des Vergessens“ ist, unter dem sich ein durch Bautätigkeit stark verdichteter, nicht durchwurzelbarer Boden befindet.“ Da der Bodenwiderstand von verschiedenen Faktoren, wie beispiels- weise der Bodenfeuchtigkeit abhängig ist, sollte zeitgleich auch immer der Bodenwiderstand auf einer Referenzfläche untersucht werden. „Verdichtungen können mit Tiefenpflug oder Mini-Bagger mit Reißzahn saniert werden, aber das geht natürlich nur ohne Bäume“, so Weltecke. Druckluftlanzen können dagegen auch mit Baumbestand verwendet werden. Sie lassen Risse im Boden entstehen, die die Bodenbelüftung wieder ermöglichen. Allerdings sind die Erfahrungen damit sehr unterschiedlich. „Bei orientierenden Untersuchungen ließ sich durch die Behandlung eine Reduzierung der CO2-Konzentration im Boden nachweisen. Eine andere Untersuchung hat gezeigt, dass die CO2-Konzentration auch auf einer nicht behandelten Referenzfläche zurückging, was die Maßnahme wiederum in Frage stellt“, erläutert Weltecke. Bohrlöcher und Belüftungsgräben mit Bodenaustausch sind weitere mögliche Maßnahmen mit wissenschaftlich nicht nachgewiesener Verbesserung. Als Ökosystem-Ingenieure bezeichnet Weltecke Pflanzen, die auch auf verdichteten Böden wachsen und diese mit ihrem sehr intensiven Wurzelgeflecht durchdringen. Nach Absterben der Wurzeln bleiben Poren zurück, die für eine Belüftung des Bodens sorgen. Auch Regenwürmer gehören zu dieser „Spezies“ der Ökosystem-Ingenieure und sind der wichtigste Partner im Boden. „Ohne Bienen und ohne Regenwürmer wären wir nichts“, sagt Weltecke. Damit Regenwürmer existieren können, benötigen sie Nahrung. „Lassen Sie das Herbstlaub so irgendwie möglich in den Anlagen. Regenwürmer und andere Bodenorganismen zersetzen das Laub, so dass die darin gebunden Nährstoffe den Bäumen wieder zur Verfügung stehen. Außerdem erhöht Humus das Vermögen des Bodens Wasser zu speichern und weiterhin werden durch die Aktivität der Bodenlebewesen Poren geschaffen, durch die Wasser und Luft in den Boden eindringen können“, zeigt Weltecke den Kreislauf auf. Urbane Baumscheiben können mit Pflanzen wie verschiedene Leguminosen, Sonnenblumen oder Phacelia, die alle mit ihren tiefen dichten Wurzeln Bodenporen schaffen (Phytomelioration), bepflanzt werden. Da auch hier noch nicht hinreichend bekannt ist, welche Pflanzen gut auf städtischen Baumstandorten wachsen, ist die Ausbringung von Mischungen mit verschiedenen, verdichtungstoleranten, tief und intensiv wurzelnden Pflanzen sinnvoll. „Ein weiterer Vorteil ist, dass niemand diese Baumscheiben betritt und weiter verdichtet“, so Weltecke.

Noch sind sehr viele Fragen zur Bodensanierung offen, weshalb sich Weltecke auf ein neues DBU-Forschungsprojekt freut, das an der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) in Göttingen bearbeitet wird und das sie betreut. „Hier geht es um die „Sanierung von Bodenschadverdichtung urbaner Baumstandorte (SANURBAUM)“ und ich freue mich auf neue Ergebnisse“, so die engagierte Wissenschaftlerin. Des Weiteren hat der Arbeitskreis Baum im Boden bereits ein neues Buch in Planung, in welchem es genau um diese Sanierungsmöglichkeiten gehen wird.

Begrünbare Flächenbefestigungen

Thomas Leopoldseder, der das Sachgebiet Bau- und Vegetationstechnik an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau betreut, stellte die neue FLL-Richtlinie für Planung, Bau und Instandhaltung von begrünbaren Flächenbefestigungen vor. „Der Hauptpunkt war die Anerkennung solcher Flächenbefestigungen durch die Feuerwehr, die in der Ausgabe aus dem Jahr 2008 noch nicht geregelt war“, erklärte Leopoldseder. In den aktuellen Richtlinien gibt es deshalb nun die Nutzungskategorien N1 bis N3 zuzüglich der für die Feuerwehr als NFW ausgewiesenen. N1 regelt Flächen wie Terrassen, Wege und Sitzplätze, in N2 wird der Belastung durch PKWs bis zu 3,5 Tonnen bei Garageneinfahrten und Stellplätzen Rechnung getragen und die N3 kümmert sich um die gelegentliche Befahrung von Fahrzeugen bis 20 Tonnen. „Bei Flächenbefestigungen, die für die Feuerwehr erstellt werden, können Punktlasten von bis zu 800 kN pro Quadratmeter auftreten und Achslasten zwischen 10 und 16 Tonnen, weshalb diese Flächen einer besonderen Bauweise unterliegen“, so Leopoldseder. „Die Feuerwehren benötigen hierzu auch eine messtechnische Prüfung auf dem Papier, denn je höher die Verkehrslast, desto höher ist das Verformungsmodul der Tragschicht“, so Leopoldseder.

Unter die begrünbaren Beläge fallen Kunststoffwabenelemente, Rasenlinker, Rasengittersteine und Pflaster mit Rasenfugen, für die die Richtlinie Schichtaufbauempfehlungen mit konkreten Beispielen enthält. Auch für die Erstellung von Schotterrasen gibt es entsprechende Empfehlungen. Die Materialeigenschaften des Produktes, wie beispielsweise Körnung, Anteil organische Substanz, Wasserdurchlässigkeit, Wasserkapazität und viele mehr, sollten bei der Anlieferung der Vegetationstragschicht zumindest mit einfachen Mitteln geprüft werden. Beim Einbau kommen die Kennwerte zur Tragfähigkeit ins Spiel. Diese müssen durch den Verarbeiter auf der Baustelle eingehalten werden. „Eine Kontrollprüfung ist übrigens eine besondere Leistung und muss extra ausgeschrieben werden“, erläutert Leopoldseder, der in diesem Fall zur Beauftragung eines unabhängigen Gutachters als beste Lösung rät. Mittlerweile akzeptiert sogar die Feuerwehr Schotterrasen. Allerdings ist für diese Flächen der Anteil an organischer Substanz in der Substratmischung auf 1 Prozent reduziert und die Bauweise ist keine Einfachbauweise mehr. Rasenfilz und andere organische Substanzen sind von diesen Flächen zudem regelmäßig zu entfernen. Der Bewuchs ist auf 10 Zentimeter Höhe beschränkt und beim Winterdienst ist der Schnee soweit als möglich zu entfernen.

Das Ziel dieser FLL-Richtlinie war eine bautechnisch optimierte Bauweise für Flächenbefestigungen, die nicht für alle Anwendungen auch gleichzeitig eine vegetationstechnisch optimale Lösung erreicht hat. Die einzusetzenden Deckschichten sowie Saatgut und Saatgut-Mischungen werden dennoch klar definiert. „Bei den Rasengitter-Steinen mussten wir im Vergleich zur Richtlinie aus dem Jahr 2008 mit der Stärke zulegen, da diese bei höheren Belastungen gerne brechen. Für die Kunststoffelemente, die altersbedingt zur Versprödung neigen, empfehlen wir nun eine Überdeckung mit Bettungs- und Füllsubstrat“, erklärt Leopoldseder, der selbst an diesen Richtlinien mitgearbeitet hat.

„FLL-Richtlinien sind keine Gesetzesvorgaben. Man kann sich mit seinem Auftraggeber auch auf individuelle Absprachen einigen, die man allerdings ausdrücklich schriftlich festhalten sollte. Diese Richtlinien sind auch kein Lehrbuch, sie verweisen auf andere Regelwerke und Normen, geben eine Standardlösung vor, ersparen ausführliche Festlegungen im Einzelvertrag, sprechen aber kein Verbot anderer Ausführungsvarianten aus“, so Leopoldseder. Der Bezug aller FLL-Richtlinien und Regelwerke ist über https://shop.fll.de möglich.

Die Moderation der Veranstaltung übernahm Johannes Prügel, vom gleichnamigen Bodeninstitut aus Au in der Hallertau, in gewohnter hinterfragender Weise und entlockte so den Referenten – zusammen mit den Fragen aus dem Publikum – noch mehr wertvolles Fachwissen.


„Baumfitness“, unterschiedliche Staudenkonzepte, kommunale Rasenflächen und moderne multifunktionelle Regenwasserräume

14. corthum-Fachseminar 2019

Inzwischen hat es Tradition, das corthum-Fachseminar im Februar je- den Jahres. Bereits zum 14. Mal lud das Erdenwerk in Marxzell bei Pforzheim Landschaftsarchitekten, kommunale Entscheider und Verar- beiter zu vier hochkarätigen Fachvorträgen ein. Dabei ging es um die Beurteilung der Vitalität von Bäumen, um verschiedene dauerhafte Staudenkonzepte, funktionierende kommunale Rasenflächen und multi- funktionelle Regenwasserräume. Das Seminar hat mittlerweile einen so hohen Stellenwert in der Branche, dass es auch in diesem Jahr wesent- lich mehr Anmeldungen als Plätze gab.

Caroline Hensel, angehende Forstwissenschaftlerin an der TU in Dres- den und Deutsche Baumkönigin des Jahres, stellte zu Beginn den Baum des Jahres, die heute kaum noch bekannte Flatterulme (Ulmus laevis), vor. Trotz der geliebten feuchten Standorte toleriert diese Baumart selbst trockenwarmes Stadtklima gut und ist recht tolerant ge- genüber Luftverschmutzung, Streusalz und Bodenverdichtung – also durchaus ein Klimabaum mit Zukunft. Vermehrte Baumpflanzungen in diesem Jahr sollen das Überleben der selten gewordenen Flatterulme sichern.

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Aktuelles zur Vitalitätsbeurteilung von Bäumen

Prof. Dr. Andreas Roloff von der Technischen Universität Dresden referierte über die Vitalitätsbeurteilung von Bäumen in der Praxis. Wissenschaftliche Methoden, wie physiologische Messungen der Photosynthese und des Wasserhaushaltes sind für Baumgutachter in der Praxis zu zeitintensiv, zu teuer und somit unpraktikabel. Deshalb ist Roloffs Anspruch ein schnell erlernbares und umsetzbares Verfahren. Dabei sind die Kronenentwicklung inklusive diverser Kronenreaktionen die wichtigsten Merkmale zur Altersabschätzung. Roloff teilt die Bäume hierfür zuerst in kurzlebige (80 bis 100 Jahre Lebenszeit), mittelalte (150 bis 300 Jahre) und langlebige Baumarten mit über 400 Jahren Lebenserwartung ein. Apfel, Birne, Sand- und Moorbirken, Schwarz-Erlen und andere gehören zu den kurzlebigen Arten. Rotbuche, Silber-Weide, Spitz- und Bergahorn und auch die Flatterulme sind Beispiele für mittelalte Bäume. Zu den langlebigen Baumarten zählen beispielsweise Gingko, Sommer- und Winterlinde, Eibe, Esskastanie, Stil- und Traubeneiche. Die Lebensdauer eines Baumes gliedert Roloff dabei in 10 verschiedene Lebensphasen, die der Wissenschaftler wie folgt benennt: Als erstes kommt die Jugend-Phase mit dem Kronenaufbau und einem starken Höhenwachstum, daran schließt sich die Explorations-Phase mit einem Netzwerk von Langtrieben im Wipfelbereich an. Sogenannte Flaschenbürsten- und längliche Strukturen leiten bereits die Degenerations-Phase ein, was heißt, das Längenwachstum ist ausgereizt. Krallen- und Pinselstrukturen zeigen die Stagnations-Phase an, an die sich die Retraktions-Phase mit dem Absterben mehrerer Hauptachsen im Wipfelbereich anschließt. Die Kronenrückbau-Phase geht mit dem Aufbau einer mittelhohen Sekundärkrone einher und in der Baumveteran-Phase verdichtet sich diese, es kann zudem zu Stammöffnungen und -fäule kommen. In der Zerfalls-Phase splittet sich der Stamm in Teilbäume, was bei Linden mit ihren typischen jungen Wurzelaustrieben, also natürlichen Klonen, einhergeht. Phase IX ist die Baummonument-Phase, in der bereits wieder mehrere eigenständige Individuen existieren. „Der Umfang wird in dieser Phase zum letzten Mal noch um alle Teile ge- messen“, erläutert der Experte. Der älteste Gingko-Klon steht südöstliche von Shanghai in der fünften Generation und könnte rund 5.000 Jahre alt sein. „Die zehnte Phase wird Verjüngungs-Phase genannt und hier werden dann die Bäume wieder dünner in der Datenbank“, erklärt Roloff. Die Phasen des Stillstands und des Rückzuges dauern wesentlich länger als die Wuchsphasen. „Eine 80-jährige Birke ist bereits ein alter Baum, während eine 80-jährige Eiche sich erst in der späten Ju- gend befindet“, schlägt Roloff den Bogen zur Einteilung in die Lebenserwartungs-Gruppen.

Vitalitätsinterpretationen

Vitalität bedeutet Lebenskraft und in eine Vitalitätsbeurteilung fließen deshalb Wachstum, Kronenaufbau und -struktur, Zustand der Belau- bung, Anpassungsfähigkeit, Widerstandsfähigkeit, Krankheiten, Schädlinge und Regenerationsfähigkeit mit ein. Die Vitalitätsstufe (VS) 0 ist dabei die beste Bewertung und bedeutet, dem Baum geht es dem Alter entsprechend gut. VS 3 ist die schlechteste Beurteilung und in jüngerem Alter ein Warnsignal. Bei langlebigen Baumarten kann sie in höherem Alter lange Zeit normal („altersentsprechend“) sein. Die Charakte- ristika der Vitalitätsstufen lässt sich sehr einfach durch das Roloff’sche Handmodell darstellen: Die offene Handfläche mit ausgestreckten geschlossenen Fingern entsprich dem Langtrieb Modus, also VS 0. Die geöffneten gestreckten Finger stehen für den Bürsten-Modus und somit VS 1. Nach innen gekrallte Finger sind der Kurztrieb-Modus VS 2 mit Pinsel, Büscheln und „Krallen“. VS 3 ist die geballte Faust mit Daumen nach unten, für den Rückzugs-Modus. „Mit diesen einfachen Handmodell kommen sogar meine nicht baumaffinen Schwiegersöhne klar und wissen sofort, in welchem Modus sich diverse Kandidaten befinden, um die man bei Familienterminen mit mir einfach nicht herum kommt“, erklärt Roloff lachend.

Ist die nachlassende Vitalität allein durch zunehmendes Alter bedingt, ist sie meist kein Schadensfall. Eine vorzeitig diagnostizierte Alterung ist jedoch als Warnung zu verstehen. Ist bereits in jungen Jahren eine Vergreisung mit einer Vitalitätsstufe 3 feststellbar, hat der Baum ein Problem. Wird eine Eiche mit 50 Jahren mit VS 3 bewertet, ist dies ein dramatisches Warnsignal und betrifft beispielsweise einige Eichen vor dem Reichstag in Berlin. „Diese Pflanzen sind keinen Zentimeter aus ihren Ballen herausgewachsen und irgendwann reichten die Wurzeln nicht mehr aus, um die größer werdenden Kronen zu versorgen“, so Roloffs Erklärung. „Bekommt eine langlebige Baumart eine VS 2 bei einem geschätzten Alter von 175 Jahren, so ist dies völlig normal und dieser Baum kann noch mehrere 100 Jahre gut weiterleben“, erklärt der Professor. Für gekappte oder stark eingekürzte Bäume, wie sie leider häufig in Städten anzutreffen sind, ist eine Beurteilung anhand der Vitalitätsstufen hingegen nicht mehr möglich. Hierfür gibt es die sogenannten Regenerationsstufen von RS 0 bis RS 3, die jedoch frühestens zwei Jahre nach der Maßnahme angewendet werden, um den Bäumen ausreichend Zeit für Reaktionen zu geben. Wer tiefer in dieses Thema einsteigen möchte, dem sei das Buch von Prof. Dr. Roloff „Vitalitätsbeurteilungen von Bäumen – Aktueller Stand und Weiterentwicklung“ empfohlen, das letztes Jahr erschienen ist. In den letzten Monaten wurden die FLL-Baumkontrollrichtlinien überarbeitet. Sie werden im Mai 2019 als Gelbdruck veröffentlicht und erscheinen, nach Einarbeitung oder Ablehnung aller Einsprüche, laut Roloff hoffentlich zum Jahresende.

Planungsstrategien und Bepflanzungstypen

Welche Vielfalt an Variationen und Strategien es für Staudenpflanzun- gen gibt, stellte die Freie Landschaftsarchitektin Bettina Jaugstetter vor. Die erste Grundsatzentscheidung ist dabei die Wahl zwischen statischen und dynamischen Bepflanzungstypen. „Zu den statischen Bepflanzungstypen zählen beispielsweise Monopflanzungen, die vor allem für Grenzstandorte empfohlen werden, wo eben nicht mehr viele Arten funktionieren“, erklärt Jaugstetter. Es kann aber auch der Einartbestand als plakatives Gestaltungsziel des Planers der Grund für diese Wahl sein, die konkurrenzkräftiger oder stresstoleranter Arten bedarf. Ist die falsche Art gewählt, kann der Pflegebedarf sehr hoch sein. Die notwendige Pflegekompetenz ist allerdings gering, denn alles was hier nicht wachsen soll muss raus. Bei sogenannten Blockpflanzungen ist die Ar- tenwahl sehr wichtig. „Der Planer muss die einzelnen Texturen, Struktu- ren und die Konkurrenzfähigkeit der Pflanzen im Laufe der Jahreszeiten genau kennen, da die Blühphase mit rund zwei Wochen der kürzeste Zeitraum ist“, erklärt Jaugstetter. Das optische Spannungsfeld wird fast allein durch die Konturen der aufeinandertreffenden Flächen erzeugt. „Der Planungsaufwand liegt im mittleren Bereich, ebenso die Erlebnisqualität und der Pflegeaufwand“, so Jaugstetter. Sonderformen, wie formale Pflanzungen mit Flächenfiguren für Innenhöfe, die einen hübschen Blick von oben ermöglichen sind, was den Pflegeeinsatz anbetrifft, sehr hoch einzustufen. Driftpflanzungen wirken dagegen schon unglaublich dynamisch. Sie haben eine kulissenartige Wirkung und die gewählten Stauden sollten in einem ausgewogenen Konkurrenzverhältnis zueinanderstehen. Für die Anordnung der Drifts oder auch Bänder genannt, benötigt der Planer eine hohe Pflanzen- und Planungskompetenz. Der Pflegeaufwand ist relativ groß und das Wissen der pflegenden Kräfte muss für den Erhalt der hohen Erlebnisqualität geschult sein. Mosaikpflanzungen sind bereits eine Mischform aus statischer und dynamischer Bepflanzung, denn in diesen steckt schon jede Menge Bewegung. Der Klassiker für diesen Typ ist die Englische Rabatte, die arbeitsaufwendig und pflegeintensiv ist. Die Benachbarung passender Arten ist extrem wichtig und je nach Pflegeeinsatz kann sich die Optik über die Jahre hinweg zu einer gröberen Struktur entwickeln.

Dynamische Pflanzkonzepte unterliegen dagegen einer steten Veränderung. Sie entwickeln sich und in dieses Bild der Entwicklung greifen die Pflegekräfte mit ein. Sie entscheiden, was sich versamt und was nicht, weshalb hier eine hohe Fachkompetenz hilfreich ist. Diese Konzepte sind höhengestaffelt und der Natur abgeschaut. Das Entwerfen und Arbeiten mit Gestaltungsebenen nennt sich „Layern“ und ist die Planung in Schichten oder Stockwerken. Dabei gehört das höchste Stockwerk (Layer) den Bäumen und Sträuchern. Darunter gliedern sich die gerüstbildenden Stauden ein, denen die sogenannten Aspektbildner und Begleitstauden folgen. Am Ende sorgen die bodendeckenden Stauden für den Flächenschluss auf der tiefsten Ebene.

Die bekannten Stauden-Mischpflanzungen gehören ebenfalls zu den dynamischen Pflanzkonzepten und greifen wiesenartige Aspekte auf. Sie unterliegen der höchsten Dynamik und zeichnen sich durch eine hohe Selbstregulation aus. Als Füllstauden sind kurzlebige Arten für den Anfang inkludiert, aber es gibt auch Vagabunden, die innerhalb der Pflanzung wandern, weshalb einen hohe Pflegekompetenz notwendig ist. Die Verteilung von Gerüstbildnern und Begleitpflanzen ist sowohl zufällig als auch gleichmäßig. In diesen Anlagen wird nicht gehackt, Ungewolltes wird lediglich mit dem Unkrautstecher entfernt. Das erfordert Pflanzenkenntnisse, aber auch die Übernahme von Verantwortung, denn das Pflegeteam steuert einen Teil der Dynamik. Der Rückschnitt kann in diesen Beeten mit dem Kreiselmäher oder der Stabheckenschere erfolgen. Wintergrüne Arten müssen allerdings ausgespart bleiben. Das Material kann als Mulch auf der Fläche verbleiben, wenn keine mineralische Deckschicht vorhanden ist. Frühjahrsgeophyten ergänzen diese Mischpflanzungen mit bunten Highlights vor dem Staudenaustrieb. Im ersten Jahr müssen diese Flächen kontinuierlich gewässert werden. Das gilt für ALLE Bepflanzungstypen. Als Richtwert gibt Jaugstetter 15 bis 20 Liter pro Quadratmeter und Woche an.

„Ich arbeite bei meinen Planungen häufig mit einem Aspekt-Kalender, der die Blütenstruktur und Farbentwicklung der ausgewählten Pflanzen jeden Monat mit Fotos aufzeigt“, erklärt die Landschaftsarchitektin. „Zudem lässt sich dieser Aspekt-Kalender perfekt mit dem Pflegekalender für die Pflegekräfte abgleichen. Wenn dann die Bilder in schwarzweiß immer noch gut aussehen und zusammen harmonieren, passen die Texturen und Strukturen auch wirklich zueinander“, verrät die Staudenexpertin.

Funktionierendes Grün

Um funktionierenden grünen Rasen ging es im Vortrag von Hartmut Schneider, Sachverständiger für Haus- und Sportrasen sowie Pflegemanagement. Für Kunden sieht der ideale Rasen optisch perfekt aus, er ist maximal strapazierfähig, gut schattenverträglich und wächst langsam, was den Pflegeaufwand reduziert“, skizziert Schneider den Traumrasen. Doch leider gibt es keine Gräser-Arten oder Mischungen, die alle diese Ansprüche zufriedenstellen könnten. „Deshalb steht die Frage nach der Art der Nutzung beim Kundengespräch immer an erster Stelle“, rät Schneider. Des Weiteren sollte auch das gewünschte Aussehen des Rasens detailliert geklärt werden. Man kann verschiedene Gräser-Arten im Bild oder auch als Pflanzen vorstellen und der Kunde entscheidet, was er investieren möchte, denn ein Rasen der gut aussieht braucht Pflege und die kostet Geld. Die Leistungen und Eigenschaften eines Rasens werden durch DIN-Normen geregelt: Ein Landschaftsrasen wird ein bis dreimal im Jahr gemäht, enthält Wildkräuterarten und der Pflegeaufwand ist eher gering. Der Gebrauchsrasen, der für öffentliches Grün, Wohnsiedlungen und auch Hausgärten verwendet wird, steht für eine mittlere Belastbarkeit und ist relativ widerstandsfähig gegen Trockenheit. Strapazierrasen wird häufig mit einem geringen Pflegeaufwand gleichgesetzt, was laut Schneider so nicht stimmt. „Der Aufwand ist hier sogar hoch bis sehr hoch, denn sonst verliert der Rasen genau diese Strapazierfähigkeit“, erläutert der Experte. Zierrasen betritt am besten niemand, denn diese Gräser-Arten halten einer Belastung nicht Stand. Tiefschnittrasen liebt die tägliche Mahd, kann unter 2 Millimetern gehalten werden und wird für die Greens beim Golf sowie Bowling-Anlagen eingesetzt. Schneider warnt vor Rasenmischungen mit Fantasienamen wie Teppichrasen, Wohnrasen oder auch Roboter-Rasen. Letzterer suggeriert, dass dieser besonders für Mähroboter geeig- net sei. „Die Sortenqualität regeln einzig und allein die Regelsaatgutmischungen, und diese Namen, wie zum Beispiel Spielrasen, Kräuterra-sen und Parkplatzrasen, sollte man kennen und mit denen kann man arbeiten“, so Schneider. Die mögliche Fehlerliste bei der Anlage von Rasenflächen ist lang. Eine gute Grundlage zur Vermeidung bietet eine Bodenprobe, welche die Korngrößenverteilung, die Plastizität, die Wasserdurchlässigkeit, den Gehalt an organischer Substanz, die Nährstoffverfügbarkeit und den Nährstoffvorrat klärt. Bei der Bodenbearbeitung sind die Forderungen der DIN 18915 zwingend einzuhalten. „Mir geht es hier vor allem um die Bearbeitbarkeitsgrenzen“, zeigt Schneider auf. Ein trockener Boden, ein geringer Druck auf den Boden sowie Egge oder Grubber anstatt der Fräse, empfiehlt der Experte. Das dann aufgebrachte Saatgut kann nicht gut genug sein. Die Saatmenge liegt bei 5 bis 30 Gramm pro Quadratmeter, die Bodentemperatur muss mindestens 8 ° Celsius betragen und eine flache Einarbeitung von einem Zentimeter ist ideal. Bis zur Keimung ist das Saatgut feucht, aber nicht nass, zu halten.

Häufige Fehler

Ohne Düngung haben Rasenunkräuter die schnelle Chancen, sich zu etablieren und man wird sie in der Regel nie wieder los. Somit ist eine regelmäßige Düngung das oberste Gebot. Jedoch sollte die Nährstoffzusammensetzung inklusive der Mikronährstoffe an die Gräser-Art und die Nutzung angepasst sein. Ätzende oder grobkörnige Dünger sind genauso zu vermeiden, wie das Anhalten oder Befüllen der Maschine auf der Fläche. Unter http://duengemitteldatenbank.fll.de gibt es Hilfe bei der Produktselektion.

Auch das richtige Mähen ist eine kleine Wissenschaft für sich: Die 1/3 Regel ist bei der Schnitthöhe unbedingt einzuhalten. Die Mähwerk- zeuge müssen scharf sein, das Mähschema ist immer gleich, bei zu nassem Boden wird nicht gemäht, die Mähfrequenz ist hoch und die Geschwindigkeit angepasst. Auf der Rasenfläche wird nicht betankt und der Mäher verliert weder Fett noch Öl.

Wasser marsch

Kein Rasen braucht täglich gewässert zu werden, jedoch sollte der Fachmann die ersten Welkeanzeichen, wie ein Einrollen der Blätter oder dunkle Flecken, zuverlässig erkennen. Die Trittprobe ist ein eindeutiger Hinweis: Richtet sich das Gras nicht innerhalb von 2 – 3 Minuten wieder auf, ist dies ein Zeichen von Wassermangel. Schneider empfiehlt 8 bis 10 Liter pro Quadratmeter und Beregnungsgang bei lehmigem Sand und Sand. Lehm- und Tonböden benötigen 10 bis 15 Liter pro Gabe. Nur so wird der gesamte durchwurzelte Horizont gewässert, was die Wurzeln anregt, noch weiter in die Tiefe zu wachsen und automatisch die Scherfestigkeit erhöht.

Abschließend erklärt Schneider, dass bei regenerativen Maßnahmen die Wachstumskurve der Gräser-Arten zu beachten ist und deshalb die Monate April bis Juni zu bevorzugen sind. Als Zeitpunkt für die Rasen-Ansaat empfiehlt er mittlerweile den Herbst, da die Temperaturen der letzten Frühjahre fast zu hoch waren.

Modernes Wassermanagement

Landschaftsarchitekt Gerhard Hauber ist geschäftsführender Partner des Ramboll Studios Dreiseitl in Überlingen. Das mittlerweile weltweit bekannte Büro mit Niederlassungen in Hamburg, Singapur und Peking ist bekannt für seine außergewöhnlich nachhaltigen Planungen, die Landschaftsarchitektur, Stadtplanung und Stadthydrologie perfekt verknüpfen, um daraus lebenswerten klimaangepassten urbanen Raum entstehen zu lassen. Globales Denken mit lokalem Handeln ist dabei der Schlüssel zum Erfolg. „Wasser ist Lebenselixier, aber auch Problemfaktor, deshalb darf es in der Planung nie isoliert betrachtet werden“, so Hauber. Lokaler Starkregen kann mittlerweile jederzeit und überall auftreten. Die Städte werden durch den Klimawandel immer mehr aufgeheizt. „Ein Tropfen Wasser kann 200 Liter Luft um 10 Grad Celsius abkühlen“, erklärt Hauber recht eindrücklich den Grund, warum Verdunstungsflächen im urbanen Raum immer wichtiger werden und der Landschaftswasserhaushalt im Gesamten betrachtet werden muss. „Am 2. Juli 2011 wurde Kopenhagen von einem Starkregenereignis heimgesucht, das innerhalb von 30 Minuten Schäden von knapp einer Milliarde Euro verursachte. Selbst Krankenhäuser waren nicht mehr erreichbar. Das brachte die Stadtbevölkerung zum Nachdenken“, schildert der Landschaftsarchitekt. „Dänen sind wirtschaftlich denkende Menschen und so haben sich die Kopenhagener entschieden, 500 Millionen Euro in ein neues Wassermanagement zu investieren. Die Bürger bezahlen hierfür einen höheren Wasserpreis.“ Die erarbeitete Strategie der drei Ebenen wurde inzwischen zu großen Teilen umgesetzt. Sie besteht aus flutbaren Nebenstraßen mit Rigolensystemen, überflutungsfreien Mobilitätstrassen und dank neuem Uferpark, einem erlebbaren St. Jörgens See mit variablem Wasserspiegel. Dieser innovative Ansatz bezieht die Faktoren Mobilität, Erholung, Sicherheit und Ökologie in die Stadtplanung mit ein. „Der Umbau der Straßenzüge ist unheimlich aufwendig, aber er macht diese Stadt auch unglaublich grün und lebenswert“, so Hauber.

Projekt Alnatura Lebenswelten in Darmstadt

Ziele dieses Projekts war eine 100 prozentige Nutzung des Regenwassers ohne jeglichen Kanalanschluss. Die Abkopplung und Versickerung erfolgt über ein integratives Wasserkonzept. „Dieses ist beispielsweise in den Parkflächen und um den Kindergarten als Bachlauf und Teichfläche (??) erlebbar“, erläutert Hauber. Mit dem Regenwasser werden aber auch die Baumgruben und die Anbauflächen in den Schaugärten und Schauanlagen bewässert. Überschusswasser sammelt sich in Retentionsmulden und Rigolen mit reinem Kies, wo es eine Zeitlang gespeichert wird. Alle Straßen und Parkplätze sind über einen Schacht mit Ölabscheider angebunden. Zur Brauchwassernutzung und als Löschwasser für die Feuerwehr wurde eine Zisterne mit 1.000 Kubikmetern Fassungsvermögen gebaut. „Die Verbesserung des Mikroklimas, die Überflutungssicherheit, eine hohe Biodiversität sowie die multifunktionale Nutzungsmöglichkeit der Flächen gehörten mit zum Anforderungsportfolio“, so Hauber. Die vor Ort vorgefundenen Betonplatten des ehemaligen Geländes der US-Army wurden gebrochen und über verschiedenste Baumaßnahmen, zum Beispiel in Mauern, Rigolen und Abläufen, recycelt. Auch ein Zauneidechsen-Biotop entstand auf diese Art und Weise. Die fließende Verbindung mit der umgebenden Natur, aber auch eine schlichte naturnahe Ästhetik war für den Auftraggeber mit ausschlaggebend für die Beauftragung.


Neue DIN-Norm für Vegetationstechnik, Stadtklima, Geophyten und Boden als Abfall

13. corthum-Fachseminar 2018

Die neue DIN-Norm 18915 für Vegetationstechnik im Landschaftsbau- Bodenarbeiten, das Stadtklima der Zukunft, Boden als Müll oder Wertstoff und Geophyten in Staudenmischpflanzungen waren die Themen, die das 13. corthum-Fachseminar in Marxzell bei Pforzheim in vier Expertenvorträgen seinem interessierten Fachpublikum bot. Vor allem Architekten, Landschaftsarchitekten und wichtige Entscheider aus Grünflächenämtern nutzten diese Chance der Fortbildung, die auch von der Architektenkammer seit Jahren als solche anerkannt ist. In diesem Jahr war der Andrang mit rund 120 Anmeldungen so groß, dass das Losverfahren aufgrund der begrenzten Räumlichkeit über die Teilnahme entscheiden musste.

Die Tatsache, dass das Glashaus der Firma corthum durch die Vielzahl an Anmeldungen mittlerweile an seine Kapazitätsgrenze stößt, sieht Uwe Schönthaler, corthum-Geschäftsführer des Hauptwerkes im Nordschwarzwald, als schönes Kompliment an die Qualität dieses Seminarangebotes. Dass diese Veranstaltung in der Branche einen sehr guten Ruf genießt, bestätigte Thomas Westenfelder, stellvertretender Vorstandsvorsitzender im Verband Garten-, Landschafts- uns Sportplatzbau Baden-Württemberg e.V., in seiner Begrüßungsrede.

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Neue DIN 18915 im Weißdruck

Im März 2018 ging die neue DIN 18915 „Vegetationstechnik im Landschaftsbau – Bodenarbeiten“ mit einigen sehr wichtigen Änderungen an den Start. „Sie ist ab sofort auch für den sogenannten „Schweren Erdbau“, wie Leitungsbau, Straßenbau oder für Windkraftanlagen und den Pipelinebau maßgebend, zumindest wenn es um Oberböden und/oder Unterböden für vegetationstechnische Zwecke geht“, erläuterte Professor Dr. Stephan Roth- Kleyer, der an der Hochschule Geisenheim University Vegetationstechnik in der gesamten Breite im Studiengang Landschaftsarchitektur lehrt. Das Ziel der Überarbeitung der DIN ist es, den Bodenschutz zu verbessern, und zwar für alle Bodenarbeiten bei denen die natürlichen Bodenfunktionen zu erhalten oder herzustellen sind. Sobald Oberboden oder Unterboden für vegetationstechnische Zwecke abgetragen, bearbeitet, gelagert, befahren, aufgetragen, verbessert oder rekultiviert wird, gilt ab sofort die neue DIN 18915. Lediglich für Rasenflächen von Sportplätzen ist noch die DIN 18035 T.4 zuständig. Somit gilt die DIN 18915 nun auch bei Bau- und Instandhaltungsmaßnahmen, wenn hierfür der Ober- oder Unterboden in irgendeiner Form betroffen ist.

Die wichtigsten Neuerungen und Änderungen

Der Anwendungsbereich der neuen DIN 18915 hat sich somit erweitert. Im Abschnitt 4 werden Anforderungen des Bodenschutzes aufgenommen, im Abschnitt 5 erfolgt eine Klarstellung zum Umfang der nötigen Voruntersuchungen. Die Bodengruppen wurden in Anlehnung an DIN 18196 angepasst und sind nun einem hierarchischen System in sechs beziehungsweise 13 Bodengruppen eingeteilt. Auch der Abschnitt zum Bearbeiten von Böden wurde grundlegend überarbeitet, genauso wie die Bereiche Bodentransport und Bodenlagerung. Die neue Tabelle 2 regelt die Grenzen der Befahrbarkeit und Bearbeitbarkeit für gemischt- und feinkörnige Böden. Der neue Abschnitt 8 widmet sich dem Herstellen des funktionsfähigen Bodengefüges, der ebenfalls neue Abschnitt 9 hat die Maßnahmen zur Rekultivierung zum Inhalt.

Anforderungen an den Bodenschutz

Im Abschnitt 4 werden die Anforderungen an den Bodenschutz konkretisiert, indem zum Beispiel ein Bauzeitenplan unter Berücksichtigung der jahreszeitlichen Witterung mit ausreichend Pufferzeiten gefordert wird.

Bodenarbeiten dürfen nur bei geeigneter Bodenfeuchte ausgeführt werden, ansonsten ist die Baustelle einzustellen. Die Eingriffsflächen sind so gering wie möglich zu halten, das betrifft auch das Einrichten von Baustraßen, Lager- und Stellflächen. Unterschiedliches Bodenmaterial darf nicht vermischt werden und ein unmittelbarer Einbau ist der Zwischenlagerung vorzuziehen. Des Weiteren ist auf eine geringe Befahrung und Belastung der Böden zu achten.

Felduntersuchungen der Bodenkennwerte sind nicht mehr zulässig. Die Kennwerte sind im Labor zu ermitteln. Die Voruntersuchungen (Korngrößenverteilung, Plastizität und Konsistenz, Wasserdurchlässigkeit, Gehalt an organischer Substanz, Bodenreaktionen, Nährstoffvorrat und – verfügbarkeit) dienen dem Vermeiden von Schäden und der Klärung vorab, ob die Bodeneigenschaften der vorgesehenen Vegetation entsprechen oder angepasst werden müssen. Verwendete Düngemittel müssen der Düngemittelverordnung entsprechen, Pestizide dem Pflanzenschutzgesetz. Die Grenzen der Bearbeitbarkeit und Befahrbarkeit von Böden sind in der neuen Tabelle 2 in Konsistenzbereiche (ko1 bis ko6) untergliedert. Gemischtkörnige und feinkörnige Böden müssen nun während der Bauausführung entsprechend überwacht werden. „Zu entscheiden, wann dieBearbeitung eingestellt wird, ist nicht einfach. Am besten hilft hier die Bestimmung des Wassergehaltes durch Ofentrocknung oder in der Mikrowelle und die Messung der Gewichtsdifferenz weiter“, empfiehlt Roth- Kleyer. Hiermit einher gehen Maßnahmen gegen das Vernässen und Austrocknen der Böden, beispielsweise das Ableiten von Oberflächenwasser, das Begrünen oder Abdecken von Bodenmieten auf durchlässigem Untergrund, aber auch das Einplanen witterungsbedingter Stillstandzeiten. Selbst die Herstellung einer Miete ist nun zum ersten Mal im Detail geregelt: Die Höhe darf in der Regel für Oberböden zwei Meter nicht überschreiten, die Flanken sind steil anzulegen, die Oberflächen geglättet aber nicht verschmiert, die Herstellung sollte mit nicht schiebenden Geräten (am besten Raupenbaggern) erfolgen, ein Befahren ist verboten und das ist noch nicht das Ende der langen Liste. Roth-Kleyer empfiehlt den Ausschreibenden sich dringend im Detail mit den Änderungen dieser Norm zu beschäftigen. „Hier liegt ein Regelwerk vor, das wirklich den Bodenschutz verbessert. Dennoch ist diese Norm in Teilen mit sehr viel mathematischem und physikalischem Wissen gekoppelt und somit wohl eher für den bodenkundlichen Baubegleiter geschrieben“, so die Meinung von Roth-Kleyer. Er empfiehlt deshalb den Garten- und Landschaftsbauern mit dieser Norm konform zu gehen, denn sonst ist ganz schnell ein bodenkundlicher Baubegleiter mit an Bord.

Geophyten als frühe Farbtupfer in Staudenmischpflanzungen

Professorin Dr. Swantje Duthweiler von der Hochschule Weihenstephan- Triesdorf sprach über die Möglichkeiten, mit Blumenzwiebeln die mittlerweile etablierten Staudenmischpflanzungen im Frühjahr bunter und attraktiver zu gestalten. Duthweiler empfiehlt für langlebige Staudenmischpflanzungen mit Zwiebelpflanzen grundsätzlich ein nährstoffarmes Substrat. Das mindert, zusammen mit der Auswahl wuchsstarker Stauden-Spezialisten, den Unkrautdruck. Dass davon die eine oder andere Art nur kurzlebig ist, passt für Duthweiler trotzdem, denn gerade in den Städten muss es auf den Pflanzflächen sehr schnell dicht werden und gut aussehen. Dabei macht Kurzlebiges Platz für Langlebiges. Die Kombination von Staudenmischpflanzungen mit Geophyten ist allerdings nur bei Neuanlagen im Herbst möglich. Die Pflanzung direkt in die mineralische Mulchschicht von sieben bis acht Zentimetern findet die Professorin zudem zeitsparender als das Abmulchen danach.

Welche Zwiebel passt?

Wildtulpen wachsen in der Natur an trockenen und vollsonnigen Standorten, weshalb Substrate mit einem hohen mineralischen Anteil die Langlebigkeit gewährleisten. Die mehr oder weniger einzige Zwiebel, die feuchtere Standorte verzeiht, ist der Märzenbecher. „Auch Schachbrettblumen hätten kein Problem damit, ich finde sie jedoch zu wertvoll für öffentliche Pflanzungen“, so Duthweiler. Die ausgewählten Tulpen sollten keinen zu hohen Laubanteil haben, da die unansehnlichen gelben Laubfladen nicht gut ins Pflanzbild passen. Tulipa kaufmanniana (Zentralasien), Tulipa montana var. chrysantha (Iran), Tulipa sylvestris, die heimische Weinbergtulpe mit nickender Blüte oder auch Tulipa schrenkii mit ihren becherförmigen Blüten aus der Türkei sind absolut geeignete Kandidaten, wenn es um eine naturnahe Wirkung innerhalb der Pflanzung geht. Auch die Traubenhyazinthe Muscari armeniacum ist sehr pflegeleicht, zudem wintergrün und unterstreicht die Orientierung an der Naturlandschaft.

Doch auch Darwin-Tulpen machen sich gut in Kiesmischpflanzungen. Während man für reine Tulpenbeete mit 60 Zwiebeln auf den Quadratmeter kalkuliert, reichen in Staudenmischpflanzungen bereits 20 bis 25 für eine farbintensive Wirkung. Tulipa ‘Lilac Perfektion‘ und ‘Black Hero‘ bilden beispielsweise ein spannendes Ensemble. Kombinationen von Tulpen mit Euphorbien sind ebenfalls sehr harmonisch, wie beispielsweise dielanglebige Sorte ‘Spring Green‘ mit Euphorbia polychroma. Drei verschiedenen Tulpenfarben über eine größere Fläche zu streuen bringt eine gigantische Wirkung in die austreibenden Stauden. Die Prärielilie (Camassia leichtlinii) ist für leuchtendes Blau im Mai und Juni zuständig. Sie versamt leicht und kommt mit Trockenheit gut klar. Ist die Prärielilie erst mal etabliert, ist sie sehr langlebig. Hyacinthoides hispanica, das Spanische Hasenglöckchen, ist ebenfalls ein blauer Hingucker inmitten der Stauden. Bei einem Versuch in Dresden und Weihenstephan auf unterschiedlichen Höhen von Kiesschotter und Granitsplitt zeigte sich, dass Narzissen mit solchen kargen Lebensbedingungen nicht besonders gut klar kommen. „Die Kombination von Zwiebelpflanzen mit spät austreibenden Gräser-Arten ist ideal, denn die Gräser überdecken das gelbe Laub perfekt und halten durch ihre dichten Wurzeln den Boden relativ trocken“, so ein weiterer Tipp von Duthweiler. Scilla siberica (Sibirischer Blaustern) und Scilla bifolia (Zweiblättriger Blaustern), Chionodoxa forbesii (Schneestolz) oder sardensis, Crocus tommasianus (Elfen-Krokus) und auch Eranthis hyemalis (Winterling) eignen sich perfekt zum Auswildern unter alten Baumbeständen in Parks und Gärten. „Damit solche Pflanzungen auch wirklich über Jahre funktionieren ist es unumgänglich, dass Planer und Ausführender miteinander kommunizieren. Was will der Planer erreichen und vor allem welches Pflege- und Entwicklungskonzept muss für eine Langlebigkeit eingehalten werden, sind einfach sehr wichtige Punkte für den Erfolg“, schließt Duthweiler.

Städte im Klimawandel

Das Klimasystem der Erde unterliegt schon seit Jahrmillionen bestimmten Schwingungen. Wir Menschen machen die Erde im Durchschnitt wärmer und dennoch wird es weiterhin kühlere Jahre, aber auch mehr Hitze und Hitzere- korde geben. In analysierten Eisbohrkernen liegen die bislang gemessenen Werte an CO2-Gehalt der vorindustrialisierten Zeit bei bis zu 280 ppm. Im Jahr 2013 wurden 400 ppm gemessen. Ein deutliches Signal verbunden mit einer nachweislichen Zunahme der weltweiten Temperatur für Diplom-Meteo- rologe Johann-Dirk Hessel vom Deutschen Wetterdienst in Offenbach. 2016 war global betrachtet das bislang wärmste Jahr in der Temperaturmessung seit 1850. Die atmosphärische CO2 Konzentration steigt stetig, das zeigen Messungen am Mauna Loa auf Hawaii genauso wie beim Schauinsland oder auf der Zugspitze. Klimawandel hat es in der Erdgeschichte schon immer ge- geben, aber die Menschheit erwärmt das globale Klima mindestens zehnmal schneller als die Natur es je gemacht hat. Der Übergang von der letzten Kalt- zeit zur gegenwärtigen Warmzeit dauerte etwa 5.000 Jahre, wobei die Tem- peratur in 1000 Jahren um 1°C gestiegen ist. Im 20. Jahrhundert hat der Mensch für 1 °Celsius Erwärmung nur noch 100 Jahre gebraucht. „Diese Fakten lassen sich nicht von der Hand weisen und wir experimentieren ge- rade mit unserem Klima – mit ungewissem Ausgang“, so Hessel. Die Zu- nahme heißer Tage ist regional unterschiedlich, aber bereits jetzt nachweis- bar. Gleichzeitig werden wir in Deutschland des öfteren Tropennächte erle- ben, in denen die Temperaturen nicht unter 20 °Celsius sinken. Die Nieder- schläge im Winter nehmen zu, die Sommer werden trockener, dafür muss vermehrt mit punktuellen Starkregenereignissen gerechnet werden. In der Jahressumme nehmen die Niederschläge wahrscheinlich leicht zu, so die Prognose der Meteorologen.

Modellsimulationen

Dank gigantischer Rechnerleistungen ist es mittlerweile möglich, das ge- samte Klimasystem der Erde in Simulationen mit einzubeziehen und damit die Entwicklung des Klimas abzuschätzen. Die künftigen CO2-Emissionen sind ausschlaggebend dafür, wie es mit dem Klima weitergeht. „Nur wenn wir zukünftig in der Lage wären, der Atmosphäre CO2 zu entziehen, könnten wir die globale Erwärmung auf vertretbare 2 °Celsius begrenzen. Wenn wir aus unserem heutigen Wissen nichts lernen, geht es unaufhaltsam weiter nach oben“, erklärt Hessel. Alle Simulationsmodelle enthalten Unsicherheiten. Eine Größe ist unter anderem die sogenannte Gitterweite, mit der gerechnet wird und die derzeit global um die 50 Kilometer beträgt. Eine 2,7 Kilometer-Auflö- sung ist technisch für einzelne Kontinente machbar. Für Modellrechnungen der ganzen Erde reicht derzeit die Computerpower aber noch nicht aus. In anschließenden Wirkmodellrechnungen, beispielsweise für einzelne Städte, können die Auswirkungen der Klimaerwärmung jedoch bereits auf bis zu 10 Meter Genauigkeit betrachtet werden. Dennoch sind laut Hessel in allen Mo- dellen Fehler durch notwendige Abschätzungen enthalten, beispielsweise über die Entwicklung der Wirtschaft. „Diese Fehler setzen sich natürlich fort und schmälern die Gewissheit, dennoch liefern Klimasimulationen eine ein- deutige Tendenz. Für Deutschland rechnen wir im Moment für die Jahre 2021 bis 2050 mit einer weiteren Erwärmung von 1 bis 2 °Celsius. Bis zum Jahr 2100 sogar mit bis zu 3 °Celsius“, erläutert der Experte.

Zukünftiges Stadtklima

Die Temperaturverhältnisse in Frankfurt entsprechen laut Simulationen im Jahr 2050 dem heutigen Klima von Mailand oder Montelimar (Südfrankreich). Grünflächen in Städten werden also immer wichtiger. Besonders alter Baumbestand ist sehr wertvoll, denn im Schatten ist nicht nur die tatsächliche Temperatur, sondern vor allem die gefühlte Temperatur wesentlich niedriger. Der Unterschied kann, im Vergleich mit versiegelten Flächen, bis 6 °Celsius betragen, wie der Experte an einer tatsächlichen Messung in Frankfurt erläutert. „Wir sollten dringend lernen, mit dem Wasser besser umzugehen“, rät Hessel und führt als Beispiel die „Schwammstadt“ auf, die das wertvolle Nass zur Kühlung auf unterschiedlichste Art und Weise im urbanen Raum hält. „Wasserflächen, Grünzüge, Parks, Dachbegrünungen, Materialien mit starker Rückstrahlung und ein vernünftiges Wassermanagement gehören hierfür zusammen“, so Hessel. Unter www.dwd.de/inkas, dem Informationsportal Klimaanpassung in Städten, sind verschiedene Strukturen einstellbar und Temperatureffekte lassen sich simulieren. „Spielen Sie mit diesem Baukasten und geben Sie uns Ihr Feedback“, fordert Hessel dieSeminarteilnehmer auf.

Bodenaushub – Müll oder Wertstoff

Jede Menge Normen, Gesetze und Verordnungen regeln den Umgang mit Oberboden. Doch was ist eigentlich Oberboden? Wo endet er und wo beginnt der Unterboden? Diese Frage stellte Referent Johannes Prügel vom Bodeninstitut Prügl in Au/Hallertau, provokant in den Raum. Wenn in der Ausschreibung steht „Oberboden abschieben“, wo genau hört dieser Horizont auf, der allgemein als oberste durchwurzelbare und belebte Bodenschicht beschrieben wird. Das lässt den Ausführenden entsprechenden Entscheidungsspielraum, je nachdem was mit diesem Material geschehen soll. „Gerade in großen Städten haben wir durch die enorme Bautätigkeit das Problem von viel zu viel Oberboden, der meist auch noch Blei, Kadmium, Ruß (PAK) und sonstige Schadstoffe enthält“, so Prügl. Alles was auf der Baustelle nicht mehr benötigt wird, ist Abfall, laut Abfallrecht, und zwar auch dann, wenn diese Stoffe schön, wertvoll und durchaus weiter zu gebrauchen sind. Somit könnten Kies und Oberboden schnell zu wertlosem „Müll“ degradiert werden. Kann der Bodenaushub jedoch auf dem Grundstück eingebaut werden, ist er kein Abfall und muss lediglich die Prüfwerte der Bundesbodenschutzverordnung einhalten. Einschränkungen sind das Auftauchen von üblem Geruch, Müll oder Ölfässern, wenn also der Verdacht auf Altlasten oder Altdeponien besteht, denn dann greift die Hinweispflicht an den Bauherrn. „Rodelberge, Lärmschutzwälle oder ähnliche Planungsideen vor Ort sind somit unter Umständen sinnvolle Wiederverwertungsmöglichkeiten von Oberboden“, zählt Prügl auf. Vor allem die Prüfwerte für den Bodenverbleib, aber auch die Vorsorgewerte für gelieferte Böden sind nach der Bundesbodenschutzverordnung recht großzügig ausgelegt, verglichen mit den viel strengeren „Vorsorgewerten“ nach der Verwaltungsvorschrift Verwertung von Böden (VWV), wenn der Boden ohne mögliche Wiederverwertung vor Ort als Abfall deklariert werden muss. „Somit ergibt sich die Krux, dass Böden, die in Gruben verfüllt werden, sauberer sein müssen als das was vor Ort verbleibt.“ Greift also die Bundesbodenschutzverordnung, sind nur zehn Vorsorgewerte zu untersuchen. „Ich würde deshalb Oberböden immer nach der Bundesbodenschutzverordnung untersuchen lassen und eine entsprechend lautende Ausschreibung diesbezüglich wäre nicht unklug“, verrät der Experte.
Für Unterböden außerhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht gilt in Baden-Württemberg die VWV, aber hier hat jedes Bundesland seine eigenen Verordnungen. „So ist beispielsweise in Baden-Württemberg der Einbau in technischen Bauwerken bis zur Klassifizierung Z2 erlaubt, so der Grundwasserstand und die Versiegelung passen. In Bayern darf dagegen nur bis Z1 eingebaut werden“, erläutert Prügl. Eine höhere Klassifizierung wie Z2 ist in einer zugelassenen Deponie zu entsorgen und dann greift die deutschlandweite Deponieverordnung, was zu einer weiteren Beprobung und einer ganzen Reihe von Untersuchungen führt. „Diese Analytik dauert mindestens eine weitere Woche und kann somit zu einem erneuten Stillstand auf der Baustelle führen“, so Prügl, der zudem darauf hinweist, dass Proben für alle Klassen über Z2 nur aus dem aufgehaldeten Haufwerk und nicht aus dem eingebauten Boden zu entnehmen sind. „Das führt mittlerweile dazu, dass viele Kunden vorsichtshalber gleich alles analysieren lassen, um der Gefahr eines Baustopps zu entgehen.“ Prügl empfiehlt zudem, vorher mit den Deponiebetreibern zu reden, was die Analytik für die Aufnahme alles beinhalten muss. „Es nützt nichts, wenn die LKWs vor der Deponie stehen und die Annahme verweigert wird.“ Greift die Mitteilung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA), so sind ab 1.000 Kubikmeter Boden 56 Proben, verteilt auf 12 Mischproben, zu ziehen. Ist das Material als sehr einheitlich einzustufen, müssen von diesen 12 Mischproben nur drei im Labor untersucht werden. „Auf jeden Fall sollten Sie mit Untersuchungskosten von fast 2 Euro pro Kubikmeter Boden kalkulieren und dies in Ihre Preisgestaltung mit einbeziehen. Noch besser ist es, hier vorab mit dem Bauherren und dem Entsorger Ihres Vertrauens zu sprechen oder gleich einen Bodenmakler hinzuzuziehen, der sich genau um solche Dinge kümmert“, so Prügls Praxistipps.


Im Fokus: Wurzelhighways, Standfestigkeit und Substratideen aus Schweden

12. corthum-Fachseminar 2017 

 Vier Themen, vier Experten und jede Menge Fachwissen zu Baumwurzeln, Standfestigkeit, Baumsubstraten, blühenden Ideen für den urbanen Raum und Erfahrungen aus dem Projekt „Stadtgrün 2021″ bot das 12. corthum Fachseminar in Marxzell bei Pforzheim. Dieser jährliche Termin Mitte Februar ist inzwischen für viele Landschaftsarchitekten und Mitarbeiter aus Grünflächenämtern eine feste Größe, wenn es um aktuelle Fortbildung geht. Über 100 Teilnehmer nahmen jede Menge Anregungen und Innovationen für die Anwendung in der Praxis mit nachhause.

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Wurzeln: meist unsichtbar und deshalb gern vergessen 

Können Wurzeln Wasser suchen? „Nein, sie können es nicht, obwohl es ihnen immer wieder unterstellt wird“, erklärt Dr. Markus Streckenbach, Dipl.-Biologe und Sachverständiger für urbane Vegetation. Wurzeln orientieren sich hauptsächlich nach unten, folgen aber der Fließrichtung des Gieß- oder Niederschlagswassers, so wie die Äste dem Licht folgen. Bereits 0,2 Prozent Schwankung im Feuchtigkeitsgehalt der Bodenluft genügen, damit Wurzeln ihre Richtung ändern. Das Längenwachstum der Wurzel passiert nur an der Spitze, also kurz nach der Wurzelhaube, wo sie noch weich und hochflexibel sind. Sie können sich daher nirgends hineinbohren, wie beispielsweise Rhizome, sondern nur in bereits vorhandene Poren oder Risse hineinwachsen. Die urbanen Bodengegebenheiten sind für Wurzeln in der Regel wenig förderlich, ja eher feindlich. Häufig fehlt es an der nötigen Bodenfeuchte und an der Bodenluft, was nicht selten auf eine zu hohe Bodenverdichtung zurückzuführen ist. Die gängige Praxis bei der Herstellung von Leitungsgräben sieht dann laut Streckenbach häufig wie folgt aus: „Sand rein und verdichten, bis die Rüttelplatte springt.“ Wurzeln schlagen stets den Weg des geringsten Widerstandes ein, deshalb findet man sie gerne unterhalb von Leitungen, da hier keine Verdichtung stattfand. „So werden Leitungstrassen zu echten Wurzelhighways“, erklärt Streckenbach. „Sehr häufig sind zum Schutz der empfindlichen Wurzeln Handschachtungen ausgeschrieben. Wird man dann als Sachverständiger hinzugezogen, sieht man regelmäßig Gräben, die sauberer ausgekratzt sind als jeder Joghurtbecher und die ganz sicher nicht von Hand geschachtet wurden“, so der Sachverständige. Die Baumopfer nach einem Orkan, wo 70 bis 80 Tonnen Windlast auf die Baumkrone drücken, fördern immer wieder Überraschungen zutage: Keine Wurzelausbreitung durch den Blumentopfeffekt, stark gekappte Wurzelsysteme durch unsachgemäße Schachtungen und somit ein Verhältnis von Krone zu Wurzel, das schon lange kein gesundes Gleichgewicht mehr darstellt. 

Die Methode der Schweden

Ein 100 bis 150er Granitschotter dient bei diesen vor Ort gemischten Substraten als sogenannter Skelettboden, in welchen der Feinboden lagenweise eingeschlämmt wird. „Ich habe mir diese Bauweise in Stockholm angesehen. Durch die grobe Körnung wird die Last in den Boden abgetragen und so bleiben die für das Wurzelwachstum wichtigen Hohlräume dauerhaft bestehen. Eine Überverdichtung dieser Substrate, die vegetations- und straßenbautechnischen Ansprüchen zugleich genügen, ist nicht möglich“, erklärt Streckenbach. Die einzelnen Baumstandorte erhalten in diesen durchgehenden Wurzelräumen, die sich unter Gehwegen, Straßen oder Plätzen erstrecken, einen Unterbau aus Betonelementen. Kombinierte Belüftungs- und Bewässerungselemente aus Edelstahl dienen der Versorgung der Wurzeln mit Luft und Wasser. Über dem Substrat liegt ein Geotextil und erst ab dieser Lage beginnt der Wegebau, der keinerlei Einschränkungen unterliegt. Den Wurzeln steht somit der komplette Raum unter den versiegelten innerstädtischen Flächen zur Verfügung. „Da steckt unheimlich viel Know-how im Boden, das von oben nicht erkennbar ist. Daher sind die Abdeckkappen der Einlässe, über die auch Regenwasser in die Pflanzgruben gelangt, mit Blattsilhouetten verziert. Das ist wirklich eine gute Öffentlichkeitsarbeit der verantwortlichen Stellen. Die aufgeklärten Bürger wissen, was sich dahinter verbirgt und werden optisch daran erinnert“, erklärt Streckenbach. Was ihm des Weiteren bei den europäischen Nachbarn gefällt, das sind die kurzen Dreiböcke sowie die Gießsäcke, die das Stadtwappen von Stockholm tragen. Die Schweden arbeiten im Winterdienst zudem mit Kaliumformiat und nicht mit Streusalz. „Das ist zwar in der Anschaffung teurer, schädigt aber die Bäume nicht und reduziert die Unterhaltungskosten somit drastisch, weshalb sich eine Umstellung schnell rechnet“, erläutert der Biologe. Mit Streusalz kontaminierte Böden müssen in der Regel ausgetauscht werden, da viele moderne Standorte ein ausgiebiges Ausschwemmen des Salzes bauartbedingt nicht zulassen. 

In der Diskussion mit den Teilnehmern zeigte sich großes Interesse an der Stockholmer Lösung. Leider darf das Regenwasser in den wenigsten deutschen Städten in die Baumgruben abgeleitet werden, da es zum Spülen der Kanalschächte benötigt wird, so ein Kommentar aus dem Grünflächenamt in Heidelberg. „Hier ist in vielerlei Hinsicht ein dringendes Umdenken erforderlich“, so Johannes Prügl, Moderator dieser Veranstaltung. Seine Idee: Er möchte gerne die Diskussion um eine Bauweise 3 in der FLL beleben und Standards hierfür entwickeln, die beispielsweise den Feinboden auf die regionalen Bedürfnisse der Bäume einstellen und dann den ausschreibenden Stellen zur Verfügung stellen. 

Das Handbuch der schwedischen Kollegen in der deutschen Übersetzung gibt es als kostenloses Download mit allen relevanten Informationen unter: www.urbanevegetation.de/handbuecher

Blütenreiche Ideen für den urbanen Raum 

Stefan Eisenbarth, Leiter der Abteilung Grünflächen und Landschaftspflege bei der Stadt Rheinstetten, gewährt in seinem Vortrag einen bunten Einblick in die aktuellen Pflanzmaßnahmen. „Wir arbeiten in Rheinstetten seit einigen Jahren mit 14 unterschiedlichen Zwiebelmischungen auf über 500 Quadratmetern und haben aufgrund der längeren Gesamtblühdauer damit sehr gute Erfolge“, so Eisenbarth. Die Pflanzdichte beträgt 150 Zwiebeln pro Quadratmeter und diese Zahl bringt den gewünschten farbigen Knalleffekt. „Natürlich kann man auch nur mit 80 Zwiebeln auf den Quadratmeter arbeiten, aber die Farbenpracht ist dann viel abgeschwächter“, so der erfahrene Gärtner. „Wir haben ausgerechnet, dass uns beispielsweise eine Narzissenmischung circa 1,25 Euro pro Jahr kostet, wenn wir von 10 Standjahren ausgehen, was bei Narzissen kein Problem darstellt, da sich diese selbst vermehren. Tulpen sind dagegen nach fünf bis sechs Jahren verschwunden und müssen nachgepflanzt werden. Im Moment fahren wir Versuche mit Wildtulpen, in der Hoffnung, hier ähnlich gute Ergebnisse wie mit den Narzissen zu erzielen“, führt Eisenbarth auf. Das Setzen der Zwiebeln übernimmt eine Pflanzmaschine, die Eisenbarth inklusive Lohnarbeit anmietet. Sie bringt pro Stunde mit zwei Pflügen rund 11.000 Zwiebeln 15 Zentimeter tief in die Erde ein. „Das ist unschlagbar rentabel. Als Vorbereitung müssen die Flächen vorab lediglich gut gewässert sein, da sonst die Grasnarbe zusammenfällt. Auch das Pflanzen mit einer Hangmaschine funktioniert. Hier sollte man allerdings mit etwas Nacharbeit kalkulieren“, verrät Eisenbarth, der immer wieder selbst von der sich ändernden Farboptik in diesen Flächen begeistert ist. „Vor ungefähr acht Jahren haben wir mit Sommerfloransaaten an acht Standorten begonnen. Die Saatdichte beträgt bei uns sechs bis acht Gramm pro Quadratmeter, was eine gute Entwicklung der einzelnen Pflanzen gewährt und 3,50 Euro pro Quadratmeter an Kosten verursacht“, rechnet Eisenbarth vor. Tiefes Fräsen, zwei bis drei Wochen vor der Aussaat, gefolgt von einer oberflächlichen Bearbeitung mit der Motorhacke, ist als Bodenvorbereitung ausreichend. Darüber kommt das Mulchpapier mit einer Schicht intensivem Dachgartensubstrat. Die Aussaat erfolgt zusammen mit Quarzsand, der das Erkennen von Fehlstellen erleichtert. Anwalzen und feucht halten, so lautet dann das weitere Pflegeprogramm. „Wenn die Saat augenscheinlich nicht aufgeht, kann das nicht nur an mangelnder Feuchtigkeit, sondern auch am Appetit der Kaninchen liegen“, berichtet Eisenbarth aus Erfahrung. „Von Juni bis zum ersten Frost garantieren diese Flächen ein buntes fröhliches Treiben. Die Saatgutmischungen sind bei uns im Bürgerbüro erhältlich und unsere Infoveranstaltungen für erfolgreiche Eigenaussaaten erfreuen sich sehr großen Interesses bei den Bürgern und auch bei der Presse“, begeistert sich Eisenbarth. Die Halbwertszeit dieser Mischungen mit so klangvollen Namen wie Opera, Harmonie und Elegance ist allerdings gezählt, denn erfahrungsgemäß nimmt der Unkrautdruck nach fünf Jahren so zu, dass Eisenbarth diese Flächen für zwei bis drei Jahre sich selbst überlässt, bevor er sie erneut für eine Ansaat vorbereitet. Nach dem Abblühen werden die Streifen abgemäht und abgeräumt. Wer der Vogelwelt und den Insekten noch mehr Gutes tun möchte, lässt alles bis zum Februar stehen. Auch mit extensiven Staudenmischungen sammelt Eisenbarth seine Erfahrungen: „Wir verwenden bei der Sanierung nur noch das Staudensubstrat (30 cm Bodenaustausch), denn dieses reduziert unsere Pflegekosten erheblich. Eine Kombination mit Geophyten ist ideal, denn das verfrüht den Blühzeitpunkt und das abtrocknende Laub der Zwiebeln wird von den Stauden überdeckt“, so Eisenbarth, der sich immer wieder gerne mit der Rheinstettener Blütenpracht an Wettbewerben, wie beispielsweise bei „Mehr Natur im Siedlungsgrün“ vom NABU Baden-Württemberg, erfolgreich beteiligt hat. 

Wenn Bäume stürzen

Wie standfest ist der Baum noch? Diese eigentlich alles entscheidende Frage zu klären, ist nicht einfach, da vor allem der für diese Abschätzung notwendige Zustand der Wurzeln nicht einsehbar ist. Forstassessor Mark Pommnitz, geschäftsführender Gesellschafter des Sachverständigenbüros Leitsch in Nauheim, berichtet in seinem Vortrag sehr eindrücklich über die tatsächlichen Möglichkeiten der Beurteilung. Manches bleibt Wahrsagerei und die kann sehr teuer und gefährlich werden. Dabei steht immer ein strenges Abwägen zwischen der Bewahrung von Stadtgrün und der Vermeidung von Personen- und Sachschäden im Mittelpunkt. 

„Die Beschädigung wichtiger Wurzeln oder der Entzug von Sauerstoff durch zu starke Verdichtungsmaßnahmen bei Arbeiten im Wurzelradius von Stadtbäumen sind häufig die Verursacher „plötzlicher“ Baumstürze“, erklärt Pommnitz. Viel zu selten werden solche Baumaßnahmen von dendrologischen Sachverständigen begleitet und in der Regel gibt es auch keine aussagekräftige Fotodokumentation von der Baumaßnahme. „Doch genau das wäre später sehr hilfreich bei der Beurteilung der Standfestigkeit“, so Pommnitz. Dem Baumschutz in der Stadt muss eine viel höhere Bedeutung zugemessen werden. Die Aufklärung der Mitarbeiter in den Tief- und Straßenbauämtern, aber auch in den ausführenden Firmen wäre mehr als wichtig, um endlich für das wertvolle Stadtgrün zu sensibilisieren. Damit einhergehend sind solche Baumaßnahmen entsprechend mit Saugbagger sowie der fachlichen Begleitung durch einen Baumsachverständigen auszuschreiben – so der Wunsch und leider nicht die Praxis. Die DIN 18920 regelt klar, dass es verboten ist, im Bereich von 1,5 Metern unter der Krone nach allen Seiten Boden abzutragen. Nur ausnahmsweise kann der Abstand verringert werden. Kommt es aufgrund von solchen Eingriffen zu einem Versagen des Baumes, so haftet der Verursacher. Dies gilt auch bei der Ausführung durch Privatfirmen, so die Kommune fehlerhaft ausgeschrieben hat. Ist ein Baumsturz auf das Versagen von Baumschutzmaßnahmen in der Vergangenheit zurückzuführen, haftet die Kommune ebenfalls. Das folgt unter anderem aus einem Urteil des Oberlandesgerichtes in Düsseldorf (2007). Größte Sorgfalt bei Erdarbeiten im Bereich von Stadtbäumen ist somit angesagt, denn als Baumeigner ist die Kommune immer in der Verkehrssicherungspflicht. „Bei Kanalsanierungen hatten die Arbeiter nach eigenen Angaben keine Baumwurzeln gefunden, die sie hätten schützen können. Das regte aber leider nicht zum Nachdenken an. Auf die Idee, dass diese wohl schon bei vorhergehenden Arbeiten gekappt wurden, kam niemand“, zitiert Pommnitz einen veröffentlichten Gerichtsfall, in welchem Haftungsansprüche auch Jahre nach der Baumaßnahme zugesprochen wurden. Allein durch die Betrachtung des oberirdischen Zustandes eines Baumes eine Aussage über seine tatsächliche Standfestigkeit zu machen, ist fahrlässig“, so sieht es jedenfalls der Fachmann. „Auch Baumkontrolleure haben keinen Röntgenblick für den Wurzelraum“, bedauert der Forstassessor. Oft werden die Schädigungen durch Boden- und Baugrundverdichtungen, verletzte oder gekappte Wurzeln, Bodenbewegungen und vieles mehr erst nach Jahren am Baum selbst erkennbar. Sind Beschädigungen am Stammfuß oder Wurzelanlauf wie beispielsweise Höhlungen, Pilzbefall, Rindenschäden, Risse, Stockaustriebe oder Wuchsanomalien sichtbar, wird jeder Baumsachverständige sofort „hellhörig“. Auch Bodenaufwölbungen oder Bodenrisse sind meist eindeutige Zeichen, dass hier nicht alles in Ordnung ist. Kommen dann noch Veränderungen im Baumumfeld durch Baumaßnahmen hinzu, ist äußerste Vorsicht geboten. “Wir Sachverständige gehen wirklich mit offenen Sinnen an die Gutachten heran, doch rein visuelle Kontrollen können naturgemäß Schäden im Wurzelbereich nicht bewerten“, erläutert Pommnitz. Weitergehende Untersuchungen wie der Zugversuch, der die Stand- und Bruchsicherheit bewertet, ist das einzige Verfahren, um die Standsicherheit abzuschätzen. „Das ist allerdings bei einem Preis von rund 800,00 Euro netto kein Massenuntersuchungsverfahren. Oft ist es auch nicht mit einer Einzeluntersuchung getan. Niemand weiß, mit welcher Geschwindigkeit sich welcher Pilz in welchem Baum entwickelt, so er sich Eintritt durch Wurzelschädigungen verschafft hat.“ Pommnitz plädiert für die Aufklärung der zuständigen Mitarbeiter bei den Kommunen über die Folgekosten und betriebswirtschaftlichen Konsequenzen entsprechender Eingriffe. Dafür muss man auch mal ein weißes Hemd anziehen und gut aufgearbeitete Kalkulationen präsentieren. „Erst durch dieses Auftreten gewinnt man die Aufmerksamkeit dieser Personen. Und wenn man dann beim Vorrechnen der Kalkulation, angefangen bei der standortgerechten Baumauswahl und der notwendigen Jungbaumpflege, bei den teuren Sondermaßnahmen in Form laufender Kontrollen oder Schnittmaßnahmen als Zusatzkosten angelangt ist, hat man spätestens die volle Aufmerksamkeit.“ Bäume bereits im Alter von 30 Jahren zu verlieren, ist ein Armutszeugnis. „Bei einer fachlichen Baubegleitung gibt es in 95 Prozent der Fälle eine technische Lösung, wie beispielsweise ein Punktfundament, damit der Baum bleiben kann und in seiner Existenz nicht gefährdet wird“, so Pommnitz Erfahrungen, der größten Wert darauf legt, den betriebswirtschaftlichen Faktor einer dendrologischen Baubegleitung aufzuzeigen. Der effektivste Schutz von Bäumen erfolgt bereits in der Planung. „Das Grünflächenamt in Frankfurt scheut sich mittlerweile nicht mehr, von Investoren eine Kaution für den Fortbestand der von der Baumaßnahme betroffenen Bäume über einen zehnjährigen Zeitraum zu fordern“, erzählt Pommnitz, für den diese Art von Maßnahmen den Weg der Zukunft anzeigen. 

FLL-Baumsubstrate: Befreiungsschlag für die Wurzeln? 

Bäume aus der Baumschule haben meist schon Standorte in verschiedensten Böden erlebt. Das Beschneiden ihrer Wurzelsysteme, was in der Regel beim Verschulen und späteren Ballieren passiert, zieht laut Josef V. Herrmann, Agrarbiologe und Leiter des Fachzentrums Analytik an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim, tiefreichende Veränderungen der Wurzelstrukturen nach sich. Ballenware besitzt eine völlig andere Wurzelarchitektur als die in der Natur gewachsenen Vertreter ihrer Art. „Ist man als „Ballenarchäologe“ unterwegs, findet man die merkwürdigsten Gebilde, die unter dem Namen Wurzelballen laufen“, erklärt Herrmann. Deformierte Wurzeln, wie beispielsweise Zirkularwurzeln, die bei zu langen Standzeiten im Container auftreten, sind kaum mehr in der Lage, weitstreichende Wurzelsysteme zu entwickeln, um sich die Baumgrube zu erschließen. „Dies muss man einfach wissen“, so Herrmann. 

Alle drei FLL-Baumsubstrate, die im laufenden Projekt „Stadtgrün 2021″ zum Einsatz kamen, zeigen eine sehr gute Durchwurzelungsintensität. Bislang standen bei den Baumsubstraten die Einflüsse der mineralischen und organischen Komponenten auf die Nährstoffgehalte, die Nährstoffdynamik und die Baumernährung hinter den physikalischen Eigenschaften zurück, weshalb die momentan laufenden Untersuchungen im Projekt „Stadtgrün 2021″ eine besondere Bedeutung haben. Baumsubstrate stellen den Baum immer vor eine neue Situation: Sie sind keine natürlich gewachsenen Böden und sie verhalten sich deshalb auch anders. Die zuverlässige Analyse ihrer organischen Masse ist recht kompliziert, denn die gängigen Verfahren sind auf natürliche Böden und gärtnerische Kultursubstrate mit sehr hohe Anteilen an organischen Stoffen ausgerichtet. Im Jahr 2014 wurden alle Bäume des Projektes „Stadtgrün 2021″ an allen Standorten mit Hornmehl gedüngt. Obwohl sich die Nährstoffgehalte, insbesondere die Stickstoffgehalte in den Substraten, aus dem Blickwinkel der gärtnerischen Praxis auf einem geringen bis sehr geringen Niveau bewegten, wuchsen die Bäume baumartspezifisch gut bis sehr gut und zeigten keinerlei Mangelsymptome. Auch im Vergleich der Blattanalysen der gedüngten und nicht gedüngten Bäume konnten keine substanziellen Effekte nachgewiesen werden. „Aus diesen Werten ist allerdings keine Empfehlung für die Düngung von Bäumen ableitbar“, bedauert Herrmann. Überhaupt sei ihm klar geworden, wie wenig tatsächliches Wissen man über den Ernährungskreislauf von Bäumen habe und wie begrenzt die derzeitigen Analyseverfahren die vielfältigen Beziehungen zwischen den Substratkomponenten, den Bodenorganismen (Rhizosphäre) und den Baumwurzeln in Bezug auf die Baumernährung abbilden. Wurzelexsudate füttern die Mikroorganismen in der Rhizosphäre, die sich wiederum mit Nährstoffkomplexen und weiteren Wirkstoffen beim Baum revanchieren. Viel zu wenig erforscht ist zudem der Eintrag von Stickstoff über das Regenwasser. Können Bäume Nitrat und Ammonium aus der Luft und dem Niederschlagswasser aufnehmen? „Im Prinzip nein, aber manchen Arten scheint es dennoch möglich“, so Herrmann. Ebenso gibt es Bäume, wie beispielsweise die Pappel, die sich über Stickstoff bindende Mikroorganismen in der Sprossachse den Luftstickstoff verfügbar machen. Bei anderen Arten wurden Luftstickstoff bindende Bakterien auf der Blattoberfläche nachgewiesen. Was hier wirklich im Detail abläuft, auch aufgrund der beispielsweise 30 bis 40 verschiedenen Mykorrhiza-Pilzpartner, die die Pflanzen zum Teil bereits aus der Baumschule mitbringen, analysiert keines der im Moment zur Verfügung stehenden chemischen Verfahren. Doch das alles gehört zur Baumernährung. Herrmann ist eher dafür zu gewinnen, einen jungen Baum nicht an die „Dünger-Infusion“ zu hängen. Der von ihm angeführte Grund: „Große Zuwächse an der Krone benötigen auch ein ausbalanciertes Wurzelwachstum und das ist bei Straßenbäumen und ihrem Umfeld in diesem Maße selten möglich. Dennoch wurde der Aspekt des Humus in den Baumsubstraten auch aus meiner Sicht viel zu lange vernachlässigt“, so der Analytiker. „Viele Substrathersteller sind deshalb auf der Suche nach neuen Humusstoffen, wie beispielsweise „Biokohle“. Doch ist der hohe Anteil an Kohlenstoff auch tatsächlich pflanzenverfügbar? „Wir müssen das Fenster weiter aufmachen, da wartet noch extrem viel Wissen auf uns“, ist sich der Agrarbiologe sicher, der an dieser Stelle gerne Moshe Feldenkrais zitiert: „Erst wenn Sie wissen was Sie tun, können Sie tun, was Sie wollen“. Die Diskussionen, die von Johannes Prügl, Bodeninstitut Prügl in Au in der Hallertau, kompetent moderiert wurden, zeigten, wie viel Interesse an diesen Themen in den Kommunen, aber auch bei den Landschaftsarchitekten besteht. „Das ist für mich der Antrieb, dieses Seminar weiterhin anzubieten, denn für uns ist es wichtig, unsere Kunden mit höchster Fachkompetenz und neuen Entwicklungen aus der Praxis, aber auch aus der Wissenschaft zu informieren“, freut sich Uwe Schönthaler, corthum-Geschäftsführer. 

Bildunterschriften: 

Wurzeln, Abbildung 1: 

Die Wurzeln dieser jungen Pappel wuchsen zunächst nach unten, folgten dann jedochdem horizontal verlaufenden Wasserstrom. Foto: M. Streckenbach.

Abbildung 2:

Das einwachsen von Wurzeln in Rohrverbindungen funktioniert nur, weil die Rohrverbindungen die Möglichkeiten dazu bieten. Foto: M. Streckenbach.

Abbildung 2, alternativ:

Beim Einwachsen in Rohrverbindungen werden Wurzeln dünn wie ein Blatt Papier und in den Leitungen dann wieder drehrund. Foto: M. Streckenbach.

Abbildung 3:

Hoch verdichtet, nährstoffarm, versiegelt und staubtrocken -ein typischer Boden im Gehwegbereich, der den meisten Straßenbäumen als Lebensgrundlage dienen soll. Foto: M. Streckenbach.

Abbildung 4:12 

„Saubere Arbeit“: Obwohl der Schutzabstand zum Baum deutlich unterschritten ist, wurde absolut jede statisch relevante Wurzel entfernt. Foto: M. Streckenbach.

Abbildung 5:

Dieser groß gewachsene Silber-Ahorn konnte einem Orkan nicht standhalten. Ein Blick auf den herausgehobenen Wurzelballen lässt erahnen, dass dieser Baum in der Hauptsache durch sein Eigengewicht gehalten wurde. Foto: M. Streckenbach.

Abbildung 6:

Pflanzgrubenbauweise in der Stadt Stockholm. Im Vordergrund ist das Stützkorn und die darauf liegende Schotterschicht zu erkennen. Im Hintergrund die Baumstandorte mit den Betonfundamenten. Foto: Ö. Stål.

Abbildung 8a:

Das Ausgangsmaterial für die Pflanzgruben in der Stadt Stockholm bildet ein Granitbruch mit einer Körnung von 100-150mm. Foto: Ö. Stål.

Abbildung 8:

Ein baumbestandener Radweg in der Stadt Stockholm wird saniert. Zunächst erfolgt ein Aushub des alten Substrates, danach wird das Stützkorn und der Feinboden eingebracht. Foto: Ö. Stål.

Abbildung 8b:

Auf den so hergerichteten Wurzelraum wird eine Lage Schotter aufgetragen und dieser anschließend planiert. Die Baumstandorte (links im Bild) erhalten keine Unterkonstruktion. Foto: Ö. Stål.

8c: 

Den Abschluss bildet eine Juteauflage, die mit einer wassergebundenen Wegedecke für den hier verlaufenden Radweg abgedeckt wird. Foto: Ö. Stål.13 

8d: Die Anlage nach der Fertigstellung. Die hier gepflanzten Linden werden halbhoch mit einem klassischen Dreibock angebunden und in den ersten drei Jahren über Gießsäcke bewässert. Foto: Ö. Stål.

Abbildung 9:

Der Überbau dieser Baumscheibe ist gestalterisch womöglich wertvoll, der Pflege des Wurzelraumes jedoch abträglich. Ein durchdringendes Spülen des hochgradig salzbelasteten Pflanzsubstrates ist hier ausgeschlossen. Foto: M. Streckenbach.

Abbildung 10:

Während der ursprüngliche Wert des umgebenden Stadtmobiliars mit der Zeit abnimmt, wächst jener des hier gepflanzten Tulpenbaumes in den kommenden Jahrzehnten um ein vielfaches an. Die Ausgaben in die Platzgestaltung schlagen einzig negativ zu Buche. Die Investitionen in den Wurzelraum einer Baumpflanzung amortisieren sich dagegen rasch. Foto: M. Streckenbach.


Mögliches Zusammenspiel von Klima, Nützlingen und Pflanzen im urbanen Bereich

11. corthum-Fachseminar 2016

Vier Fachvorträge, viermal geballtes Expertenwissen zu Themen wie dem regionalen Klimawandel, dem Einsatz von Nützlingen im öffentlichen Grün, der Etablierung innovativer Staudenmischpflanzungen sowie Aspekten aus der aktuellen FLL-Empfehlung für Baumpflanzungen Teil 1, waren Inhalte des 11. corthum-Fachseminars in Marxzell Ende Februar 2016. Fast 100 kommunale Entscheidungsträger und Landschaftsarchitekten, für die das Seminar zudem von der Architektenkammer Baden-Württemberg als Fortbildung anerkannt wird, nutzten diese Chance für ein praxisnahes Wissens-Update. 

Uwe Schönthaler, corthum-Geschäftsführer, freut sich, dass es dank einer Kooperation mittlerweile möglich geworden ist, die bekannten corthum-Substratmischungen in ganz Bayern zu interessanten Preisen anzubieten. Bernhard Maurath, langjähriger und sehr geschätzter Außendienstmitarbeiter der corthum Nordschwarzwald GmbH, wurde von Schönthaler in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet. Klaus Dobczynski, GaLaBau-Unternehmer und stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Verbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg e.V., wies in seinen Grußworten auf die ständige Innovation von corthum im Produktbereich hin und verglich diese erfolgreiche Geschäftsstrategie mit der Kunst des Fahrradfahrens: „Entweder man bleibt in Bewegung oder man fällt um und Uwe Schönthaler bewegt sich mit seinen Erden und Substraten auf dem Markt seit Jahren konstant nach vorne“, so Dobczynski.

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Düngung und Wässern von Stadtbäumen 

Im Juni 2015 sind sie endlich erschienen, die neuen FLL-Empfehlungen für Baumpflanzungen, Teil 1. „Eigentlich waren die Arbeiten hierfür schon im Jahr 2012 abgeschlossen, doch die 271 Einsprüche und drei Einspruchssitzungen zeigten, dass es sich hier um ein durchaus interessantes Regelwerk für die Branche handelt“, erläuterte Professor Dr. Stephan Roth-Kleyer, der an der Hochschule Geisenheim University Vegetationstechnik in der gesamten Breite im Studiengang Landschaftsarchitektur lehrt. Das große Ziel, die ZTV Vegtra-Mü in dieses Regelwerk einzubinden, ist dabei leider nicht gelungen, was Roth-Kleyer sehr bedauert. Die durchschnittliche Lebenserwartung eines Baumes in der Stadt beträgt laut dem deutschen Städtetag circa 30 Jahre, das ist nicht besonders lang. Durch zusätzlichen Wurzelraum und grobkörnige Baumsubstrate, die trotz der zu erwartenden oder auch notwendigen Verdichtung genügend Luft und Wasser vorhalten, gelingt es, diesen nach DIN 18916 nur 12 Kubikmeter großen und unnatürlichen Lebensraum zu verbessern. „Werden Sie als Planer und Landschaftsgärtner bitte sehr kompromisslos in Sachen Baum, sagen Sie lieber ein deutliches „Nein“, wenn der Tiefbau anfängt, für seine Belange zu verhandeln, für den Baum nicht mehr hinreichend Wurzelraum bleibt und dies nicht zuletzt aus Gewährleistungsgründen“, so Roth-Kleyer. Gegen den Kapillarbruch, der gerne bei lehmigen Ballen eintritt, aber auch zwischen Baumgrubenwand, Baumgrubensohle und Substrat auftritt, hilft nur das Verzahnen. Ringelwurzeln von Containerpflanzen gehören aufgeschnitten, um den sogenannten Blumentopfeffekt zu verhindern. „So tief wie der Baum in der Baumschule gestanden hat, muss er auch wieder gepflanzt werden. Die FLL empfiehlt sogar 10 Zentimeter höher wegen der zu erwartenden Sackung und auch, um hierdurch Fehler, wie beispielsweise das Mulchen mit Kies oder anderen Materialien, abzumildern“, erklärt der Experte. Gießränder befinden sich laut Roth-Kleyer häufig viel zu weit außen, so dass das Wasser komplett am Ballen vorbeifließt. Ein Gießrand, der seine Funktion erfüllt, ist so eng wie der Ballen breit ist. „Schiebt man dann am Ende der Entwicklungspflege den Gießrand Richtung Baum, sitzt dieser wieder viel zu tief“, gibt Roth-Kleyer zu bedenken, der aus diesem Grund Kunststoffränder bevorzugt. Für eine artgerechte Pflanzenentwicklung empfiehlt der Professor dringend die Düngung dieser Baumstandorte. Hierfür ist eine gezielte Nährstoffuntersuchung notwendig, wie sie zum Beispiel an den Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalten im Land durchgeführt wird. Moderne Baumsubstrate enthalten nur geringe Mengen an Ton-Humuskomplexen und stellen somit kaum Nährstoffe zur Verfügung. Die Empfehlungen einschlägiger Regelwerke zum Thema Düngung sind, so überhaupt vorhanden, sehr allgemein gehalten und helfen im Anwendungsfall nicht wirklich weiter. Für die Anfangsentwicklung wird die Startdüngung in die Verfüllung des Pflanzloches eingearbeitet. Weitere Düngemaßnahmen hängen vom vorhandenen Nährstoffgehalt ab und sind auf den Standort und die Pflanze abzustimmen. „Werden zu kleine Blätter oder auch chlorotisches Blattwerk beobachtet, ist immer zu bedenken, dass dies auch durch Schadinsekten, Pflanzenkrankheiten oder Trockenheit ausgelöst werden kann“, gibt Roth-Kleyer zu bedenken. Er selbst empfiehlt gecoatete Dünger, die ihre Nährstoffe über einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten abgeben. Die FLL-Düngemitteldatenbank ermöglicht hierfür einen nahezu vollständigen Überblick über einsetzbare Dünger und Aufwandmengen und liefert damit sehr anwendungsorientierte Grunddaten. Die ausgebrachte Menge ist immer auf den Stickstoffgehalt zu beziehen, kaliumbetonte Dünger fördern zudem das Festigungsgewebe. Für das Düngen auf versiegelten Flächen empfiehlt sich die Flüssigdüngung im Frühjahr über die Baumscheibe oder mittels Düngelanzen. Die Nährstoffgaben orientieren sich dabei am Stammumfang. Neben der Nahrung ist das Wasser ein weiterer begrenzender Wuchsfaktor. Immer häufiger glänzt das Frühjahr mit wochenlanger Trockenheit, was zu viel früheren Gießzyklen führen muss. Für einen Großbaum werden im ersten Jahr bis zu 20 Bewässerungsgänge, im zweiten Jahr bis zu 15 und im dritten und vierten Jahr bis zu 10 empfohlen. Hier gibt Roth-Kleyer schmunzelnd zu bedenken, dass die ZTV-Großbaum bereits Bäume mit einem Durchmesser von knapp 10 Zentimeter als Großbäume bezeichnet. Die von Roth-Kleyer errechneten Aufwandsmengen richten sich nach dem Stammumfang und liegen beispielsweise bei 30 bis 50 Zentimetern in der Regel bei 200 bis 300 Liter, bei extrem trockener Wetterlage bei bis zu 500 Litern. Abgerechnet werden die tatsächlich ausgeführten Arbeiten. Bei Neupflanzungen ist von April bis September zweimal im Monat durchdringend zu wässern, und zwar unabhängig von der Niederschlagsmenge. „Hierfür ist eine gute Bauüberwachung notwendig“, lautet der Expertentipp. Weder die Düngung noch das Wässern sollten laut Roth-Kleyer nach zwei bis drei Jahren eingestellt werden. Wünschenswert fände er, wenn die ersten sieben bis acht Jahre durchgängig und nach Bedarf gedüngt und gewässert wird. 

Ziemlich nützlich 

„Nutzarthropoden als Gegenspieler von Schadorganismen haben zwei sehr große Vorteile aufzuweisen: Sie sind nicht genehmigungspflichtig und besitzen eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung“, erklärte Jochen Veser, Pflanzenschutzexperte aus Korntal-Münchingen, zu Beginn seines Vortrages über den Einsatz von Nützlingen im öffentlichen und privaten Grün. Eine Resistenzentwicklung der Schädlinge ist zudem ausgeschlossen, allerdings benötigt man als Anwender viel Detailwissen über den Schädling und seinen Gegenspieler und auch die Kosten sind oft deutlich höher als beim konventionellen Pflanzenschutz. Dafür entfallen die Kennzeichnungs- und Absperrauflagen mit Warnschildern, wie sie beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf Flächen für die Allgemeinheit zunehmend vorgeschrieben sind. Der Einsatz von Nematoden ist somit viel unauffälliger möglich als das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln. Als sehr nützlich, sind Spinnen, Raubmilben, Hundertfüßler, Libellen und Ohrwürmer zu betrachten und sie kommen ganz natürlich vor. Sie trachten Blattläusen und anderen fliegenden Insekten, Insekteneiern, Spinnmilben und Bodenschädlingen konsequent nach dem Leben. Ihr Dasein lässt sich durch vielfältige Versteck- und Überwinterungsmöglichkeiten wie Bodenstreu, Rinden- und Mauerritzen forcieren. Insektenhotels sind auch im öffentlichen Grün einsetzbar und bei der Bevölkerung willkommen. Um Raubthripse von Schadthripsen zu unterscheiden, ist ein sehr genaues Hinsehen und Beobachten notwendig. Sie gehören zusammen mit Raubwanzen, Florfliegen, Laufkäfern und Weichkäfern ebenso zu den natürlich vorkommenden Nützlingen und diese Liste lässt sich durch echte Schlupfwespen, Brackwespen, Zehrwespen, Erzwespen, Faltenwespen, wie die Hornisse, Schwebfliegen und räuberische Gallmücken, noch erweitern. Einige von ihnen benötigen blühende Pflanzen als Nahrungsquelle im adulten Stadium. Ameisen verhalten sich ambivalent, sie verteidigen gerne ihre Blattlauskolonien; zu ihren Beutetieren gehören aber auch Raupen aller Art. Zu den größeren Nützlingen zählen Eidechsen, Kröten, Singvögel, Igel, Maulwurf, Fledermäuse und Greifvögel. Alle zusammen sorgen für die Dezimierung verschiedenster Schädlinge und halten diese Populationen im günstigsten Fall auf einem pflanzenverträglichen Maß. Einer der bekanntesten Nützlinge ist sicherlich der Siebenpunktmarienkäfer, der sowohl als Larve als auch als Käfer äußerst gefräßig ist und bis zu 150 Blattläuse pro Tag vertilgt. Der Asiatische Marienkäfer kam über den Unterglasanbau zu uns ins Freiland und hat sich mittlerweile als weiterer gefräßiger Kollege etabliert. Florfliegen sind sogar in der Lage, die Gänge von Miniermottenraupen zu öffnen, um diese zu erbeuten. Der Larvenschlupf erfolgt wenige Tage nach der Eiablage und die gesamte Entwicklungsgeschwindigkeit einer Florfliegenpopulation ist abhängig von Witterung und Nahrungsangebot. Die Larven mancher Schwebfliegenart sehen madenartig und schleimig aus, fast wie kleine Schnecken, sind jedoch in der Lage, ganze Blattlauskolonien innerhalb kürzester Zeit zu vernichten. Um sich diese Helfer zu erhalten oder aber bei einem hohen Schädlingsbefall einzukaufen, ist es wichtig, alle Entwicklungsstadien genau zu kennen und das Futter für die räuberischen Stadien zu schonen. „Der Einsatz von Nematoden gegen den Dickmaulrüssler ist auch wirtschaftlich interessant, da es diese Nützlinge bereits für 20,00 bis 30,00 € pro 100 Quadratmeter relativ günstig zu erwerben gibt“, erläutert Veser. „Die Bekämpfung richtet sich allerdings nur gegen das Larvenstadium, welches von August bis Mai aktiv ist. Da die Nemathoden eine Bodentemperatur zwischen 8° Celsius und 14° Celsius benötigen, liegt der richtige Bekämpfungszeitpunkt im Spätsommer und Herbst“, erklärt der Experte. Die Ausbringung kann mit der Gießkanne oder Rückenspritze erfolgen. Auch gegen den Eichenprozessionsspinner helfen Nematoden. Die Schwierigkeit liegt hier in der Platzierung inmitten der Baumkronen, weshalb die Ausbringung am besten über Sprühkanonen erfolgt. Ein Quellmittel schützt die Nematoden, die gegen die Raupen des Buchsbaumzünslers vorrücken, bis zu drei Stunden vor dem Austrocknen. In dieser Zeit muss die Parasitierung erfolgt sein. Spät abends oder nachts, ausgebracht mit einer Rückenspritze und anständig, aber zur Schonung der Nematoden mit nicht zu hohem Druck, erfolgt die Applikation laut Veser am erfolgreichsten. „Leider sind die Kosten hier relativ hoch, da die Aufwandsmenge anhand der Oberfläche berechnet werden muss“, ergänzt er. Sogar die Platanennetzwanze wird mittlerweile in Frankreich mit einer Kombination aus Nematoden und Florfliegenlarven bekämpft, wusste der Experte zu berichten. Weitere Hilfe schickt die Natur selbst, denn sie passt sich mit der Zeit an: Inzwischen haben Meisen, Stare und auch Eidechsen die Raupen des Buchsbaumzünslers als Nahrungsquelle entdeckt. 

Regionale Auswirkungen des Klimawandels 

Dr. Hans Schipper, Leiter des Süddeutschen Klimabüros am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), referierte über regionale Klimamodelle, die eine Datengrundlage für zukünftige Anpassungsmaßnahmen in verschiedenen Handlungsfeldern wie Wasserwirtschaft, Landwirtschaft und Gartenbau bieten. Eines der Ziel des KIlimabüros ist es, das Bewusstsein für den Klimawandel zu fördern. Dafür werden Wissenschaften gekoppelt und der Bevölkerung konkret aufgezeigt, was wahr und was falsch ist von der Fülle an Informationen, die kursieren. 2015 war das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen und auch der Januar 2016 brachte einen neuen Rekord, als weltweit wärmster Januar seit Beginn der Messungen. 36 Milliarden Tonnen Treibhausgase werden aktuell weltweit ausgestoßen. Diese stetige Aufwärtsbewegung besitzt nur einen Knick, und zwar zur Zeit der Wirtschaftskrise. „Für mich ist das einer der Beweise, dass der Klimawandel von uns Menschen gemacht ist“, erläutert Schipper. „Wir drehen gerade an der Zusammensetzung der Atmosphäre und verstärken hierdurch den Treibhauseffekt, der als natürlicher und somit ursprünglicher Treibhauseffekt einfach dafür sorgt, dass die Wärme überhaupt auf der Erde bleibt“, erklärte der Meteorologe. Global ist die Temperatur im Vergleich zum Anfang des letzten Jahrhunderts um 1 Grad Celsius gestiegen. Je weiter man allerdings diese Zahl auf einzelne Regionen herunterbricht, desto mehr schwanken die Aufzeichnungen. Eine spannende Beobachtung gibt es beispielsweise für den Winter 2009/2010. „Obwohl das Jahr insgesamt zu warm war, ist die Rede von einem harten kalten Winter. Das liegt wahrscheinlich daran, dass es vor allem in Europa und an der Ostküste der USA sehr kalt war, und dort leben nun mal die „wichtigsten“ Menschen“, interpretierte Schipper. Mittlerweile ist es recht gut möglich, komplexe Klimamodelle zu erstellen, doch das Herunterbrechen auf einzelne Regionen gestaltet sich als schwierig, denn Klima ist eben kein Wetter. Dass es mehr Extremwetterlagen mit Gewitter, Sturm, Hagel und Starkregen in Baden-Württemberg geben wird, ist für Schipper unumstritten, aber niemand kann für die Zukunft sagen, wo und wann genau diese Ereignisse auftreten werden. Für Deutschland ist mit einer Änderung des Sturmklimas im Norden, mit starker Erwärmung im Süd-Westen, mit rückläufigen Niederschlägen im Nord-Osten und mit einer Änderung der Vegetationszone im Bergland zu rechnen. In Baden-Württemberg rechnet Schipper mit wärmeren Sommern und milderen Wintern, ebenso mit einer Abnahme der Niederschläge im Sommer und dafür mit einer Zunahme im Winter. Auch mehr Hochwasserereignisse in den Wintermonaten wird es vermutlich geben. Häufigeren Starkregen gibt es im Sommer und hier wird sich auch das Gewitter- und Hagelpotential erhöhen. Weniger Schnee, mehr Sommer- und Hitzetage und eine Abnahme der Frost- und Eistage, das ist ebenso zu erwarten. Während die Obstbauern in Baden-Württemberg mit Spätfrösten durch einen früheren Beginn der Vegetationsperiode kämpfen, ist die Brutpflege der Singvögel schon im zeitigen Frühling in vollem Gange, was dann dem zu spät aus Afrika angereisten Kuckuck großes Kopfzerbrechen bereitet, da hierdurch die Synchronisation der Brutgeschäfte durch den Klimawandel nicht mehr funktioniert. Der Weinbau könnte durch neue Sorten profitieren, aber dafür wird es eventuell zu mehr Pflanzenschäden durch Dürre und Sonnenbrand kommen. Die Bedeutung großer Grünflächen in Städten steigt, nicht nur zur Kühlung, sondern auch als Luftfilter. Psychologisch gesehen hätte es sicherlich einen großen Einfluss, wenn sich Deutschland klimakonform verhalten würde, meteorologisch gesehen hätte es wegen des globalen Umfangs des Problems leider nur geringe Auswirkungen. Es bringt nur effektiv etwas, wenn alle mitmachen. Letztendlich hat der Klimawandel direkte Auswirkungen auf die Ökosysteme, somit auf die Wirtschaft und damit auch auf die Gesellschaft. Die ärmere Bevölkerung bezahlt im schlimmsten Fall mit ihrem Leben, die Reichen mit ökonomischen Verlusten. Wirklich helfen kann nur ein Bewusstseinswandel. 

Staudenmischpflanzungen: pflegereduzierte Erlebnisqualität 

„Die Idee der Staudenmischpflanzungen ist mit circa 20 Jahren noch recht jung. Für stressbetonte trockene Pflanzbereiche im urbanen Grün gibt es inzwischen geprüfte Rezepturen mit einer Art Verwendungssicherheit“, erklärte Referent Professor Dipl.-Ing. Cassian Schmidt. Um dies zu gewährleisten, werden die Mischungen fünf Jahre in Ästhetik und Funktion an verschiedenen Standorten in Deutschland und in der Schweiz beobachtet, bewertet und optimiert. Mittlerweile stehen 34 Mischungen für verschiedene Lebensbereiche zur Verfügung und die Vorbilder stammen direkt aus der Natur. „Die Struktur, das gewünschte Höhenrelief, das Verteilungsmuster und auch das Farbkonzept sind die Aspekte, die es für jede Mischung neu zu bedenken gilt“, erläuterte Schmidt, der als Leiter des Hermannshofes in Weinheim an vielen Konzeptionen mitgewirkt hat. So gibt es für jede Zusammenstellung eine sogenannte Matrix mit bestimmten Wiederholungen, die in ihrer Optik sehr häufig dem typischen Wiesencharakter entspricht. „Unsere heimische Flora ist sehr frühsommerbetont, was zu einem Sommerloch in der Blüte führt“, erklärt Schmidt. Die gewünschte bunte Vielfalt bringen an trockene Standorte angepasste Präriepflanzen, die relativ spät austreiben, dafür aber mit ihrem Blütenreichtum bis in den Herbst begeistern. „Gute Mischungen bestehen aus 5 – 10 Prozent Gerüststauden, 30 – 40 Prozent Begleitstauden und bis zu 50 Prozent bodendeckenden Stauden“, erklärt der Experte. Aufgefüllt werden kann mit sogenannten Füllstauden, kurzlebigen Vagabunden, die in den ersten Jahren dem schnellen Flächenschluss dienen, langfristig aber wieder verschwinden. Geophyten bringen vor allem im Frühjahr mit 20 bis 50 Zwiebeln pro Quadratmeter ordentlich Farbe ins Spiel. „Beim Auslegen der Mischungen wird mit den Gerüststauden begonnen, dann kommen die Begleitstauden und am Ende die Bodendecker. Dabei ist die Verteilung auf der Fläche zufällig, es gibt keine unterschiedlichen Pflanzabstände und am Ende müssen sechs bis neun Pflanzen auf dem Quadratmeter liegen“, so Schmidt. Erst wenn alles ausgelegt ist, wird gepflanzt. Hinter diesen Mischungen steht immer ein selbstregulierendes dynamisches Konzept, was bedeutet, die Mitarbeiter müssen die Sämlinge erkennen und schonen. „Ich zeichne die für die Pflege verwendeten Arbeitszeiten seit 15 Jahren auf und die Ein-Euro-Fläche in punkto Pflegeaufwand gibt es definitiv nicht“, weiß Schmidt, der bei stressbetonten Mischpflanzungen im Durchschnitt mit fünf Minuten pro Quadratmeter und Jahr kalkuliert. Sehr wichtig für die Reduzierung der Pflegekosten ist das verwendete Substrat. Hinter Oberboden versteckt sich häufig eine ungewollte Samenbank und die Entfernung unerwünschter Sämlinge aus einem lockeren Mineralsubstrat geht eindeutig schneller, was wiederum zu einer raschen Amortisation führt. „Ich empfehle immer das Mulchen der Flächen vor dem Pflanzen mit einer mineralischen Komponente auf trockenen Freiflächen, da diese den Unkrautwuchs hemmt und als kapillarbrechende Schicht (mind. 5-7 cm) das Wasser im Boden hält. Bodenlockerungen sind nicht nötig, sie würden lediglich den Fremdbewuchs begünstigen. Pro Jahr sind mindestens vier, im ersten Jahr besser sechs bis acht Pflegegänge auszuschreiben, die auf Nachweis bezahlt werden. Legen Sie einen Pflegekalender an, nehmen Sie diesen mit auf die Baustellen und schulen Sie unbedingt Ihre Mitarbeiter“, so die weiteren Praxistipps von Schmidt. 

Für eine bestimmte Optik kann bei Mischpflanzungen mit Aspektbildnern, wie beispielsweise Gräsern, gearbeitet werden. Auch Gruppierungen sind denkbar, sie muten eher klassisch, rhythmisch und weniger chaotisch an. „Hierfür führt man sogenannte Gruppenstauden ein und pflanzt jeweils fünf bis sieben dieser Pflanzen zusammen. Ebenso ist die Bildung von Kerngruppen aus zwei bis drei Arten denkbar oder die Kombination mehrerer Mischungen, die gleiche Leitarten verwenden“, zählt Schmidt auf. Staudenmischungen eignen sich als Verkehrsbegleitgrün, für Gewerbeareale und Firmengelände und sind ideal für Altenheime und Retentionsstreifen einsetzbar. Dadurch, dass im Mineralsubstrat das Salz schnell ausgewaschen wird, stellt der Winterdienst nach bisherigen Erfahrungen für die meisten stresstoleranten Steppen- und Präriearten kaum ein Problem dar. Empfindlicher sind dagegen wintergrüne Schattenstauden. Gemäht werden die Flächen dann ab Ende Januar. Ein viel schwierigerer Bereich als die  trockenen sonnigen Flächen, sind die schattigen und durchwurzelten Böden unter Altbäumen. „Zurzeit testen wir, das heißt, der Arbeitskreis Pflanzenverwendung im Bund der Staudengärtner, acht Mischungen an neun Standorten und eines wissen wir jetzt schon, Schatten ist nicht gleich Schatten“, so der Wissenschaftler. Die geprüften Mischungen und weitere Ideen gibt es unter www.staudenverwendung.de. 

Sinnvolle Schnelltests auf der Baustelle 

Das Substrat wird abgekippt, eingebaut und es stellt sich heraus, es ist zu wenig. Wo liegt der Fehler? Was wurde bestellt und wie bestimme ich vor Ort auf der Baustelle so wichtige Parameter wie Schüttdichte, Volumengewicht und Wassergehalt eines Substrates? Dies waren die Fragen, auf die Johannes Prügl, leitendes Mitglied des Bodeninstituts Prügl, praktische Antworten in seiner Live-Demonstration kurz vor der Mittagspause lieferte. „Schön ist es, wenn man als Kunde beim Erdenwerk zudem noch einen Wert zur natürlichen Lagerungsdichte nach Setzung findet, mit dem es sich zuverlässiger rechnen lässt“, so Prügl. Auch dieser Setzungsgrad ist nachmessbar, indem man das Substrat bis zur Oberkante in ein definiertes Prüfgefäß einfüllt, abstreift und mit sechs Schlägen durch einen Proctorhammer bis zur natürlichen Lagerungsdichte verdichtet. Der geschätzte maschinelle Verdichtungszustand wird durch 15 Schläge des Proctorhammers simuliert. Prügl empfahl den Bauleitern eine „Baustellen-Standardausrüstung“, mit welcher sich die wichtigsten Eigenschaften des angelieferten Materials vor Ort auf einfache Art und Weise testen lassen. 


Wertvolle Expertentipps für Rasen, Stadtbäume und grüne Fassaden

10. corthum-Fachseminar 2015

Praxisnah und aktuell, dieses Prädikat hat sich die corthum Nordschwarzwald GmbH in Marxzell mittlerweile mit ihrem Fachseminar, das im Februar zum zehnten Mal für kommunale Entscheidungsträger, Landschaftsarchitekten sowie Garten- und Landschaftsbau-Unternehmer angeboten wurde, erarbeitet. Fast 100 Teilnehmer nutzten die Chance zur Wissenserweiterung und informierten sich in praxisnahen Vorträgen über grünen Rasen, funktionierende Fassadenbegrünungen, Planungs- und Ausführungsfehler im Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau sowie den praktischen Umgang der Stadt Heidelberg mit Baumstandorten. 

Menschen interessieren, Kunden begeistern, den Blick für Qualität schärfen und die Märkte von morgen bedienen, das schafft corthum-Geschäftsführer Uwe Schönthaler, laut Klaus Dobczynski, GaLaBau-Unternehmer und stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Verbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg e.V., mit diesem Seminar jedes Jahr aufs Neue. Ebenfalls Tradition hat mittlerweile der Besuch der Deutschen Baumkönigin, die im Jahr 2015 dem Feld-Ahorn, einer eher zierlichen und oft unbeachteten Baumart, zu gebührendem Respekt verhelfen möchte. Claudia Schulze war Ehrengast dieser Veranstaltung und hielt ein kurzes Plädoyer für den Baum des Jahres, für welchen sie nun ein Jahr als Botschafterin unterwegs ist.

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 Rasen – eine Dauerkultur 

„Wenn man beherzigt, wie man mit Menschen umgehen sollte, kann man beim Rasen nicht viel falsch machen“, ermutigte Professor Diplom Agrarbiologe Martin Bocksch gleich zu Anfang seines Vortrages. Großen Einfluss hat die angestrebte Nutzung und manchmal entstehen die Probleme auch einfach nur im Auge des Betrachters, so der Experte. Für das ersehnte satte Grün werden beispielsweise an die 50.000 Triebe pro Quadratmeter benötigt. Diesen sportlichen Wert erreicht man nur, wenn Boden, Pflege und Management exakt stimmen. „Für die Gräser wäre vieles gut, was häufig leider aber die Nutzung stört. Eine sehr bedeutende Maßnahme ist es, ausreichend Sauerstoff in den Untergrund zu bringen, damit die Mikroorganismen die Nährstoffe umsetzen können und so für gesundes Wurzelwachstum sorgen“, erläutert Bocksch. Somit wird das Aerifizieren zu einer der wichtigsten Tätigkeiten in der Pflege. Technisch gesehen gibt es hier verschiedenste Möglichkeiten, vom Tiefenlockern mit an Meißel erinnernde Werkzeuge über die Schlitzlockerung bis hin zum klassischen Aerifizieren mittels vieler kleinerer Löcher. Damit diese Löcher, die Luft und Wasser in den Untergrund transportieren, lange stabil bleiben, wird anschließend besandet. Ebenfalls entscheidend ist eine gute Drainage des Untergrunds, die selbst mit Starkregenereignissen klarkommt. 

Voraussetzung für den guten Aufgang einer Ansaat ist ein ebenes, festes Saatbett, in welchem das Korn guten Kontakt zum Boden findet. „Viel hilft beim Rasen leider nicht viel und gönnen Sie den Spatzen ihre Körnchen“, klärt Bocksch auf. Er empfiehlt maximal 20 Gramm Saatgut auf den Quadratmeter. Beim Keimen beginnt bereits der Kampf ums Überleben, denn das robuste Deutsche Weidelgras verdrängt gerne die nachhaltigeren Gräserarten wie Rotschwingel und Wiesenrispe, weshalb eine gezielte Mischungsauswahl angebracht ist. Hier empfiehlt Bocksch, sich an die FLL-Regel-Saatgut-Mischungen Rasen zu halten, da bei diesen Mischungen sowohl die Reinheit als auch die Keimfähigkeit regelmäßig kontrolliert werden. Regelsaatgutmischungen sind standardisierte und jährlich überprüfte Rasenmischungen, die einem Kunden stets ein vergleichbares Ergebnis garantieren. Als günstige Aussaattermine nennt der Rasenberater Anfang September bis Mitte Oktober sowie Anfang April bis Mitte Mai, wobei beim letztgenannten Termin eventuell bereits bewässert werden muss. Ein probates Mittel für satteres Grün ist laut Bocksch die Nachsaat, die leider viel zu selten durchgeführt wird. Zur Narbenregeneration eignet sich beispielsweise die ganzflächige Nachsaat mit ca. 10 Gramm pro Quadratmeter, ein- bis zweimal jährlich. „Empfehlen kann ich hier die RSM 3.2, die nur Deutsches Weidelgras enthält, welches schnell keimt, eine kurze Jugendphase hat, nach fünf Tagen bereits grün ist und sich auch für punktuelle Sportplatz-Nachsaaten eignet.“ Der Rasenschnitt sollte regelmäßig, aber zur Stressvermeidung nicht zu tief erfolgen. Bocksch Empfehlung liegt bei drei Zentimeter, die er für den Sommer auf bis zu fünf anhebt. Das Schnittbild von Sichel- und Spindelmäher hat sich angeglichen und die Messer des Sichelmähers lassen sich schnell und problemlos nachschleifen. Die Bildung des Korkgewebes für den Wundabschluss an der Schnittfläche dauert im Sommer zwei Stunden, im Winter bis zu zwei Tage. Bei einem plötzlichen Kälteeinbruch geht die Pflanze mit offener Wunde in den Winter, was Krankheiten stark begünstigt. „Die meist unterschätzte Technik in der Pflege ist der Striegel als Krankheits- und Unkrautprophylaxe“, informiert der Rasenberater, der den Einsatz alle zwei bis drei Wochen propagiert. Bewässert wird nur bei Bedarf, dann aber richtig und durchdringend, am effektivsten funktioniert dies mit einer Intervallschaltung (10 Minuten beregnen, Pause von 30 bis 45 Minuten). Die Verteilgenauigkeit der Regner ist dabei mindestens einmal jährlich zu überprüfen. Der beste Hinweis für den richtigen Zeitpunkt sind Grashalme, die sich nach dem Betreten nicht mehr von selbst aufrichten so-wie die Verschiebung des Farbspektrums von Gelbgrün zu Blaugrün. Die Kühlungsberegnung ist durch den Klimawandel zu einem wichtigen Thema geworden und erfolgt zwei Stunden vor dem Sonnenhöchststand. Tau erhöht das Infektionsrisiko für Krankheiten enorm und ist mit Taubesen, Tauruten oder Rollgeräten zu entfernen. Im zeitigen Frühjahr weckt man die Gräser mit dem Striegel, füttert sie bereits nach dem letz-ten Schnee, da das Hauptwurzelwachstum im März stattfindet und vertikutiert frühestens im Mai, so das Pflegerezept des Experten. Fünf mal fünf Gramm Stickstoff pro Jahr und Quadratmeter, so lautet seine Düngefaustformel. 

Risiken und Einsatzmöglichkeiten von Fassadenbegrünungen 

Stefan Brandhorst, Geschäftsführer der VertiKo GmbH, ermöglichte durch seinen Vortrag zu den unterschiedlichsten Fassadenbegrünungstypen einen fundierten Einblick in das Thema „grüne Wände“. Er selbst betrachtet dabei die bodengebundene Form auf lange Sicht als die Nachhaltigere, vor allem aus Kostengründen. „Die wandgebundene Begrünung hängt buchstäblich am Tropf und bedarf eines hohen technischen Aufwandes“, erklärt Brandhorst. Grundsätzlich kann jede Art von Wand, egal ob Beton, Putz, Wärmeverbundsystem oder vorgehängte belüftete Fassade, begrünt werden. Man sollte allerdings wissen, welche technischen Voraussetzungen für die Verankerung hierbei zu berücksichtigen sind und welche Kletterhilfen die verschiedenen Kletterpflanzen bevorzugen. Selbstklimmer wie Wilder Wein oder Efeu, aber auch Starkschlinger wie Blauregen haben beispielsweise die Eigenschaft, lichtfliehende Triebe zu bilden, die aktiv ins Dunkle wachsen, was ohne regelmäßige Kontrollen schnell zu Schäden führt. Beim Anbringen von Kletterhilfen gilt es, Wärmebrücken durch thermisch trennende Verankerungen zu vermindern oder zu vermeiden und bei Wärmedämmungen wird mit Stützhülsen gearbeitet, die ein Stückchen über den Putz ragen und dort abgedichtet werden. Schlinger benötigen vertikale Strukturen, Ranker lieben netzförmige Kletterhilfen, Spreizklimmer wie Rosen brauchen horizontale Strukturen. Bei der Verwendung fester Gitter verteilen sich die Lasten gleichmäßig auf die Ankerpunkte. Bei Seilkletterhilfen kann es zu einer Aufsummierung der Lasten auf den obersten Befestigungspunkt kommen. Die Seile werden bei der Montage oft viel zu stark gespannt, zieht dann die Pflanze noch daran, sind sie schnell überspannt. Zusätzliche Schocklasten, beispielsweise hervorgerufen durch einen auftreffenden Ball oder durch eine Windböe, können dann zum Seilbruch führen. Zudem sind es wartungsaufwendige Konstruktionen, weil die Seile nachgeführt werden müssen. „Selbstklimmer wie Efeu oder Wilder Wein müssen regelmäßig verjüngt und von alten Trieben, Totholz und Laub befreit werden. Das ist zum einen deshalb wichtig, weil nur die jungen Triebe für den Halt verantwortlich sind und es sonst passieren kann, dass sich alles auf einmal von der Wand ablöst. Andererseits ist dies auch aus Brandschutzgründen erforderlich“, so der Experte. Bei Starkschlingern wie dem Blauregen empfiehlt Brandhorst eine seilparallele Aufleitung. Das bedeutet, die Triebe werden die ersten vier Jahre vom Seil abgewickelt und mit Schnellbindern parallel am Seil entlang befestigt. Um die Halterungen ist ein großer Bogen mittels leicht gestauchten Triebs empfehlenswert. „Das ist zwar zeitintensiv und ein bisschen mit der Kindererziehung vergleichbar, dafür aber sehr nachhaltig für Pflanze und Seil“, erläutert Brandhorst. Sogenannte Vorhangfassaden mit Ranknetzen, Gittern und Seilkonstruktionen sowie an der Fassade aufgehängte Tröge werden mittlerweile gezielt zur Klimatisie-rung von Gebäuden eingesetzt. 

Wandgebundene Fassadenbegrünungen teilt Brandhorst in drei Bau-gruppen ein: Horizontale Vegetationsflächen, wie zum Beispiel Rinnen oder Gefäße, modulare Systeme, also Substratkassetten oder Substratersatzstoffkassetten und flächige Systeme, wie es beispielsweise VertiKo mit seinem Textil-Substrat-System anbietet. Vertiko kombiniert Vliese mit wasserspeicherndem Substrat und erzielt hiermit gute Ergeb-nisse gegen die Frosttrocknis. „Alle diese Systeme hängen „am Tropf“ und erfordern einen entsprechend hohen technischen Aufwand“, erläutert Brandhorst. So muss beispielsweise zunächst der Trinkwasserschutz durch Systemtrennung bzw. freien Auslauf gewährleistet werden. Im Winter lässt Brandhorst seine Bewässerungsanlagen durchlaufen. Unter 3° Celsius schalten sich diese automatisch per Frostsensor ab und die Leitungen entleeren sich über Entleerungsventile, die auf den abfallenden Druck reagieren. VertiKo hat über 250 Stauden, Gräser und Farne für sein Begrünungssystem getestet und wird dieses Jahr noch geeignete Kleingehölzen in die Liste aufnehmen. Sind die Pflanzengesellschaften klug ausgewählt, umgeht man das gegenseitige Bedrängen und dann reichen zwei Pflegegänge pro Jahr aus. Diese lassen sich mit den anstehenden Wartungsgängen kombinieren, was kosten- und kundenfreundlich ist. 

Landschaftsgärtnerische Planungen- und Ausführungen 

Professor Dr. Stephan Roth-Kleyer lehrt an der Hochschule Geisenheim University Vegetationstechnik in der gesamten Breite im Studiengang Landschaftsarchitektur. Er arbeitet seit 20 Jahren als öffentlich vereidigter und bestellter Sachverständiger und ist somit immer wieder mit Pla-nungs- und Ausführungsfehlern im Garten- und Landschaftsbau betraut. Als Experte empfiehlt er deshalb dringend für bodenferne Begrünungen die Berücksichtigung der FLL-Richtlinien, welche als einschlägiges Regelwerk die Verbindlichkeit einer Norm haben. So zog beispielsweise ein Planer für die Rasenfläche auf einer Tiefgarage die DIN 18035, Teil 4 als Grundlage heran, anstatt die FLL-Richtlinien für Dachbegrünungen zu verwenden, weshalb der Aufbau Mängel aufwies. Extreme Schäden kennt Roth-Kleyer auch von extensiv einschichtig begrünten Steildächern mit einer Neigung von 35 Grad. „Hier habe ich schon die abenteuerlichsten Konstruktionen bezüglich der nötigen Schubschwellen gesehen, wie beispielsweise Kabelbinder an aufgeschweißten Bitumenlaschen, die allesamt nicht funktionierten“, erklärt der Experte, der darauf hinweist, dass der natürliche Schüttwinkel von Substrat in der Regel bei circa 26 bis 32 Grad liegt. Wer als Garten- und Landschaftsbaubetrieb solche fehlerhaften Planungen ausführt, ist mit in der Haftung, denn hier hätten Bedenken angemeldet werden müssen. Die Sanierungsmaßnahmen bestanden aus dem Einbau dauerhafter Schubschwellen, der sachgerechten Substrataufbringung, dem Einsatz von Vegetationsmatten sowie der regelmäßigen Pflege und automatischen Bewässerung dieser Dächer. Doch auch Flachdächer haben ihre Probleme, wenn das Gefälle zu gering ist, weshalb die Regelneigung größer als zwei Prozent sein sollte. „Auf einem Flachdach war beispielsweise die Dämmung falsch eingebaut, mit dem Gefälle weg vom Abfluss, was zu Staunässe und faulender Vegetation führte“, so der Professor. Für die Pflege solcher Anlagen rät Roth-Kleyer dringend, Abstand von sogenannten „Cowboy-Verträgen“ mit einem vermeintlich günstigen Hausmeisterservice zu nehmen. Begrünte Dächer gehören in die Hände von Fachleuten und für jedes eingesetzte Substrat sollte ein Prüfzeugnis vorliegen, das nicht älter als drei Jahre ist. Auch der Einsatz wurzelfester Produkte kann gefährlich werden, da diese nicht gleichzeitig rhizomfest sein müssen und bei einem Befall mit Quecke hohe Schäden entstehen könnten. Eine Liste wurzel- und rhizomfester Produkte findet man beispielsweise unter www.fbb.de. 

Für Arbeiten mit Böden gibt es zwei gültige DIN-Normen, welche jeweils den Oberboden definieren: die DIN 18300 (2012-9) „Erdarbeiten“ sowie die DIN 18915 (2002-8) „Vegetationstechnik im Landschaftsbau Boden-arbeiten“. „Hier gilt es, die passende Norm auszuwählen und für die Planung und Ausführung zugrunde zu legen“, erläutert der Sachverständige. Grundsätzlich sind die zu bearbeitenden Böden immer vorab zu beurteilen, um ihre Eignung für die anstehenden Arbeiten zu prüfen. Hier sieht Roth-Kleyer sowohl die ausschreibende Stelle als auch den ausführenden Betrieb in der Pflicht und empfiehlt die sehr wichtige Tabelle aus der DIN 18915, die die Böden in 10 Bodengruppen einteilt, als Grundlage, da sie die unterschiedlichen Arten von Böden sehr gut hinsichtlich ihrer Bearbeitbarkeit beschreibt. Die Bearbeitbarkeit bindiger Böden zum falschen Zeitpunkt kann beispielsweise zu extremen Bauschäden führen, die nur mit einem hohen Aufwand beseitigt werden können, gibt der Experte zu bedenken. 

Abschließend gab er Hinweise zur sachgerechten Entnahme von Schieds- und Rückstellproben von Schüttgütern (Substraten und Böden) aus Halden und aus der Fläche. Roth-Kleyer rät grundsätzlich zur Entnahme von Rückstellproben mit einer stark aufgekanteten Schaufel, und zwar aus der Mitte des Erd- oder Substrathaufens, damit diese repräsentativ sind. Des Weiteren dürfen diese Proben nie alleine, sondern immer zusammen mit allen Beteiligten gezogen werden, um im Zweifel vor Gericht Bestand zu haben. Die Proben werden unter den Parteien aufgeteilt und es wird ein entsprechendes Protokoll angefertigt. Die konsequente Berücksichtigung dieses Rates kann unter Umständen sehr wertvoll sein. 

Nachhaltiger Umgang mit Baumstandorten in Heidelberg 

Die Stadt Heidelberg sieht sich nicht als Verwahrungsanstalt greiser Stadtbäume, sondern hat den Anspruch, Baumstandorte so zu gestalten, dass sie den Bäumen ein langes Leben von mindestens 60 bis 80 Jahren ermöglichen. Diese Philosophie erläuterte Uwe von Taschitzki, zuständig für die Baumkontrolle im Landschafts- und Forstamt der Stadt Heidelberg, in seinem Beitrag sehr eindrücklich. „Manchmal finden wir Baumgruben vor, in den beispielsweise Abwasserrohre mit Muffen verlegt wurden, bei denen wir als erstes Bedenken anmelden“, dokumentiert von Taschitzki mit entsprechendem Bildmaterial. „Die Lösung bestand aus dem Verschweißen der Muffen sowie einer Auflage aus Einkornbeton, leider zu Lasten der Baumgrube.“ Der Experte empfiehlt, die Standorte von Stadtbäumen, auch auf augenscheinlich intakten großen Flächen, grundsätzlich auf Verdichtungen sowie auf die Bodenbeschaf-fenheit zu kontrollieren. „Es ist einfach günstiger, diese Kontrollen durchzuführen, als nach sechs bis acht Jahren Schiffbruch mit absterbenden oder kümmernden Bäumen zu erleiden“, so seine Erfahrungen. „Deshalb arbeiten wir gerne mit Fachfirmen zusammen, zu denen bereits über Jahre ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden konnte.“ Ist die Bodenverdichtung zu hoch, bleiben die Wurzeln im oberen Bereich, was später zu Schäden an Belagsflächen führt. An einer extrem befahrenen Bundesstraße halfen sich die gepflanzten Platanen selbst und wuchsen in die vorhandenen Leerrohre, da ihre Wurzeln im Substrat durch die hohe Vibration buchstäblich zermahlen wurden – ein teurer Sanierungsfall. Besonderes Augenmerk legt von Taschitzki mittlerweile auf die Beschaffenheit der Ballen. „Stimmen hier der Boden des Ballens und das technische Baumsubstrat nicht überein, kann es zu hohen Schäden kommen, was bei uns im Fall schluffigtoniger Ballenware zu für die Wurzeln tödlichen Wasserlinsen an jedem Baum führte. „Seitdem bestehe ich in meinen Ausschreibungen immer auf sandig-lehmige Böden bei den Ballen“, zeigt der Baumspezialist auf, der mittlerweile sogar dazu übergegangen ist, die georderten Pflanzen ein Jahr vorher in Kübel mit Baumsubstrat zu pflanzen. Dies führt bei guter Bewässerung zu wunderbaren Faserwurzeln, die danach schnell in das analoge Substrat der Baumgrube finden. Für die wichtigen Gießintervalle nach der Pflanzung beauftragt Heidelberg nur noch Fachfirmen, denn in diesem Bereich wurde mittlerweile viel Lehrgeld bezahlt. Mit der Beimengung des Bodengranulates Arpolith machte von Taschitzki bislang sehr gute Erfahrungen an schwierigen Baumstandorten, da es einen guten Feuchtigkeitspuffer in Trockenperioden bietet. Das Thema Düngung löst die Stadt durch die jährlich zweimalige Gabe eines Flüssigdüngers, mit dem sie sehr gute Ergebnisse erzielt. „Unsere kleinsten Baumgruben liegen bei 16 Kubikmeter und wir nehmen diese bei Fremdfirmen grundsätzlich leer ab, um zu überprüfen, ob die Wände der Grube angerissen sind und die Tiefe von zwei Meter eingehalten wurde. Zudem arbeiten wir mittler-weile mit 1,2 Meter langen Gießrohren, die unseres Erachtens die perfekte Wasserzwiebel für den Ballen bilden“, lauten weitere Tipps aus der Praxis. „Nachdem Schachtungsmaßnahmen sehr oft unsere Stadtbäume schädigen, verpflichten wir die bauenden Firmen mittlerweile zum Absaugen oder Abgraben von Hand und verfüllen im Gegenzug die Standorte wieder mit Baumsubstrat“, führt von Taschitzki als weitere bewährte Maßnahme auf.

Wer Interesse an den ausführlichen PowerPoint-Präsentationen zu den Vorträgen hat, kann sich diese von corthum Nordschwarzwald GmbH per USB-Stick gegen eine Gebühr von 10,00 Euro zusenden lassen: An-fragen bitte per E-Mail.


Optimale Startbedingungen für den Extremstandort Stadt

9. corthum-Fachseminar 2014

 Fast 90 kommunale Entscheidungsträger, Landschaftsarchitekten sowie Garten- und Landschaftsbau-Unternehmer besuchten am 19. Februar 2014 das neunte corthum-Fachseminar in Marxzell. Baumsubstrate und ihre wichtigen Eigenschaften, die Qualitätsprüfung direkt auf der Baustelle, ernst zu nehmende neue Pflanzenkrankheiten sowie Baumarten und -sorten mit positiv prognostizierten Zukunftsaussichten waren die Schwerpunkte der vier praxisorientierten Fachvorträge. 

Corthum-Geschäftsführer Uwe Schönthaler hielt in diesem Jahr bei seiner Begrüßung der Teilnehmer gleich mehrere Überraschungen bereit: Die Forst Humus GmbH firmiert ab 2014 als corthum Nordschwarzwald GmbH und in Herbolzheim bei Freiburg im Breisgau entsteht zurzeit di-rekt an der BAB 5 das neue Erdenwerk corthum Breisgau GmbH, das im Frühjahr 2014 eröffnet wird und das gleiche Substrat-Sortiment wie in Marxzell führt. Die corthum Breisgau GmbH wird von Nick Burkhardt sowie Wolfgang Kuhlmann als Mitgesellschafter geleitet. Miriam Symalla, die Deutschen Baumkönigin 2014 war Ehrengast dieser Veranstaltung. Sie hielt ein kurzes Plädoyer für den Baum des Jahres, die Trauben-Eiche, für die sie nun ein Jahr als Botschafterin unterwegs ist. „Mir ist es ein großes Anliegen, die Verbundenheit der Menschen zu den heimischen Bäumen zu erhöhen“, erklärte Symalla, die zurzeit Nachhaltigkeitswissenschaft an der Leuphana Universität in Lüneburg studiert.

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Hochwertige Baumsubstrate 

Professor Dr. Stephan Roth-Kleyer, zuständig für das Lehr- und Forschungsgebiet Vegetationstechnik an der Hochschule Geisenheim University, ist mittlerweile überzeugter Verfechter des einschichtigen Aufbaus, wenn es um die Pflanzung von Bäumen in der Stadt geht. „Leider sind diese wichtigen Sauerstofflieferanten an ihren Standort gebunden und können ihn nicht verlassen, weshalb wir dafür verantwortlich sind, ihnen durch hochwertige Substrate das Leben an der Basis so angenehm wie möglich zu machen“, erklärte Roth-Kleyer. Aus seiner Sicht gehört hier auch dazu, sich als ausschreibender Planer oder Landschaftsgärtner in der Zusammenarbeit mit dem Tiefbau weniger kompromissbereit zu zeigen und beispielsweise für zusätzlichen Wurzelraum zu kämpfen. Gute Substrate sind nicht nur in der Lage für die notwendige Balance zwischen den gegenläufigen Anforderungen von Tiefbau und Landschaftsbau zu sorgen, sondern verhindern auch Kapillarbrüche an der Baumgrubenwand und -sohle. Sie sind auf die Bedürfnisse an diesen extremen Standorten abgestimmt und in ihrer Qualität geprüft. „Spätere Sanierungsversuche sind nicht nur extrem kostenintensiv, sondern scheitern meist“, so Roth-Kleyers Erfahrung als Sachverständiger. Zurzeit ist ein Fachgremium dabei, die hierfür angewandten unterschiedlichen Regelwerke (FLL und ZTV-Vegtra-Mü) in ein gültiges zusammenzuführen, was Roth-Kleyer sehr begrüßte: „Ich hoffe, dass in diesem Zusammenhang auch einzelne Werte, wie beispielsweise der aktuelle pH-Wert, der mit seiner Spanne bis 8,5 meines Erachtens zu weit weg von der Realität liegt, auf Sinnhaftigkeit geprüft werden.“ Die Anforderungen an Baumsubstrate sind, was die Struktur- und Lagerstabilität, die Pflanzenverträglichkeit, die Korngrößenverteilung und die Witterungsbeständigkeit anbetrifft, um nur einige Faktoren zu nennen, extrem hoch, wes-halb nur geeignete Ausgangsstoffe zum Einsatz für diese Mischungen kommen dürfen. Kesselsand, Lava, Porlith, Rostasche und Ziegelsplitt sind hierbei empfohlene mineralische Bestandteile, wobei die Rostasche und der Kesselsand einen zu alkalischen pH-Wert haben können. Lava verfügt durch ihre kantige Form über eine hohe Lagestabilität bei hoher Druckfestigkeit, die unterschiedlichen Farben der Lava sagen nichts über die Eigenschaften aus. Porlith, das in Messel bei Darmstadt gewonnen wird, ist offenporige Schieferschlacke und zeichnet sich durch hohe Wasserspeicherfähigkeit und einen günstigen pH-Wert aus. Bei Ziegelsplitt ist darauf zu achten, dass nur Mauerziegel oder Dachziegel ohne Verunreinigungen und Mörtelanhaftungen verwendet werden. Die relevanten vegetationstechnischen Eigenschaften können bei Ziegeln je nach Herkunft, Herstellung und Aufbereitung sehr unterschiedlich sein. 

Als organische Komponenten, die nicht nur für die Erhöhung der Kationenaustauschkapazität sorgen, sondern auch die Wasser- und Luftkapazität verbessern, eignen sich Rindenhumus, Substratkomposte, Torf, Braunkohlefaserholz, Holzfasern und Kokosfasern. „Leider ist die Rinde, die als Kompost sehr viel Wasser binden kann, mittlerweile durch ihren hohen Brennwert sehr teuer geworden“, bedauerte Roth-Kleyer diese Entwicklung. Torf ist allerdings noch teurer und sein pH-Wert liegt meist im sauren Bereich. Komposte bezeichnet er als „Black-Box“ und emp-fiehlt, hier auf die RAL-Gütesicherung zu achten. Roth-Kleyer rät drin-gend zum Einsatz von Baumsubstraten, deren technische sowie umweltrelevanten Kennwerte bekannt sind und den Vorgaben entsprechen. Hierbei hat er nicht nur das Wohl des Baumes im Blick, sondern beim Thema Gewährleistung auch das des ausführenden Betriebes. 

Stadtgrün 2021 oder Germanys next Tree-Models 

Dr. Philipp Schönfeld von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) stellte das Forschungsprojekt „Stadtgrün 2021“ vor, welches seit dem Jahr 2009 20 Baumarten mit insgesamt 460 Ver-suchsbäumen an drei Standorten beobachtet. Die Städte Münchberg und Hof, auch als bayerisch Sibirien bekannt, Kempten im Allgäu mit seinen hohen Niederschlägen und Würzburg, mitten im warmtrockenen Weinbauklima gelegen, beteiligen sich aktuell an diesem Versuch, der aufzeigen soll, welche dieser Baumarten und -sorten besonders gut mit dem sich verstärkenden Stress durch den Klimawandel zurecht kom-men. Für die verwendeten Baumsubstrate wurden die Vorgaben der FLL „Empfehlung für Baumpflanzungen“ zur besseren Vergleichbarkeit noch etwas enger gefasst. Alle Pflanzgruben sind 1,5 Meter tief und weisen ein Volumen von acht Kubikmeter auf. Der Substrataufbau ist einschich-tig, es erfolgte ein Stammschutz mit Tonkinstäben oder Schilfrohrmatten, eine Dreibockverankerung sowie eine Mulchung der Baumscheiben mit 10 cm Lava oder Grobsplitt. Das Fachzentrum für Analytik der LWG untersuchte, ob die Wurzeln der gelieferten Pflanzen mit Ekto- oder Endomykorrhiza ausgestattet waren und wie sich der Mykorrhizabesatz weiterentwickelt. Bisher ergaben die späteren Bonitierungen keinerlei signifikanten Unterschiede beim Wachstum. Regelmäßig gemessen und festgehalten wurden und werden der Stammumfang, der Zuwachs in Höhe und Breite, die Vitalität, der eventuelle Befall mit Krankheiten und Schädlingen sowie die phänologische Entwicklung, wie beispielsweise der Zeitpunkt des Austriebs, der um mehrere Wochen differieren kann. Wenn es um die Vegetationslänge geht, gewinnt der wärmste Standort nicht immer das Rennen, denn beispielsweise die Gleditsia triacanthos Skyline wächst in Münchberg am besten und Hof schlägt beim Wachstum der Magnolia kobus Würzburg um Längen. Ein noch nicht gelöstes Problem ist die beste Art der Nachdüngung, an welcher die Landesanstalt selbst noch forscht, da hierzu leider keinerlei konkrete Erfahrungswerte bzw. Versuchsergebnisse existieren. 

Aktuelle Tendenzen 

„Acer monspessulanum wächst im kalten Münchberg sehr gut und entwickelt sich langsam zu meinem Lieblingsbaum, da er sich bislang mit seinem dichten Wuchs als problemlos erweist“, verriet Dr. Schönfeld. Die Purpur-Erle (Alnus x spaethii) scheint außerordentlich trockenheitsverträglich, sehr wüchsig und anpassungsfähig zu sein. Allerdings empfiehlt sich ein Stammanstrich bis zur unteren Krone, wie die kleine Stammrissproblematik im Jahr 2012 oberhalb der Tonkinmatten zeigte. Celtis australis, der Zürgelbaum, der auch gerne als Platanenersatz gehandelt wird, ist problematisch, was die Frosthärte anbetrifft und in Münchberg bereits ausgefallen. An der Blumenesche, die sich in Würzburg und auch Münchberg trotz später Fröste wieder gut entwickelt hat, konnte bislang kein Eschentriebsterben festgestellt werden. Dem Gingko biloba ist es in Münchberg zu kalt und auch in Kempten friert der jährliche Zuwachs meist über den Winter zurück. Als unkompliziert an allen Standorten erweisen sich bislang Gleditsia triacanthos Skyline und Liquidambar styraciflua, wobei dem Amberbaum durch späten Laubfall allzu frühe Wintereinbrüche zu schaffen machen. Die meist als zickig verrufene Magnolie (hier Magnolia kobus) fühlt sich im kalten Hof wohler als im warmen Würzburg und ist ein schöner kleinkroniger Straßenbaum. Ostrya carpinifolia, die südöstliche Schwester der Hainbuche, ist wärme-liebend und trockenheitsverträglich, braucht allerdings etwas Zeit zum Anwachsen. Die Silberlinde (Tilia tomentosa Brabant) liebt keine kalten Standorte, wohingegen sich Ulmus Lobel in allen drei Städten prächtig und schädlingsfrei entwickelt, so der Auszug aus den umfangreichen Versuchsergebnissen. 

Momentan werden weitere bayerische Kommunen für ein Fortsetzungsprojekt gesucht, um die Entwicklung zehn neuer Baumarten beobachten zu können. „Die Städte bekommen hierfür die Pflanzen gestellt, müssen jedoch pro Baum über die Jahre hinweg mit ca. 1.000,00 Euro an Kosten für Pflanzung und Pflege rechnen“, erläuterte Dr. Schönfeld. 

Sinnvolle Schnelltests auf der Baustelle 

Das Substrat wird abgekippt, eingebaut und es stellt sich heraus, es ist zu wenig. Wo liegt der Fehler? Was wurde bestellt und wie bestimme ich vor Ort auf der Baustelle so wichtige Parameter wie Schüttdichte, Volumengewicht und Wassergehalt eines Substrates? Dies waren die Fragen, auf die Johannes Prügl, leitendes Mitglied des Bodeninstituts Prügl, praktische Antworten in seiner Live-Demonstration lieferte. Um die Schüttdichte von mineralischen Substraten zu bestimmen, wird ein ausgelitertes Gefäß vorsichtig bis zum Rand befüllt und überschüssiges Material bündig mit der Gefäßoberkante abgestrichen. Den abgewogenen Inhalt (abzüglich Eimergewicht) teilt man durch das Volumen des Gefä-ßes, beispielsweise 10 Liter, und erhält so die Schüttdichte, welche der DIN-EN 1097-3 entspricht. Für diese Bestimmung bei humosen Kultur-substraten gilt die DIN 12580: Hierfür wird das Material in einen speziel-len Messzylinder mit Aufsatz und Sieb ganz locker eingefüllt. Simuliert man nun durch Rütteln und Schütteln den Transport per LKW, beginnt bereits die Verdichtung, was in beiden Testgefäßen sehr deutlich zu sehen war. „Diesen optischen „Materialschwund“ muss man natürlich bereits bei der Bestellung berücksichtigen, sonst reicht das auf die Baustelle gelieferte Material nicht aus“, erklärte Prügl somit auf eindrückliche Weise, denn die anzugebende Schüttdichte für diese Materialien ist eben die lockere Schüttdichte in kg/cbm nach DIN-EN 1097-3. Schön ist es, wenn man als Kunde beim Erdenwerk zudem noch einen Wert zur natürlichen Lagerungsdichte nach Setzung findet, wie beispielsweise bei corthum, mit dem es sich zuverlässiger rechnen lässt. 

Auch dieser Setzungsgrad ist nachmessbar indem man das Substrat bis zur Oberkante in ein definiertes Prüfgefäß einfüllt, abstreift und mit sechs Schlägen durch einen Proctorhammer bis zur natürlichen Lagerungsdichte verdichtet. Der geschätzte maschinelle Verdichtungszustand wird durch 15 Schläge des Procotorhammers simuliert. Prügl empfiahl den Bauleitern eine „Baustellen-Standardausrüstung“, mit welcher sich die wichtigsten Eigenschaften des angelieferten Materials vor Ort auf einfache Art und Weise testen lassen. Hierzu gehört für ihn auch das Überprüfen der Wasserdurchlässigkeit nach FLL: Ein einfaches PVC-Rohr, unten mit einem engmaschigen Sieb ausgestattet, ist ein ideales Hilfsmittel in welches das Substrat mit sechs Verdichtungsschlägen, wie oben beschrieben, eingefüllt und 24 Stunden in einen Eimer Wasser ge-stellt wird. Nach dieser Zeitspanne kann man das Rohr entnehmen und füllt nun auf die Probenoberfläche Wasser, dessen Ablaufgeschwindigkeit pro Zentimeter sich mit Metermaß und Stoppuhr messen lässt. Um die mineralischen Bestandteile der Substrate besser beurteilen zu können, wäscht Prügl gerne den Humus aus. „Glas glitzert im nassen Zustand schön und auch andere Fremdstoffe sind schnell erkennbar“, ver-riet der Fachmann. Auch die Korngrößenabstufung lässt sich mittels verschiedener Siebe schnell und leicht nachvollziehen. Oftmals ist das Substrat bei der Anlieferung viel zu nass und sollte deshalb weder eingebaut noch verdichtet werden. Einen schnellen Überblick über den tat-sächlichen Wassergehalt verschafft hier die Mikrowelle im Bauwagen, in der das Substrat (mind. 700 g) zwei Mal ca. 10 Minuten bei etwa 400 Watt getrocknet wird. Die Differenz des Gewichts entspricht dem Wassergehalt nach DIN 18121. „Nehmen Sie das Material in die Hand, reiben Sie es zwischen den Fingern, schauen Sie es sich genau an. Dreckige Hände gehören zum Job eines Bauleiters und die wichtigsten Ge-räte eines Landschaftsgärtners oder Planers sind sein Gehirn und seine Hände, die prüfen, ob der Boden oder das Substrat bearbeitbar ist“, gab Prügl den Teilnehmern mit auf den Weg. 

Vom Blattfloh bis zur Maulbeerschildlaus 

„Buchspflanzen stehen mittlerweile durch verschiedene Krankheiten und Schaderreger extrem unter Druck“, erklärte Jochen Veser, Pflanzenschutzexperte aus Korntal-Münchingen, der in seinem Vortrag wieder auf einige sich vermehrt ausbreitende und ernst zu nehmende Krankheiten und Schaderreger einging. Den Buchsbaumblattfloh, der für löffelartig verformte Blätter, klebrigen Honigtau und damit meist einhergehende Rußtaubesiedlung sowie gehemmtes Triebwachstum zuständig ist, bekämpft man am besten unmittelbar nach dem Schlüpfen der Larven durch Schnittmaßnahmen und/oder zugelassene, möglichst systemische Insektizide wie beispielsweise Schädlingsfrei Careo Konzentrat. Das Schnittgut sollte unbedingt abgekehrt und aufgesammelt werden. Die weitaus schwieriger zu bekämpfende Kommaschildlaus bildet am Buchs oft sehr dichte Kolonien, wodurch das Schadbild leicht mit dem Triebsterben verwechselt wird. Stark besiedelte Partien gehören ausgeschnitten. Trockenstress und hohe Temperaturen fördern die Entwicklung. Systemische Präparate helfen am besten während der Wanderungsphase der Larven im Mai und Juni. Die gelblich-braunen Blattflecken der Buchsbaumgallmücke werden oft nicht richtig diagnostiziert und auch sie ist schwierig aufzuhalten. Insektizide gegen saugende Insekten helfen nur während der Flugzeit der Mücken, ansonsten muss auf systemische Präparate und das Entfernen besiedelter Blätter zurückgegriffen werden. Das gefürchtete Buchsbaumtriebsterben wird laut Veser extrem durch Blattnässe gefördert, weshalb hier beispielsweise sehr genau auf den Radius von Rasensprengern zu achten ist, damit es zu keiner Überkopfbewässerung kommt. 

Die mittlerweile im südbadischen und badischen Raum anzutreffende Maulbeerschildlaus hat leider keinen so begrenzten Wirtsradius, wie es ihr Name vortäuscht, denn sie befällt auch Obstgehölze, Catalpa und Sophora, wobei die letzteren zu den Zeigerpflanzen zählen. Die Äste sehen aus wie gekalkt, die Triebe sterben bei starkem Befall sogar ab und der Wind hilft mit, die Larven zu verbreiten. Veser rät dringend zu-gekaufte Pflanzen und hier vor allem Lieferungen aus Italien, gründlich zu kontrollieren. Bei Befall hilft nur ein Abbürsten der Rindenbereiche und der anschließende Einsatz systemischer Insektizide. Ölhaltige Produkte können direkt auf die Kolonien aufgetragen werden und erhöhen die Wirksamkeit. Seit ca. sechs Jahren ist die Bambusspinnmilbe auch bei uns auf dem Vormarsch. Sie führt zu eng begrenzten hellen Flecken auf der Blattoberseite. Trockene Standorte, wie sie beispielsweise auch durch Rhizomsperren gefördert werden, begünstigen die Entwicklung dieses aus Japan kommenden Schädlings. Da die Gespinste vor Kontaktmittel schützen, sind die Milben hiermit kaum zu bekämpfen, befallene Halme sollten ausgeschnitten werden. Netzwanzen haben es mittlerweile auch bis in unsere deutschen Gefilde geschafft. Der Aufenthalt unter befallenen Platanen wird durch die umherfliegenden adulten Wanzen sehr unangenehm. Die Anwendung von Insektiziden empfiehlt sich im Frühling, großen Bäumen kann vor allem durch die Vermeidung von Trockenstress geholfen werden. Die Schadsymptome der Netzwanze an Symphytum grandiflorum führen häufig auf die falsche Fährte und lassen eher einen Versalzungs- oder Nemathodenschaden vermuten als ein saugendes Insekt. Der feuchte Frühling im Jahr 2013 begünstigte die Platanenblattbräune extrem. „So lange nur die Blätter befallen sind geht es noch, problematisch wird es, wenn auch die Triebe in Mittleidenschaft gezogen werden“ erklärt Veser, der bei nasser Frühjahrswitterung mit einer hohen Befallsrate für die Zukunft rechnet. Ein weiterer aggressiver Schädling, die Esskastaniengallwespe, sorgt zurzeit in Norditalien durch Zuwachsminderungen und Ertragseinbußen für große Probleme. „In einigen Regionen Süddeutschlands wurde dieser Quarantäneschädling bereits nachgewiesen, eine weitere Ausbreitung in Deutschland wird wahrscheinlich nicht mehr lange auf sich warten lassen“, befürchtet Veser. 

Wer seine durch Ausbildung oder Studium erworbene Sachkunde im Pflanzenschutz nicht verlieren möchte, muss den Sachkundenachweis im Scheckkartenformat bis spätestens 26. Mai 2015 bei der unteren Landwirtschaftsbehörde beantragen. Außerdem hat der erste Fortbildungszeitraum für bisher Sachkundige am 01.01.2013 begonnen, so dass spätestens bis Ende 2015 die erste Fortbildung besucht werden muss. Anerkannte Fortbildungsmaßnahmen werden beispielsweise über den Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg e.V. angeboten. Eine Liste aller zugelassener Pflanzen-schutzmittel finden sich immer aktuell unter www.bvl.bund.de 

Wer Interesse an den ausführlichen PowerPoint-Präsentationen zu den Vorträgen hat, kann sich diese von corthum Nordschwarzwald GmbH per USB-Stick gegen eine Gebühr von 10,00 Euro zusenden lassen: An-fragen bitte per E-Mail.


Praxistipps für die Qualitätserkennung bei Böden und Pflanzen

8. corthum-Fachseminar 2013

Knapp 90 Landschaftsarchitekten, kommunale Entscheidungsträger und Landschaftsgärtner besuchten am 20. Februar 2013 das achte corthum-Fachseminar in Marxzell-Pfaffenrot. Im Mittelpunkt standen dieses Jahr die Konsistenz von Böden, deren fachgerechte Ausschreibung und Qua-litätsüberwachung sowie das Erkennen der Pflanzenqualität von Baum-schulware. Einen perfekt ergänzenden Abschluss lieferte der Vortrag zu aktuellen Krankheiten und Schädlingen an Straßenbäumen. 

Uwe Schönthaler, Geschäftsführer der Forst-Humus GmbH, hielt dieses Jahr eine besondere Überraschung für seine Gäste bereit: Ihre Hoheit, die Baumkönigin Theresa Erdmann, berufen von der Stiftung „Baum des Jahres“, brachte den Teilnehmern die Vorzüge des Wildapfels in ihrer kurzen Ansprache näher. Repräsentation und Aufklärungsarbeit zum Baum des Jahres machen der 22-jährigen Forststudentin viel Spaß. Ein Hut aus Kastanienholz, Kette und Holzbrosche als Insignien schmückten die Baumkönigin, die im Anschluss diesen Anlass nutzte, ihr eigenes Fachwissen über Böden und Gehölze zu erweitern.

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Bauschäden bei Böden 

Prof. Dr. Roth-Kleyer, zuständig für das Lehrgebiet Vegetationstechnik und Landschaftsbau an der Hochschule Geisenheim University, informierte in seinem Vortrag zunächst über das Schutzgut Boden und die zahlreichen Regelungen hierzu, wie beispielsweise das Bundes-Bodenschutzgesetz, die Bodenschutzverordnung mit ihrem für den Ga-LaBau so wichtigen § 12, die Bioabfallverordnung, das Düngegesetz, die Düngemittelverordnung, eine DIN für die Verwertung von Bodenmaterial (DIN 19731), sowie bodenkundliche Baubeauftragte. Für Ausschreibende wie auch für den Landschaftsgärtner sind diese vielfältigen Regelun-2 

gen für das Schutzgut Boden in seiner Funktion als Vegetationsstandort (DIN 18915) oder als Baugrund (DIN 18300) kaum mehr überschaubar, so sein Tenor. Nordrhein-Westfalen fand hier laut Roth-Kleyer eine kluge Lösung für die Anwendung des Bundes-Bodenschutzgesetzes, indem es Mindermengen bis 800 Kubikmeter von der Anwendung befreit. „Boden-schutz auf der Baustelle ist trotzdem keine „Goodwill-Aktion“, sondern ein gesetzlicher Auftrag bzw. eine Pflicht“, erläuterte der Referent. Für unverzichtbar hält Roth-Kleyer deshalb die Einhaltung der DIN 18300 sowie der DIN 18915. „Wer sich hieran orientiert, kann Bodenschäden relativ einfach vermeiden“. 

Im weiteren Verlauf seines Vortrags ging Roth-Kleyer auf das Thema Bearbeitbarkeit bindiger Böden und damit verbunden auf deren Konsis-tenz und eventuell daraus resultierender Bauschäden ein. Hierzu gehört zu prüfen, ob es sich um einen bindigen oder nichtbindigen Boden handelt und dafür reicht es oftmals aus, diesen in die Hand zu nehmen. Ist er knetbar, formbar und drückt sich womöglich zwischen den umschließenden Fingern heraus, ist von einer Bearbeitung dringend abzuraten. Wenn der Boden krümelt und sich nicht mehr formen lässt, kann dagegen grünes Licht gegeben werden. Auch die Wasserdurchlässigkeit empfahl Roth-Kleyer direkt vor Ort durch Grabung und Wasseranstau zu klären. Bei bindigen Böden bestimmt das Wetter oftmals den Bauzeiten-plan. Ist der Boden zu nass, muss der Baubetrieb eingestellt werden. Selbst wenn der Zeitdruck durch den Auftraggeber sehr hoch ist, rät der Experte hier zum konsequenten Stopp und auch zur Anmeldung von Bedenken, denn die Zerstörung des Bodengefüges führt unweigerlich zu Bauschäden, wie folgendes Fallbeispiel in einem kommunalen Freibad zeigt: Die neu angelegte Liegewiese neben dem Kinderbecken war immer feucht, auch wenn es vorher mehrere Tage nicht geregnet hatte. Die mit der Sanierung beauftragte Hochschule Geisenheim stieß bei ih-ren Grabungen auf einen 40 Zentimeter tiefen und nassen Horizont. Das Bautagebuch und die Aufzeichnungen des deutschen Wetterdienstes zeigten, dass der Auftragnehmer bei nasser Witterung gearbeitet und so das Gefüge des bindigen Bodens nachhaltig durch Bearbeiten mit schwerem Gerät zerstört hat. Mit Hilfe einer Kabelfräse durchzog man die Wiese in 80 Zentimeter Abstand mit 50 Zentimeter tiefen und mittels Kies verfüllten Drainschlitzen einer erfolgreichen Sanierung ohne schweres Gerät. „Um den Auftraggeber von einem Baustopp zu überzeugen, ist es manchmal hilfreich, vor seinen Augen den nassen Boden auszuquetschen“, kommentierte Johannes Prügl in der anschließenden Diskussion die Bedenken von Seiten einiger Landschaftsgärtner. Eigentlich, und da waren sich beide Experten einig, sind im LV grundsätzlich Kontrollprüfungen der vorhandenen Böden bei größeren Bauvorhaben auszuschreiben und die Bodengruppe im Leistungsverzeichnis (LV) zu benennen. „Eine weitgehende Wetterunabhängigkeit können fast nur technische Substrate leisten, somit ist bei bestimmten Bauvorhaben ein Bo-denaustausch durchaus sinnvoll“, ergänzte Roth-Kleyer. 

Landschaftsgärtnerische Erden richtig ausschreiben 

„Was ist denn Qualität bei Böden und wie schreibe ich diese aus?“, dieser Frage ging Dipl.-Ing. Johannes Prügl, leitendes Mitglied im Bodeninstitut Prügl, in seinem Vortrag auf den Grund. So muss beispielsweise die Einhaltung der Bundes-Bodenschutzverordnung im LV nicht erwähnt werden, da sie gesetzlich vorgeschrieben ist. Dennoch kann ein deutlicher Hinweis im LV nicht schaden. Die DIN 18300 gilt dagegen nicht für Vegetationstragschichten, obwohl sie aus Unwissenheit häufig zitiert wird. Umso wichtiger ist jedoch die DIN 18915, welche die Bodenarbeiten für den allgemeinen Landschaftsbau (Sportplatzbau: DIN 18035) regelt und zwingend in jedem Ausschreibungstext stehen sollte. Die bundesweit gültigen FLL-Richtlinien oder Empfehlungen, die es ebenfalls für Sonderbauweisen gibt, wie beispielsweise Dachbegrünungen, sind laut Prügl ein wichtiger Zusatz bei der Ausschreibung und helfen, die erwünschte Qualität zu sichern bzw. genau zu definieren, da die DIN 18915 über die vegetationstechnischen Eigenschaften und Werte von Oberböden nahezu keine Hinweise gibt. In manchen Bundesländern o-der Kommunen kommen zudem noch so genannte „Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen“ (ZTV) zum Tragen und gehören deshalb ebenso in das LV. „Ich rate jedem Ausschreibenden dringend davon ab, eigene Mischrezepturen zu kreieren. Ein Substrat muss ganz bestimmte wertgebende, technische und physikalische Eigenschaften wie z.B. Gesamtporenvolumen und maximale Wasserkapazität erfüllen. Diese Leistungsfähigkeit auszuschreiben ist viel wichtiger, als exakte Bestandteile festzulegen“, führte Prügl aus, den schon so mancher wenig Sinn machende Ausschreibungstext zum Schmunzeln brachte. „Ausgeschriebene Eigenschaften, beispielsweise gemäß einer FLL-Richtlinie, lassen sich zudem in einem Labor überprüfen, was die Qualitätsüberwachung erleichtert“, ergänzte der Bodenexperte. Wer keine FLL-Richtlinien ausschreiben will, muss sich die Mühe machen, die technischen Angaben abzutippen und hier reicht es schon aus, dass ein Komma verrutscht oder ein > mit einem < verwechselt wird, um für fachlichen Unsinn zu sorgen. Die Ausschreibung der Qualitätsprüfung durch „Fachlabore“ oder „öffentlich anerkannte Prüfstellen“, wie immer wieder zu lesen ist, macht keinen Sinn, da es derartige Bezeichnungen offiziell nicht gibt. „Eine gute Ausschreibung ist der Beginn einer sinnvollen Zusammenar-beit auf der Baustelle“, appellierte Prügl an die Architekten. 

Praktische Tipps und wichtige Maßnahmen 

„Jeder Auftragnehmer sollte vor Baubeginn zuerst prüfen, ob der vorge-fundene Boden überhaupt für die vorgesehene Vegetation und Art der Nutzung geeignet ist“, rät Prügl dringend an. Verunreinigter oder unge-eigneter Boden ist auszutauschen. Oberboden muss abgetragen und gesondert in geeigneten Mieten gelagert werden. Des Weiteren muss dieser frei von Fremdstoffen und Teilen ausdauernder Pflanzen sein, die den Gebrauch mindern könnten. Störende Bodennässe ist zu entwässern, der Baugrund flächig und mindestens 15 Zentimeter tief zu lockern. Zudem regelt Tabelle 1 der DIN 18915 die Bearbeitbarkeit der 10 Bodengruppen recht genau. Bodenart, pH-Wert, Kalkgehalt, Humusgehalt, Verdichtungszustand, Fremd- und Störstoffe, Schichtdicke, aber auch die Wasserdurchlässigkeit lassen sich laut Prügl auf der Baustelle recht einfach und mit wenig Aufwand testen. Als Ausstattung empfiehlt er ein Sieb, einen Pehameter, 10-prozentige Salzsäure (gibt es in der Apotheke) und Gummihandschuhe zur Prüfung des Kalkgehalts, einen Kanister Wasser, um die Durchlässigkeit zwei- bis dreimal zu testen und die eigenen Hände, mit welchen der Boden geformt, zerrieben und somit haptisch begutachtet wird. 

Pflanzenqualitäten erkennen 

Dipl.-Ing. Ulrich Terhechte von der Baumschule Lorberg (Niederlassung Baden-Baden) gab den Teilnehmern einen Einblick in die unterschiedlichen Qualitätsstufen von Baumschulware. Erfahrung, ein geschultes Auge und ein Maßband sind hierbei wichtige Helfer, um Sortenechtheit, Qualität von Ballen, Wurzel und Stamm sowie Größe und Gesundheit zu überprüfen. Zusätzlich empfiehlt Terhechte den Teilnehmern, sich die Broschürenreihe „Erkennen Sie Qualität“ als Pflichtlektüre für die Themenbereiche Bäume, Sträucher, Containerpflanzen, Nadelgehölze und Heister/Heckensträucher kostenlos zu bestellen (www.grün-ist-leben.de, dann auf BdBshop und danach auf Infomaterial klicken). „Die eindrückliche Bebilderung dieser Broschüren durch positive und negative Beispiele erleichtert die Deklarierung der gelieferten Pflanzen erheblich“, erklärte Terhechte. So muss der Stamm eines Alleebaumes beispielsweise bis in die Spitze gerade gewachsen sein, die Rinde ist unversehrt ohne Scheuerstellen und die Wunden der Aufastung sind bereits überwallt und somit mindestens ein Jahr alt. Zudem sollte die Verzweigung artty-pisch sein und die Stammstärke der Bestellung entsprechen. „Alles andere geht ohne Diskussion zurück“, riet der Baumschuler, denn nur gesunde Pflanzen garantieren den Begrünungserfolg. Natürlich haben die einzelnen Baumtypen unterschiedliche Verzweigungen und auch die Garnierung mit Seitenästen ist artabhängig. Doch nicht nur das Grün oben, sondern auch der Ballen und die darin befindlichen Wurzeln müssen den Qualitätsansprüchen genügen. Ab der dritten Verpflanzung (3xv) ist neben dem Jutegewebe auch ein Drahtballen gefordert. Beides engt den Stamm nicht ein und wird deshalb bei der Pflanzung nicht ent-fernt. „Gerne können Sie oben das Jutegewebe aufschneiden, den Drahtballen lassen Sie aber auf jeden Fall dran“, mahnte Terhechte, der ergänzt, dass die Jute bereits innerhalb von zwei Monaten verrottet und der ausgeglühte Draht des Ballens nach maximal eineinhalb Jahren verschwunden ist. Qualitativ hochwertige Ballen sind kompakt und sollten mindestens den dreifachen Durchmesser des Stammumfanges besitzen. Damit das Anwachsen erfolgreich ist, sollte ein Pflanzschnitt durchge-führt werden. Diese notwendige Maßnahme passt das oberirdische Volumen der Wurzelmasse an. Bei Harthölzern wie beispielsweise Crataegus ist das Auslichten um 30 Prozent ein Muss. Und unter Auslichten versteht der Fachmann, tatsächlich Licht in die Krone zu bringen und nicht nur das Einkürzen der Astenden. Laut Terhechte schaffen es Linde, Platane und Ahorn zur Not auch ohne Pflanzschnitt, wobei er dies nicht anrät. „Gute Pflanzenqualität beginnt bereits bei der Anzucht. Hierzu gehören neben passenden Pflanzabständen und regelmäßigen pflegenden Maßnahmen auch die Gründüngung der Felder vor der Verschulung sowie das Bohren der Pflanzlöcher bei trockener Witterung“, führte Terhechte auf. Besondere Vorsicht legte er den Gärtnern beim Abladen der Pflanzen nahe: „Hat der Saftfluss bereits begonnen, so sollten Sie die Ware möglichst nur noch am Ballen anhängen und nicht mehr am Stamm“. Ein eventuell nötiger Zwischeneinschlag auf der Baustelle muss entsprechend mit Jutesäcken und Stroh vorbereitet werden, um Qualitätsminderungen vorzubeugen. Allen Ausschreibenden riet Terhechte sich an die DIN 18916 sowie an die FLL-Richtlinien zu halten, die gemeinsam mit dem Bund deutscher Baumschulen erarbeitet wurden. 

Aktuelle Pflanzenkrankheiten 

Massaria, Eschentriebsterben und Buchsbaumzünsler sind in aller Munde. An welchen Symptomen man diese Krankheiten und Schädlinge eindeutig erkennt, erläuterte Dipl.-Ing. (FH) Jochen Veser, Fachberater aus Korntal-Münchingen. Die Befallswahrscheinlichkeit ist immer von mehreren Faktoren abhängig. Und hierzu zählen neben dem Mikroklima, der genetisch fixierten Anfälligkeit und der Vitalität der Wirtspflanze ebenso Verletzungen, die als Eintrittspforte fungieren und der bestehende Befallsdruck. Stammschäden an Rosskastanien werden entweder durch Phytophtora cactorum, Phythophtora citricola und/oder durch Pseudomonas Syringae pv. aesculi verursacht. Eine makroskopische Unterscheidung mittels der verursachten Symptome ist aber nicht exakt möglich. Beide Erreger überdauern auf Totholz und im Boden, weshalb das Schnittholz nur in die Heißrotte auf Kompostieranlagen gebracht werden darf. Vitale Bäume schaffen es häufig, die Schadstellen abzuschotten. „Oft führen gerade bei Phytophtora-Erkrankungen Stresssituation wie extreme Trockenheit zum Ausbrechen bereits latenter Infektionen“, erklärte Veser. Die Massaria-Krankheit bei Platanen beschrieb der Experte als durchaus hinterlistig. Dieser Schwächeparasit putzt die Krone aus, indem er zunächst nur schwache Äste infiziert, aber es kann besonders unter Stressbedingungen immer wieder auch ein dickerer Ast betroffen sein. Von unten ist der Befall schwer erkennbar, da das Holz von oben abgebaut wird und nur hier die Verfärbungen des Rindengewebes sichtbar sind. Veser rät deshalb in Befallsgebieten zur Kontrolle vom Hubsteiger aus und dieser ist auch das Mittel der Wahl, wenn es um die Entfernung des Totholzes geht. Ist die Krone licht genug, kommt die Erkrankung in aller Regel zum Stillstand. Eine regelmäßige Bewässerung als Standortverbesserung ist durchaus sinnvoll. Das Eschentriebsterben ist vor allem im Forst zu einem großen Problem geworden. Mittlerweile ist hier das Triebsterben zu einem Eschensterben geworden. Die Gefahr der Infektion steigt, je näher der Standort am Wald liegt. Befallene Äste sind sofort zu entfernen, zu dichte Kronen müssen ausge-lichtet werden, da die Krankheit durch Feuchtigkeit gefördert wird. „Die Forstbaumschulen arbeiten bereits intensiv an der Auslese widerstandsfähiger Klone“, weiß Veser und Terhechte ergänzt, dass die Baumschule Lorberg Eschen momentan aus dem Programm genommen hat. Echte Mehltaupilze sind wirtsspezifisch und zählen zu den Schönwetterpilzen, da sie zur Vermehrung keine Blattnässe brauchen. Man findet sie mittlerweile sogar an Kirschlorbeer, paradoxerweise zeigen sich die Beläge hier auf der Blattunterseite. Die Überdauerung erfolgt auf Trieben und Knospen, weshalb die Beseitigung des Falllaubes keine Besserung bringt. Viel relevanter ist es, Trockenstress zu vermeiden und durch widerstandsfähige Sorten sowie eine standortgerechte Pflanzenverwendung den Infektionsdruck zu minimieren. „Sobald es warm wird, beginnt der Buchsbaumzünsler wieder zu fressen. Momentan überwintern die großen Altraupen in den Pflanzen“, erläutert Veser, der vermutet, dass es inzwischen bereits drei bis vier Generationen pro Jahr gibt. Die Falter sind so groß wie das Tagpfauenauge, leben aber nur sehr kurz. Der Fachmann rät zu regelmäßigen Kontrollen und bei noch kleinen Raupen zum schnellen Einsatz von Bacillus thuringiensis. „Werkzeugdesinfektionen sind z.B. beim Auftreten des Buchsbaumtriebsterbens eine entscheidende Maßnahme, um die Verschleppung des Erregers zu verhindern und lassen sich am besten mit 70-prozentigem Alkohol und einer möglichst einminütigen Einwirkdauer durchführen“, erläutert der Experte. 

Durch das überarbeitete Pflanzenschutzgesetz vom 06.02.2012 werden Präparate, die die Widerstandsfähigkeit von Pflanzen erhöhen, als Pflanzenschutzmittel und nicht mehr als Pflanzenstärkungsmittel eingestuft, was dazu führte, dass es derzeit erst wenige gelistete Stärkungsmittel gibt. Zudem muss der Sachkundenachweis Pflanzenschutz nun alle drei Jahre mit dem Besuch einer anerkannten Fortbildungsveranstaltung erneuert werden. Im Moment sind laut Pflanzenschutzgesetz für die Anwendung an Gehölzen nur zwei Mittel für den öffentlichen Bereich genehmigt, das sind Dipel ES, gegen freifressende Schmetterlingsraupen und Fastac Forst gegen den Borkenkäfer. Die Bundesländer haben laut Veser zwar Antragslisten erstellt, doch die Bearbeitung benötigt Zeit und der Antragsteller viel Geduld. Für spezielle Flächen besteht allerdings die Möglichkeit, Ausnahmegenehmigungen zu beantragen. 

Wer Interesse an den ausführlichen PowerPoint-Präsentationen zu den Vorträgen hat, kann sich diese von der Firma corthum, Forst-Humus GmbH, per USB-Stick gegen eine Gebühr von 10,00 Euro zusenden lassen: Anfragen bitte per E-Mail.