7. corthum-Fachseminar 2012

 Bei eisigen Temperaturen besuchten am 08. Februar 2012 knapp 100 Landschaftsarchitekten, kommunale Entscheidungsträger sowie Land-schaftsgärtner das siebte corthum-Fachseminar, um sich in Sachen Substrate auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. Inhaltliche Schwerpunkte waren hierbei die Vorträge von Prof. Dr. Roth-Kleyer und Johannes Prügl, die sich mit den verschiedenen Substratausgangs- und -zuschlagstoffen beschäftigten. Über die Anwendung in der Praxis refe-rierte Gärtnermeister Nikolai Züfle (Gemeinde Baiersbronn) und Dieter Keck ergänzte dieses Thema mit seinen Langzeiterfahrungen zum Ein-satz von Baumsubstraten auf dem Gelände der BASF in Ludwigshafen. 

Uwe Schönthaler, Geschäftsführer der Forst-Humus GmbH, begrüßte seine Gäste im gut beheizten Glashaus „Casa Terra corthum“ mit folgendem Zitat von Johann Wolfgang von Goethe: „So hat der Stand eines Baumes, die Art des Bodens unter ihm, andre Bäume hinter und neben ihm einen großen Einfluss auf seine Bildung“. „Goethe hatte ein ganz besonderes Verhältnis zu Bäumen und um deren Bodenansprüche bzw. baumgerechte Substrate geht es unter anderem bei unserer Ver-anstaltung“, so Schönthalers Einführung zum Fachseminar, welches von der Architektenkammer Baden-Württemberg als Fortbildungsmaßnahme anerkannt ist. Klaus Dobczynski, Vorstand im Verband Garten-, Land-schafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg e.V. (VGL), appellierte in seiner Ansprache an die Landschaftsarchitekten und kommunalen Mitarbeiter, dass Qualität in Zukunft ein Gemeinschaftsprodukt von Pla-nern, Kommunen und ausführenden Betrieben sein muss und nicht al-lein durch den Preis entschieden werden kann. Hier ist aus Sicht des VGL ein Umdenken, von welchem sicher alle Beteiligten profitieren wür-den, dringend notwendig.

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Mineralische Substratausgangsstoffe 

Prof. Dr. Stephan Roth-Kleyer, Prodekan der Hochschule RheinMain, lieferte mit seinem Vortrag einen ausführlichen Überblick über die Ei-genschaften und Kennwerte möglicher mineralischer Substratausgangs-stoffe. „Eineinhalb bis zwei Millionen Kubikmeter Substrate werden in Deutschland vom GaLaBau pro Jahr verbaut“, verblüfft Roth-Kleyer mit diesen Zahlen gleich zu Anfang. Umso wichtiger für den Langzeiterfolg sind deshalb die passenden Ausgangsstoffe. Die Liste der Ansprüche, welche Substrate mittlerweile zu erfüllen haben, ist lang und geht von Umweltverträglichkeit über Lagerstabilität bis hin zur Pflanzenverträg-lichkeit und endet in der Regel mit dem Adjektiv kostengünstig. Bedarfs-orientierte Substrate einzusetzen, ist aus vegetationstechnischer Sicht zwingend und laut Roth-Kleyer Aufgabe der Planer. Im Bereich der Baumsubstrate ist der Spagat zwischen den Anforderungen von Pflanze und Straßenbau (Tragfähigkeit und hohe Verdichtung) besonders groß. Deshalb ist es absolut notwendig, sich mit den Eigenschaften geeigneter mineralischer Ausgangsstoffe auseinanderzusetzen: Bims und Bläh-schiefer punkten beispielsweise, wenn es um Dachbegrünungssubstrate mit geringem Eigengewicht geht. Blähton findet vor allem Anwendung in der Innenraumbegrünung. Die Überprüfung des pH-Wertes rät Roth-Kleyer hierfür an, da dieser bei manchen Chargen zwischen drei und vier liegen kann. Das Recyclingprodukt Kesselsand besticht durch seine porige Struktur, ist jedoch ab 4 mm Korngröße nicht mehr druckstabil. Lava verfügt nicht nur über eine hohe Scherfestigkeit und Druckstabilität, sondern bringt durch ihr Porenvolumen auch viel Luft in ein Substrat. „Die Farbe, die von rot über grau bis schwarz variieren kann, sagt übri-gens nichts über die Qualität aus“, ergänzt Roth-Kleyer. Gas- oder Po-renbeton kann zu viele Carbonate enthalten und zu Versinterungen füh-ren, warnt der Referent. Offenporige Schieferschlacke, auch bekannt unter dem Produktnamen Porlith, lässt sich laut Roth-Kleyer ebenfalls vor-teilhaft in Baum- und Dachsubstrate verarbeiten und auch die Rostasche (Rotgrand) sollte nicht unerwähnt bleiben. Schaumglas eignet sich durch seine perfekte Verzahnung gut für Böschungssubstrate, kann aber trotz seiner Offenporigkeit kaum Wasser speichern. Tone verfügen über eine sehr gute Ionen-Austauschkapazität, weshalb Roth-Kleyer den in Zukunft verstärkten Einsatz sehr begrüßen würde. „Zeolithe müssen vor ihrem Einsatz zuerst mit Stickstoff „aufgeladen“ werden, ansonsten binden sie diesen Nährstoff und die Pflanzen gehen leer aus“, so der Ex-pertenhinweis. Bei Ziegel als Ausgangsstoff kann nur die Verwendung von Produktionsabfällen empfohlen werden. Falls der Einsatz von Böden für ein Substrat sinnvoll erscheint, sollten Unterböden bevorzugt Ver-wendung finden, da sie keine Wurzelunkräuter und Unkrautsamen enthalten und durch ihre Nährstoffarmut besser steuerbar sind. „Die Palette an Ausgangsstoffen ist wunderbar vielfältig und kann somit an die unterschiedlichsten Ansprüche angepasst werden“, verdeutlicht Roth-Kleyer und legt diese Aufgabe somit ganz bewusst in die Hände der Planer. Um diesem Anliegen Nachdruck zu verleihen, verteilte er an alle Seminar-teilnehmer ein Beiblatt mit den Eigenschaften und Kennwerten dieser Ausgangsstoffe. Die fachgerechte Herstellung dieser Mischungen obliegt dann den Erdenwerken, die, wie beispielsweise die Forst-Humus GmbH, gerne ihre Erfahrungen mit einbringen und sich am Entwicklungsprozess beteiligen. 

Organische Substratzuschlagstoffe 

„Alle reden von Bodenphysik, von Humus im Zusammenhang mit Substraten spricht keiner mehr, dagegen sind die Adjektive „humusfrei“ und „oberbodenfrei“ in aller Munde und dies sehr zu meinem Leidwesen“, so der Einstieg von Dipl.-Ing. agr. Johannes Prügl, Bodensachverständiger und Leiter des Bodeninstitutes Prügl, in ein – farblich gesehen – ziemlich schwarzes Thema. Bäume lieben den schwarzen Humus, der Gehalt in Baumsubstraten ist jedoch verschwindend gering und erst seit kurzer Zeit treten die bisher vernachlässigten positiven Wirkungen der Bodenbiologie wieder in den Vordergrund. Dies führt laut Prügl leider auch da-zu, dass viele „Wundermittel“ (Bodenaktivatoren, Co-Polymere, …), die ihre tatsächliche Zusammensetzung auf dem Etikett nicht wirklich preisgeben – dafür aber einen hohen Preis kosten – auf den Markt kommen. Bei diesen Mischpräparaten, die Algen, Bakterien, Pilze, Mykorrhiza, Torfe, aber auch Sand, Gesteinsmehl und vieles mehr enthalten können, ist es einfach notwendig zu wissen, zu welchen wachstumsfördernden Leistungen die einzelnen Inhaltsstoffe in der Lage sind. „Deshalb ist es so wichtig, dass die Bestandteile bzw. die Eigenschaften eines Substra-tes im Leistungsverzeichnis genau ausgeschrieben werden“, hakt auch Prügl an diesem Punkt ein. Der Renner im Bereich der organischen Zu-schlagsstoffe ist zurzeit Xylit. Abgebaut im Braunkohletagebau, enthält es noch die deutliche Faserstruktur des Holzes und eignet sich gut als Torfersatzstoff. Es ist inert und kompostiert nicht mehr nach; diese wei-teren positiven Eigenschaften schlagen sich leider auch im Preis nieder. Ein weiterer im GaLaBau einsetzbarer hochwertiger Humusstoff ist laut Prügl Rindenhumus. Wer Komposte ausschreibt, muss diese auf jeden Fall auf „Substratkomposte“ einschränken, um die Qualität und vor allem den Salzgehalt einigermaßen zu definieren. „Aus einem wirklich fertigen Kompost (Kompostierungsdauer ca. ein Jahr) steigt übrigens nach dem Abkippen keine Dampfwolke mehr auf“, klärt Prügl auf. Als sehr empfeh-lenswert beschreibt er Traubentresterkompost wegen seiner wertvollen Pflanzeninhaltsstoffe und Braunkohle sowie Leonardit (Perlhumus), we-gen des hohen Huminsäuregehaltes und der hohen Kationenaustausch-kapazität. Die modernen „Biochars“, die mit hohem energetischem Auf-wand aus verkohlten Pflanzen hergestellt werden, hält er trotz ihrer ho-hen Austauschkapazität und Strukturstabilität aus ökologischer Sicht für nicht vertretbar. Der Einsatz von Powhumus zeigt meist gute Effekte, wenn es sich um humusfreie Substrate handelt. Algenpräparate dürfen nur aus Braunalgen (Ecklonia (Kelp),Sargassum, Ascophyllum, Lamina-ria) und dann möglichst kaltgepresst hergestellt sein. „Wichtig für unsere Substrate ist hier das Kaliumalginat und wenn sich das Präparat beim Auflösen in Wasser als „brauner Dreck“ darstellt, ist es sein Geld nicht wert“, referiert der Experte, denn je heller die Farbe der Lösung, desto mehr der wertvollen Phytohormone sind enthalten. Da der Effekt der Al-gen oft erst nach Jahren sichtbar wird, mischen die Hersteller gerne Stickstoff in ihre Präparate, damit der vermeintliche Erfolg sich in Form von sattem Grün erfassen lässt. Dies kann äußerst gefährlich werden, wenn mit Düngeplänen gearbeitet wird. 

Wirklich gute Komposte gibt es kaum noch, da fast kein Hersteller die Verrottungszeit (= die Zeit, welche die Humusbildung benötigt) von ei-nem Jahr abwartet. Als Humus wird der tote Teil der gesamten organi-schen Substanz eines Bodens beschrieben und je nach Zersetzungs-grad kann Humus als organischer Dünger (weit fortgeschrittener Zerset-zungsgrad) oder Strukturbildner dienen. „Organische Substanz besitzt die höchste Ionen-Ausstauschkapazität und sie gewährleistet hierdurch, dass der Dünger im Substrat bleibt“, klärt Prügl auf, der äußerst positive Erfahrungen durch Bodenverbesserungen mit Huminstoffen bei Bäumen gemacht hat. Für ihn ist dies der Beweis, dass diese Stoffe in allen Substraten enthalten sein sollten. „In der Düngemittelverordnung wird leider immer nur geregelt was nicht sein darf, aber nie, was der Stoff „können“ muss“, bemängelt Prügl. Wie auch Prof. Dr. Roth-Kleyer rät Prügl dringend zu Kontrollprüfungen bei größeren Substratmengen. Die-se Position sollte eigentlich Bestandteil eines jeden Leistungsverzeich-nisses sein, so die Meinung beider Experten. 

Staudenpflanzungen im Straßenraum 

Von der Theorie direkt in die Praxis führte der Vortrag von Nicolai Züfle, Gärtnermeister der Gemeinde Baiersbronn. Vor knapp sieben Jahren begann der Umdenkprozess von Rosen und Cotoneaster hin zu flächi-gen Staudenpflanzungen im Straßenraum. Mittlerweile haben sich die Staudenflächen etabliert und gehören zum gewohnten Stadtbild. Die erprobte Pflanzenliste umfasst inzwischen über 80 Gräser und Stauden. „Wenn es an die Umgestaltung einer Fläche geht, werden zuerst Fotos gemacht, die Fläche auf Millimeterpapier übertragen und dann die Be-darfszahlen ermittelt“, beschreibt Züfle sein Vorgehen. Mit sieben bis zehn Pflanzen auf den Quadratmeter ist die Anlage bereits im ersten Jahr sehr dicht und repräsentativ, was dem Wunsch der Gemeinderäte entspricht. Gepflanzt wird in 25 bis 30 Zentimeter Staudensubstrat, wel-ches aus Gründen der Zeitersparnis vorab mit fünf bis acht Zentimeter Granitsplitt (11/16) gemulcht wird. Die Gabe eines Volldüngers mit Langzeitstickstoff gehört zum „Starterpaket“, eine weitere Düngergabe im Sommer reicht dann laut Züfle aus. Regelmäßig gegossen werden die Flächen lediglich im ersten Jahr. „Bei langer Trockenheit ist die Rud-beckia unsere Zeigerpflanze. Wenn sie die Blätter rollt, kommt der Gießwagen“, erläutert Züfle das eingeschränkte Pflegekonzept. Für die Düngung und den eventuell notwendigen Pflanzenschutz sind zwei Mit-arbeiter zuständig. „Unsere Vorarbeiter arbeiten das komplette Jahr oh-ne Winterpause, um die Flächen unkrautfrei zu halten, denn die Vogel-miere wächst immer. Im ersten Jahr entscheidet sich außerdem die Kos-tenstruktur der Folgejahre“, weiß Züfle inzwischen. Wer es hier verpasst, dem Unkräute Herr zu werden – und dazu gehört auch, den Stauden „unter den Rock zu schauen“ und exakt zu arbeiten – muss mit einem wesentlich höheren Zeitaufwand in der Pflege kalkulieren. „Deshalb sind Neuanlagen in unseren Pflegelisten immer fett hinterlegt“, verrät Züfle. Im Spätherbst (?) werden die Staudenflächen ohne mineralischen Mulch mit dem Rasenmäher abgemäht. Das Material verbleibt als organischer Dünger auf den Beeten und dient zugleich als Frostschutz. Bei den ge-mulchten Flächen erfolgt der Rückschnitt im zeitigen Frühjahr. Auf Ge-ranium, Nepeta und Potentilla hat Züfle immer ein Auge und diese wer-den oft zweimal im Jahr zurückgeschnitten, damit sie schwächere Stau-den nicht verdrängen. Mit ca. 30 Euro kalkuliert Züfle für Stauden, Sub-strat und Mulch pro Quadratmeter. Der Zeitaufwand für das Pflanzen schlägt mit 5 bis 10 Minuten zu Buche und gepflegt wird fünfmal im Jahr, was in etwa 10 bis 15 Minuten pro Quadratmeter entspricht. Ab dem zweiten Jahr minimiert sich dieser Aufwand auf fünf bis acht Minuten. 

Zu Anfang gab es aus der Bevölkerung viele kritische Stimmen, mittler-weile ist diese Haltung jedoch in Begeisterung umgeschlagen. Um die Qualität der Flächen zu gewährleisten, schult Züfle seine Mitarbeiter re-gelmäßig intern. „Die Staudenpflege ist ein ständiger Prozess und man muss die Mitarbeiter mitnehmen, einbinden und aus ihren Fehlern lernen lassen“, so die Erfahrung des Meisters. 

Langzeiterfahrung mit Baumsubstraten 

Dieter Keck, Baumsachverständiger und Koordinator der Außenanlagen und Freiflächen der BASF Ludwigshafen, bot in seinem Vortrag einen Einblick in seine langjährige Erfahrung mit Baumsubstraten. Die Verwendung von Substraten bietet laut Keck eine hohe Flexibilität in der Standortwahl, gewährleistet langfristig den für die Bäume wichtigen Gasaustausch, bietet eine gute Wasserkapazität – was vor allem in Trockenperioden wichtig wird – und verbessert die Wurzelbildung bei Neupflanzungen erheblich. Die FLL-Empfehlung von 12 Kubikmeter Substrat für einen Stadtbaum hält er jedoch für viel zu gering. „Bei unterschiedlichen Sanierungsmaßnahmen mussten wir immer wieder fest-stellen, dass die Bäume sich diesen Wurzelraum bereits mit einem Kronendurchmesser von nur fünf Metern vollständig erschlossen hatten. Der Standort sollte aber eine Lebensdauer von ca. 80 Jahren gewährleisten, was er unter diesen Vorgaben aus meiner Sicht nicht tut“, erklärt Keck, der sich für eine Erweiterung des durchwurzelbaren Raumes unter den Verkehrsflächen ausspricht. Ebenso rät er dringend von einer Versiege-lung oder Unterpflanzung der Baumscheiben ab und empfiehlt stattdessen eine Mulchschicht aus Lavasplitt. Alle vier Jahre lässt Keck Bodenproben entnehmen und düngt dann bei Bedarf mit Flüssigdüngern nach, die einen nicht zu hohen Stickstoffanteil ausweisen. Vorgedüngte Substrate lehnt Keck ab, da diese zu einem starken Triebwachstum sowie zu vermehrten Frostschäden und stärkerer Totholzbildung führen können. Genauso entscheidend für den Erfolg ist natürlich die Auswahl der richtigen Baumart für den Standort. „Ich würde im urbanen Bereich das Augenmerk vermehrt auf kleinkronige Bäume, wie beispielsweise Acer griseum, Sorbus decora, Acer ginnala und Fraxinus ornus richten“, empfiehlt der Sachverständige. Neue Erfahrungen mit dem Material Elastopave sammelt Keck gerade durch eine 2.000 Quadratmeter große Parkplatzsanierung auf dem BASF-Gelände. Er verspricht sich von dieser wasser- und luftdurchlässigen, polymeren Deckschicht, welche unter anderem auch Substratverdichtungen verhindern kann, zukünftig viele Vorteile für unsere Straßenbäume. 

Wer Interesse an den ausführlichen PowerPoint-Präsentationen zu den Vorträgen hat, kann sich diese von der Firma corthum, Forst-Humus GmbH, per USB-Stick gegen eine Gebühr von 10,00 Euro zusenden lassen.