11. corthum-Fachseminar 2016

Vier Fachvorträge, viermal geballtes Expertenwissen zu Themen wie dem regionalen Klimawandel, dem Einsatz von Nützlingen im öffentlichen Grün, der Etablierung innovativer Staudenmischpflanzungen sowie Aspekten aus der aktuellen FLL-Empfehlung für Baumpflanzungen Teil 1, waren Inhalte des 11. corthum-Fachseminars in Marxzell Ende Februar 2016. Fast 100 kommunale Entscheidungsträger und Landschaftsarchitekten, für die das Seminar zudem von der Architektenkammer Baden-Württemberg als Fortbildung anerkannt wird, nutzten diese Chance für ein praxisnahes Wissens-Update. 

Uwe Schönthaler, corthum-Geschäftsführer, freut sich, dass es dank einer Kooperation mittlerweile möglich geworden ist, die bekannten corthum-Substratmischungen in ganz Bayern zu interessanten Preisen anzubieten. Bernhard Maurath, langjähriger und sehr geschätzter Außendienstmitarbeiter der corthum Nordschwarzwald GmbH, wurde von Schönthaler in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet. Klaus Dobczynski, GaLaBau-Unternehmer und stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Verbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg e.V., wies in seinen Grußworten auf die ständige Innovation von corthum im Produktbereich hin und verglich diese erfolgreiche Geschäftsstrategie mit der Kunst des Fahrradfahrens: „Entweder man bleibt in Bewegung oder man fällt um und Uwe Schönthaler bewegt sich mit seinen Erden und Substraten auf dem Markt seit Jahren konstant nach vorne“, so Dobczynski.

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Düngung und Wässern von Stadtbäumen 

Im Juni 2015 sind sie endlich erschienen, die neuen FLL-Empfehlungen für Baumpflanzungen, Teil 1. „Eigentlich waren die Arbeiten hierfür schon im Jahr 2012 abgeschlossen, doch die 271 Einsprüche und drei Einspruchssitzungen zeigten, dass es sich hier um ein durchaus interessantes Regelwerk für die Branche handelt“, erläuterte Professor Dr. Stephan Roth-Kleyer, der an der Hochschule Geisenheim University Vegetationstechnik in der gesamten Breite im Studiengang Landschaftsarchitektur lehrt. Das große Ziel, die ZTV Vegtra-Mü in dieses Regelwerk einzubinden, ist dabei leider nicht gelungen, was Roth-Kleyer sehr bedauert. Die durchschnittliche Lebenserwartung eines Baumes in der Stadt beträgt laut dem deutschen Städtetag circa 30 Jahre, das ist nicht besonders lang. Durch zusätzlichen Wurzelraum und grobkörnige Baumsubstrate, die trotz der zu erwartenden oder auch notwendigen Verdichtung genügend Luft und Wasser vorhalten, gelingt es, diesen nach DIN 18916 nur 12 Kubikmeter großen und unnatürlichen Lebensraum zu verbessern. „Werden Sie als Planer und Landschaftsgärtner bitte sehr kompromisslos in Sachen Baum, sagen Sie lieber ein deutliches „Nein“, wenn der Tiefbau anfängt, für seine Belange zu verhandeln, für den Baum nicht mehr hinreichend Wurzelraum bleibt und dies nicht zuletzt aus Gewährleistungsgründen“, so Roth-Kleyer. Gegen den Kapillarbruch, der gerne bei lehmigen Ballen eintritt, aber auch zwischen Baumgrubenwand, Baumgrubensohle und Substrat auftritt, hilft nur das Verzahnen. Ringelwurzeln von Containerpflanzen gehören aufgeschnitten, um den sogenannten Blumentopfeffekt zu verhindern. „So tief wie der Baum in der Baumschule gestanden hat, muss er auch wieder gepflanzt werden. Die FLL empfiehlt sogar 10 Zentimeter höher wegen der zu erwartenden Sackung und auch, um hierdurch Fehler, wie beispielsweise das Mulchen mit Kies oder anderen Materialien, abzumildern“, erklärt der Experte. Gießränder befinden sich laut Roth-Kleyer häufig viel zu weit außen, so dass das Wasser komplett am Ballen vorbeifließt. Ein Gießrand, der seine Funktion erfüllt, ist so eng wie der Ballen breit ist. „Schiebt man dann am Ende der Entwicklungspflege den Gießrand Richtung Baum, sitzt dieser wieder viel zu tief“, gibt Roth-Kleyer zu bedenken, der aus diesem Grund Kunststoffränder bevorzugt. Für eine artgerechte Pflanzenentwicklung empfiehlt der Professor dringend die Düngung dieser Baumstandorte. Hierfür ist eine gezielte Nährstoffuntersuchung notwendig, wie sie zum Beispiel an den Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalten im Land durchgeführt wird. Moderne Baumsubstrate enthalten nur geringe Mengen an Ton-Humuskomplexen und stellen somit kaum Nährstoffe zur Verfügung. Die Empfehlungen einschlägiger Regelwerke zum Thema Düngung sind, so überhaupt vorhanden, sehr allgemein gehalten und helfen im Anwendungsfall nicht wirklich weiter. Für die Anfangsentwicklung wird die Startdüngung in die Verfüllung des Pflanzloches eingearbeitet. Weitere Düngemaßnahmen hängen vom vorhandenen Nährstoffgehalt ab und sind auf den Standort und die Pflanze abzustimmen. „Werden zu kleine Blätter oder auch chlorotisches Blattwerk beobachtet, ist immer zu bedenken, dass dies auch durch Schadinsekten, Pflanzenkrankheiten oder Trockenheit ausgelöst werden kann“, gibt Roth-Kleyer zu bedenken. Er selbst empfiehlt gecoatete Dünger, die ihre Nährstoffe über einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten abgeben. Die FLL-Düngemitteldatenbank ermöglicht hierfür einen nahezu vollständigen Überblick über einsetzbare Dünger und Aufwandmengen und liefert damit sehr anwendungsorientierte Grunddaten. Die ausgebrachte Menge ist immer auf den Stickstoffgehalt zu beziehen, kaliumbetonte Dünger fördern zudem das Festigungsgewebe. Für das Düngen auf versiegelten Flächen empfiehlt sich die Flüssigdüngung im Frühjahr über die Baumscheibe oder mittels Düngelanzen. Die Nährstoffgaben orientieren sich dabei am Stammumfang. Neben der Nahrung ist das Wasser ein weiterer begrenzender Wuchsfaktor. Immer häufiger glänzt das Frühjahr mit wochenlanger Trockenheit, was zu viel früheren Gießzyklen führen muss. Für einen Großbaum werden im ersten Jahr bis zu 20 Bewässerungsgänge, im zweiten Jahr bis zu 15 und im dritten und vierten Jahr bis zu 10 empfohlen. Hier gibt Roth-Kleyer schmunzelnd zu bedenken, dass die ZTV-Großbaum bereits Bäume mit einem Durchmesser von knapp 10 Zentimeter als Großbäume bezeichnet. Die von Roth-Kleyer errechneten Aufwandsmengen richten sich nach dem Stammumfang und liegen beispielsweise bei 30 bis 50 Zentimetern in der Regel bei 200 bis 300 Liter, bei extrem trockener Wetterlage bei bis zu 500 Litern. Abgerechnet werden die tatsächlich ausgeführten Arbeiten. Bei Neupflanzungen ist von April bis September zweimal im Monat durchdringend zu wässern, und zwar unabhängig von der Niederschlagsmenge. „Hierfür ist eine gute Bauüberwachung notwendig“, lautet der Expertentipp. Weder die Düngung noch das Wässern sollten laut Roth-Kleyer nach zwei bis drei Jahren eingestellt werden. Wünschenswert fände er, wenn die ersten sieben bis acht Jahre durchgängig und nach Bedarf gedüngt und gewässert wird. 

Ziemlich nützlich 

„Nutzarthropoden als Gegenspieler von Schadorganismen haben zwei sehr große Vorteile aufzuweisen: Sie sind nicht genehmigungspflichtig und besitzen eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung“, erklärte Jochen Veser, Pflanzenschutzexperte aus Korntal-Münchingen, zu Beginn seines Vortrages über den Einsatz von Nützlingen im öffentlichen und privaten Grün. Eine Resistenzentwicklung der Schädlinge ist zudem ausgeschlossen, allerdings benötigt man als Anwender viel Detailwissen über den Schädling und seinen Gegenspieler und auch die Kosten sind oft deutlich höher als beim konventionellen Pflanzenschutz. Dafür entfallen die Kennzeichnungs- und Absperrauflagen mit Warnschildern, wie sie beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf Flächen für die Allgemeinheit zunehmend vorgeschrieben sind. Der Einsatz von Nematoden ist somit viel unauffälliger möglich als das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln. Als sehr nützlich, sind Spinnen, Raubmilben, Hundertfüßler, Libellen und Ohrwürmer zu betrachten und sie kommen ganz natürlich vor. Sie trachten Blattläusen und anderen fliegenden Insekten, Insekteneiern, Spinnmilben und Bodenschädlingen konsequent nach dem Leben. Ihr Dasein lässt sich durch vielfältige Versteck- und Überwinterungsmöglichkeiten wie Bodenstreu, Rinden- und Mauerritzen forcieren. Insektenhotels sind auch im öffentlichen Grün einsetzbar und bei der Bevölkerung willkommen. Um Raubthripse von Schadthripsen zu unterscheiden, ist ein sehr genaues Hinsehen und Beobachten notwendig. Sie gehören zusammen mit Raubwanzen, Florfliegen, Laufkäfern und Weichkäfern ebenso zu den natürlich vorkommenden Nützlingen und diese Liste lässt sich durch echte Schlupfwespen, Brackwespen, Zehrwespen, Erzwespen, Faltenwespen, wie die Hornisse, Schwebfliegen und räuberische Gallmücken, noch erweitern. Einige von ihnen benötigen blühende Pflanzen als Nahrungsquelle im adulten Stadium. Ameisen verhalten sich ambivalent, sie verteidigen gerne ihre Blattlauskolonien; zu ihren Beutetieren gehören aber auch Raupen aller Art. Zu den größeren Nützlingen zählen Eidechsen, Kröten, Singvögel, Igel, Maulwurf, Fledermäuse und Greifvögel. Alle zusammen sorgen für die Dezimierung verschiedenster Schädlinge und halten diese Populationen im günstigsten Fall auf einem pflanzenverträglichen Maß. Einer der bekanntesten Nützlinge ist sicherlich der Siebenpunktmarienkäfer, der sowohl als Larve als auch als Käfer äußerst gefräßig ist und bis zu 150 Blattläuse pro Tag vertilgt. Der Asiatische Marienkäfer kam über den Unterglasanbau zu uns ins Freiland und hat sich mittlerweile als weiterer gefräßiger Kollege etabliert. Florfliegen sind sogar in der Lage, die Gänge von Miniermottenraupen zu öffnen, um diese zu erbeuten. Der Larvenschlupf erfolgt wenige Tage nach der Eiablage und die gesamte Entwicklungsgeschwindigkeit einer Florfliegenpopulation ist abhängig von Witterung und Nahrungsangebot. Die Larven mancher Schwebfliegenart sehen madenartig und schleimig aus, fast wie kleine Schnecken, sind jedoch in der Lage, ganze Blattlauskolonien innerhalb kürzester Zeit zu vernichten. Um sich diese Helfer zu erhalten oder aber bei einem hohen Schädlingsbefall einzukaufen, ist es wichtig, alle Entwicklungsstadien genau zu kennen und das Futter für die räuberischen Stadien zu schonen. „Der Einsatz von Nematoden gegen den Dickmaulrüssler ist auch wirtschaftlich interessant, da es diese Nützlinge bereits für 20,00 bis 30,00 € pro 100 Quadratmeter relativ günstig zu erwerben gibt“, erläutert Veser. „Die Bekämpfung richtet sich allerdings nur gegen das Larvenstadium, welches von August bis Mai aktiv ist. Da die Nemathoden eine Bodentemperatur zwischen 8° Celsius und 14° Celsius benötigen, liegt der richtige Bekämpfungszeitpunkt im Spätsommer und Herbst“, erklärt der Experte. Die Ausbringung kann mit der Gießkanne oder Rückenspritze erfolgen. Auch gegen den Eichenprozessionsspinner helfen Nematoden. Die Schwierigkeit liegt hier in der Platzierung inmitten der Baumkronen, weshalb die Ausbringung am besten über Sprühkanonen erfolgt. Ein Quellmittel schützt die Nematoden, die gegen die Raupen des Buchsbaumzünslers vorrücken, bis zu drei Stunden vor dem Austrocknen. In dieser Zeit muss die Parasitierung erfolgt sein. Spät abends oder nachts, ausgebracht mit einer Rückenspritze und anständig, aber zur Schonung der Nematoden mit nicht zu hohem Druck, erfolgt die Applikation laut Veser am erfolgreichsten. „Leider sind die Kosten hier relativ hoch, da die Aufwandsmenge anhand der Oberfläche berechnet werden muss“, ergänzt er. Sogar die Platanennetzwanze wird mittlerweile in Frankreich mit einer Kombination aus Nematoden und Florfliegenlarven bekämpft, wusste der Experte zu berichten. Weitere Hilfe schickt die Natur selbst, denn sie passt sich mit der Zeit an: Inzwischen haben Meisen, Stare und auch Eidechsen die Raupen des Buchsbaumzünslers als Nahrungsquelle entdeckt. 

Regionale Auswirkungen des Klimawandels 

Dr. Hans Schipper, Leiter des Süddeutschen Klimabüros am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), referierte über regionale Klimamodelle, die eine Datengrundlage für zukünftige Anpassungsmaßnahmen in verschiedenen Handlungsfeldern wie Wasserwirtschaft, Landwirtschaft und Gartenbau bieten. Eines der Ziel des KIlimabüros ist es, das Bewusstsein für den Klimawandel zu fördern. Dafür werden Wissenschaften gekoppelt und der Bevölkerung konkret aufgezeigt, was wahr und was falsch ist von der Fülle an Informationen, die kursieren. 2015 war das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen und auch der Januar 2016 brachte einen neuen Rekord, als weltweit wärmster Januar seit Beginn der Messungen. 36 Milliarden Tonnen Treibhausgase werden aktuell weltweit ausgestoßen. Diese stetige Aufwärtsbewegung besitzt nur einen Knick, und zwar zur Zeit der Wirtschaftskrise. „Für mich ist das einer der Beweise, dass der Klimawandel von uns Menschen gemacht ist“, erläutert Schipper. „Wir drehen gerade an der Zusammensetzung der Atmosphäre und verstärken hierdurch den Treibhauseffekt, der als natürlicher und somit ursprünglicher Treibhauseffekt einfach dafür sorgt, dass die Wärme überhaupt auf der Erde bleibt“, erklärte der Meteorologe. Global ist die Temperatur im Vergleich zum Anfang des letzten Jahrhunderts um 1 Grad Celsius gestiegen. Je weiter man allerdings diese Zahl auf einzelne Regionen herunterbricht, desto mehr schwanken die Aufzeichnungen. Eine spannende Beobachtung gibt es beispielsweise für den Winter 2009/2010. „Obwohl das Jahr insgesamt zu warm war, ist die Rede von einem harten kalten Winter. Das liegt wahrscheinlich daran, dass es vor allem in Europa und an der Ostküste der USA sehr kalt war, und dort leben nun mal die „wichtigsten“ Menschen“, interpretierte Schipper. Mittlerweile ist es recht gut möglich, komplexe Klimamodelle zu erstellen, doch das Herunterbrechen auf einzelne Regionen gestaltet sich als schwierig, denn Klima ist eben kein Wetter. Dass es mehr Extremwetterlagen mit Gewitter, Sturm, Hagel und Starkregen in Baden-Württemberg geben wird, ist für Schipper unumstritten, aber niemand kann für die Zukunft sagen, wo und wann genau diese Ereignisse auftreten werden. Für Deutschland ist mit einer Änderung des Sturmklimas im Norden, mit starker Erwärmung im Süd-Westen, mit rückläufigen Niederschlägen im Nord-Osten und mit einer Änderung der Vegetationszone im Bergland zu rechnen. In Baden-Württemberg rechnet Schipper mit wärmeren Sommern und milderen Wintern, ebenso mit einer Abnahme der Niederschläge im Sommer und dafür mit einer Zunahme im Winter. Auch mehr Hochwasserereignisse in den Wintermonaten wird es vermutlich geben. Häufigeren Starkregen gibt es im Sommer und hier wird sich auch das Gewitter- und Hagelpotential erhöhen. Weniger Schnee, mehr Sommer- und Hitzetage und eine Abnahme der Frost- und Eistage, das ist ebenso zu erwarten. Während die Obstbauern in Baden-Württemberg mit Spätfrösten durch einen früheren Beginn der Vegetationsperiode kämpfen, ist die Brutpflege der Singvögel schon im zeitigen Frühling in vollem Gange, was dann dem zu spät aus Afrika angereisten Kuckuck großes Kopfzerbrechen bereitet, da hierdurch die Synchronisation der Brutgeschäfte durch den Klimawandel nicht mehr funktioniert. Der Weinbau könnte durch neue Sorten profitieren, aber dafür wird es eventuell zu mehr Pflanzenschäden durch Dürre und Sonnenbrand kommen. Die Bedeutung großer Grünflächen in Städten steigt, nicht nur zur Kühlung, sondern auch als Luftfilter. Psychologisch gesehen hätte es sicherlich einen großen Einfluss, wenn sich Deutschland klimakonform verhalten würde, meteorologisch gesehen hätte es wegen des globalen Umfangs des Problems leider nur geringe Auswirkungen. Es bringt nur effektiv etwas, wenn alle mitmachen. Letztendlich hat der Klimawandel direkte Auswirkungen auf die Ökosysteme, somit auf die Wirtschaft und damit auch auf die Gesellschaft. Die ärmere Bevölkerung bezahlt im schlimmsten Fall mit ihrem Leben, die Reichen mit ökonomischen Verlusten. Wirklich helfen kann nur ein Bewusstseinswandel. 

Staudenmischpflanzungen: pflegereduzierte Erlebnisqualität 

„Die Idee der Staudenmischpflanzungen ist mit circa 20 Jahren noch recht jung. Für stressbetonte trockene Pflanzbereiche im urbanen Grün gibt es inzwischen geprüfte Rezepturen mit einer Art Verwendungssicherheit“, erklärte Referent Professor Dipl.-Ing. Cassian Schmidt. Um dies zu gewährleisten, werden die Mischungen fünf Jahre in Ästhetik und Funktion an verschiedenen Standorten in Deutschland und in der Schweiz beobachtet, bewertet und optimiert. Mittlerweile stehen 34 Mischungen für verschiedene Lebensbereiche zur Verfügung und die Vorbilder stammen direkt aus der Natur. „Die Struktur, das gewünschte Höhenrelief, das Verteilungsmuster und auch das Farbkonzept sind die Aspekte, die es für jede Mischung neu zu bedenken gilt“, erläuterte Schmidt, der als Leiter des Hermannshofes in Weinheim an vielen Konzeptionen mitgewirkt hat. So gibt es für jede Zusammenstellung eine sogenannte Matrix mit bestimmten Wiederholungen, die in ihrer Optik sehr häufig dem typischen Wiesencharakter entspricht. „Unsere heimische Flora ist sehr frühsommerbetont, was zu einem Sommerloch in der Blüte führt“, erklärt Schmidt. Die gewünschte bunte Vielfalt bringen an trockene Standorte angepasste Präriepflanzen, die relativ spät austreiben, dafür aber mit ihrem Blütenreichtum bis in den Herbst begeistern. „Gute Mischungen bestehen aus 5 – 10 Prozent Gerüststauden, 30 – 40 Prozent Begleitstauden und bis zu 50 Prozent bodendeckenden Stauden“, erklärt der Experte. Aufgefüllt werden kann mit sogenannten Füllstauden, kurzlebigen Vagabunden, die in den ersten Jahren dem schnellen Flächenschluss dienen, langfristig aber wieder verschwinden. Geophyten bringen vor allem im Frühjahr mit 20 bis 50 Zwiebeln pro Quadratmeter ordentlich Farbe ins Spiel. „Beim Auslegen der Mischungen wird mit den Gerüststauden begonnen, dann kommen die Begleitstauden und am Ende die Bodendecker. Dabei ist die Verteilung auf der Fläche zufällig, es gibt keine unterschiedlichen Pflanzabstände und am Ende müssen sechs bis neun Pflanzen auf dem Quadratmeter liegen“, so Schmidt. Erst wenn alles ausgelegt ist, wird gepflanzt. Hinter diesen Mischungen steht immer ein selbstregulierendes dynamisches Konzept, was bedeutet, die Mitarbeiter müssen die Sämlinge erkennen und schonen. „Ich zeichne die für die Pflege verwendeten Arbeitszeiten seit 15 Jahren auf und die Ein-Euro-Fläche in punkto Pflegeaufwand gibt es definitiv nicht“, weiß Schmidt, der bei stressbetonten Mischpflanzungen im Durchschnitt mit fünf Minuten pro Quadratmeter und Jahr kalkuliert. Sehr wichtig für die Reduzierung der Pflegekosten ist das verwendete Substrat. Hinter Oberboden versteckt sich häufig eine ungewollte Samenbank und die Entfernung unerwünschter Sämlinge aus einem lockeren Mineralsubstrat geht eindeutig schneller, was wiederum zu einer raschen Amortisation führt. „Ich empfehle immer das Mulchen der Flächen vor dem Pflanzen mit einer mineralischen Komponente auf trockenen Freiflächen, da diese den Unkrautwuchs hemmt und als kapillarbrechende Schicht (mind. 5-7 cm) das Wasser im Boden hält. Bodenlockerungen sind nicht nötig, sie würden lediglich den Fremdbewuchs begünstigen. Pro Jahr sind mindestens vier, im ersten Jahr besser sechs bis acht Pflegegänge auszuschreiben, die auf Nachweis bezahlt werden. Legen Sie einen Pflegekalender an, nehmen Sie diesen mit auf die Baustellen und schulen Sie unbedingt Ihre Mitarbeiter“, so die weiteren Praxistipps von Schmidt. 

Für eine bestimmte Optik kann bei Mischpflanzungen mit Aspektbildnern, wie beispielsweise Gräsern, gearbeitet werden. Auch Gruppierungen sind denkbar, sie muten eher klassisch, rhythmisch und weniger chaotisch an. „Hierfür führt man sogenannte Gruppenstauden ein und pflanzt jeweils fünf bis sieben dieser Pflanzen zusammen. Ebenso ist die Bildung von Kerngruppen aus zwei bis drei Arten denkbar oder die Kombination mehrerer Mischungen, die gleiche Leitarten verwenden“, zählt Schmidt auf. Staudenmischungen eignen sich als Verkehrsbegleitgrün, für Gewerbeareale und Firmengelände und sind ideal für Altenheime und Retentionsstreifen einsetzbar. Dadurch, dass im Mineralsubstrat das Salz schnell ausgewaschen wird, stellt der Winterdienst nach bisherigen Erfahrungen für die meisten stresstoleranten Steppen- und Präriearten kaum ein Problem dar. Empfindlicher sind dagegen wintergrüne Schattenstauden. Gemäht werden die Flächen dann ab Ende Januar. Ein viel schwierigerer Bereich als die  trockenen sonnigen Flächen, sind die schattigen und durchwurzelten Böden unter Altbäumen. „Zurzeit testen wir, das heißt, der Arbeitskreis Pflanzenverwendung im Bund der Staudengärtner, acht Mischungen an neun Standorten und eines wissen wir jetzt schon, Schatten ist nicht gleich Schatten“, so der Wissenschaftler. Die geprüften Mischungen und weitere Ideen gibt es unter www.staudenverwendung.de. 

Sinnvolle Schnelltests auf der Baustelle 

Das Substrat wird abgekippt, eingebaut und es stellt sich heraus, es ist zu wenig. Wo liegt der Fehler? Was wurde bestellt und wie bestimme ich vor Ort auf der Baustelle so wichtige Parameter wie Schüttdichte, Volumengewicht und Wassergehalt eines Substrates? Dies waren die Fragen, auf die Johannes Prügl, leitendes Mitglied des Bodeninstituts Prügl, praktische Antworten in seiner Live-Demonstration kurz vor der Mittagspause lieferte. „Schön ist es, wenn man als Kunde beim Erdenwerk zudem noch einen Wert zur natürlichen Lagerungsdichte nach Setzung findet, mit dem es sich zuverlässiger rechnen lässt“, so Prügl. Auch dieser Setzungsgrad ist nachmessbar, indem man das Substrat bis zur Oberkante in ein definiertes Prüfgefäß einfüllt, abstreift und mit sechs Schlägen durch einen Proctorhammer bis zur natürlichen Lagerungsdichte verdichtet. Der geschätzte maschinelle Verdichtungszustand wird durch 15 Schläge des Proctorhammers simuliert. Prügl empfahl den Bauleitern eine „Baustellen-Standardausrüstung“, mit welcher sich die wichtigsten Eigenschaften des angelieferten Materials vor Ort auf einfache Art und Weise testen lassen.